Die ſchoͤnen großen Augen wurden beängſtigend ſtarr,
die Hand kalt und fühllos. „Ich ſterbe — mit ihm!“
entrang es ſich in leiſem, doch herzzerreißendem Ton
ihrem Munde. Sie ſchwankte, die Knie brachen, ſie wäre
zu Boden geſunken, hätte Thymo ſie nicht aufgefangen.
Leblos, das ſchöne und doch entſetzliche Bild des Todes,
lag ſie in ſeinen Armen. Der Großvater, wie die ganze
Umgebung war ſo entſetzt, ſo niedergeſchmettert, daß ſie
nicht einmal dazwiſchen treten und nichts zu entgegnen
wußten auf ſeinen verzweiflungsvollen Ausruf: „Nun
rechtfertigt mich auf der Stelle, Ihr — Mörder!“
Schluß.
Die Leute, welche der alte Engernſtein ausſandte, um
nach Thymos Angabe aus der Linde vor der Burgruine
das Käſtchen zu holen, fanden dort die Wittwe Kerbe-
lin bewußtlos. Sie trugen ſie nach dem nächſten Dorfe,
nahmen ein Fuhrwerk und ſchafften ſie nach der Stadt.
Ein Diener mit dem Käſtchen ritt voraus, ſo daß ſein
Herr das Schreiben ſchon geleſen hatte, als der Wagen
noch nicht bis zum Thor gelangt war. Der Diener
mußte demſelben ſofort entgegeneilen und ihn nach dem
Hauſe in der Hainwaldgaſſe lenken laſſen. Die Frau
ward hineingetragen — ihre Beſinnung war unterwegs
zurückgekehrt. Engelbrechta ſorgte für ſie in Gemein-
ſchaft mit Wenzels Frau. Der Hausherr befand fich
zu ihrer Ueberraſchung mit den beiden Söhnen bei ſeiner
Mutter und hielt, wie es ſchien, eine wichtige Berath-
ung. Sonſt hätte Brechta ſich mehr darum gekümmert,
jetzt folgte ſie in Gedanken dem Verurtheilten auf den
Richtplatz und wunderte fich nebenbei darüber, wo Be-
nigna ſei, warum ſie nicht ihre kranke Mutter pflege,
ſtatt daß man dieſe hierher zu ihnen bringe? Uebrigens x
waren nach Benigna ſchon alle im Hauſe befindlichen
Dienſtleute ausgeſandt worden. ö
Für außerordentlich krank, von Fieberphantafien
heimgeſucht, kielt Engelbrechta auf den erſten Blick die
Frau; dieſe ſtreckte ihr mit dem ſchreienden Wehlaut:
„Vergebung, ween Kind, Vergebung“, die Arme ent-
gegen.
ö Nach dem Befehl des Rathsherrn ward ſie in das
Zimmer ſeiner Mutter getragen und in einen Lehnſtuhl
niedergelaſſen. Sie warf ſich jedoch auf den Boden me-
der, in Jammerlauten die Greiſin und deren Sohn, vor
Allem aber Engelbrechta um Verzeihung anflehend.
Beklommen blickte die Letztere auf den beängſtigen-
den Aufrritt und ſchmiegte ſich an Sigismund, der ſie
wie ſchützend umſchlang.
»Redet — ohne Umſchweife!“ ſagte der Hausherr
Gibe. ſtrengem, faſt hartem Ton zu Frau
abe. ö ö
Er ſchien ihren Trotz, ihr
wecken ſch h tz, ihre Verſtocktheit zu er
(Schluß folgt).
thümliche Wette eingegangen.
Vermiſchtes.
(Silberfieber.) Schier wie ein Mäͤrchen aus
Tauſend und einer Nacht leſen ſich die Berichte, welche
das Journal „Alta California“ über die Silberminen
veröffentlicht, die gegenwärtig im Diſtrikt Komſtock, Staat
Nevada, erforſcht werden. Namentlich handelt es ſich
hierbei um zwei Minen der „Conſolidated Virginia and
California“, die, bei einer Tiefe von 1400 Fuß, auf 84
Millionon Kubikfuß geſchätzt wer den und den Werth von
7 Millionen Tonnen reinen Silbers repräſentiren ſollen.
Da der Durchſchnittsertrag einer Tonne Silbererzes auf
100 Dollars berechnet wird, ſo wäre alſo die Geſammt-
production auf 700 Millionen Dollars zu veranſchlagen.
Aber die Berechnung der Californiſchen „Sachverſtändi-
gen“ bleibt hierbei noch nicht ſtehen; ſie verſichern viel-
mehr, daß, wäre man erſt einmal bis zur Tiefe von 1600
Fuß gelangt, die Quantität des Minerals, welches man
hier ſicher entoecken werde, die Geſammtproduct'on auf
eine und eine halbe Milliarde Dollars erhöhen werde.
Sicherlich ſind dieſe Nachrichten übertrieben, aber ſo viel
ſteht doch feſt, daß die Silbergtwinnung in Californien
neuerdings bedeutend zugenommen, ein Umſtand, welcher
den Werth dieſes Metalls auf den europäiſchen Geld-
märkten nicht unbedeutend herabgedrückt hat. Uebrigens
erzählen die amerikaniſchen Blätter, daß die Eigenthümer
der beiden Minen auf der Weltausſtellung zu Phila-
delphia das Totalproduct eines Arbeitswonats auszu-
ſtellen beabſichtigen; in Anbetracht der rieſigeu Trans-
portkoſten denken ſie jedoch dies nur unter der Beding-
ung zu thun, daß die Regierung der Vereinigten Staa-
ten ſich verpflichtet, das Silber al pari gegen Schatz-
bonds zu kaͤufen. Geht die Regierung auf dieſe Be-
dingung ein, ſo werden alſo die Beſucher der Weltaus-
ſtellung 3500 Silberbarren im Werthe von 10 Millio-
nen Dollars zu ſehen bekommen. Das Geſammtgewicht
dieſer Barren würde ungefähr 150 Tonnen betragen u.
der Transport 15 Güterwagons erfordern. Der Finanz-
miniſter der Vereinigten Staaten ſoll bereits den Di-
rector der Münzverwaltung mit der Einziehung der nö-
thigen Erkundigungen beauftragt haben. ö
(Ein Freſſer.) Aus Kirchdorf bei Schöneberg
im Wald wird dem „Paſſ. Tgbl.“ geſchrieben: Vor
ein paar Wochen wurde im nahen Grünbach eine eigen-
Dienſtknecht G. Koro-
maier wettete mit ſeinem damaligen Dienſtherrn J.
Maier um 6 fl., daß er 7½ Pfund Schweinefleiſch
auf einen Sitz eſſen werde — wirklich gewann er die
Wette, aß richtig ſeine Portion und dazu noch zwei
tüchtige Bauernknödel und erklärte am Schluſſe, daß
er noch 1 Pſund eſſen würde, wenn er ſolches noch ge-
ſchwind haben könnte.
die Hand kalt und fühllos. „Ich ſterbe — mit ihm!“
entrang es ſich in leiſem, doch herzzerreißendem Ton
ihrem Munde. Sie ſchwankte, die Knie brachen, ſie wäre
zu Boden geſunken, hätte Thymo ſie nicht aufgefangen.
Leblos, das ſchöne und doch entſetzliche Bild des Todes,
lag ſie in ſeinen Armen. Der Großvater, wie die ganze
Umgebung war ſo entſetzt, ſo niedergeſchmettert, daß ſie
nicht einmal dazwiſchen treten und nichts zu entgegnen
wußten auf ſeinen verzweiflungsvollen Ausruf: „Nun
rechtfertigt mich auf der Stelle, Ihr — Mörder!“
Schluß.
Die Leute, welche der alte Engernſtein ausſandte, um
nach Thymos Angabe aus der Linde vor der Burgruine
das Käſtchen zu holen, fanden dort die Wittwe Kerbe-
lin bewußtlos. Sie trugen ſie nach dem nächſten Dorfe,
nahmen ein Fuhrwerk und ſchafften ſie nach der Stadt.
Ein Diener mit dem Käſtchen ritt voraus, ſo daß ſein
Herr das Schreiben ſchon geleſen hatte, als der Wagen
noch nicht bis zum Thor gelangt war. Der Diener
mußte demſelben ſofort entgegeneilen und ihn nach dem
Hauſe in der Hainwaldgaſſe lenken laſſen. Die Frau
ward hineingetragen — ihre Beſinnung war unterwegs
zurückgekehrt. Engelbrechta ſorgte für ſie in Gemein-
ſchaft mit Wenzels Frau. Der Hausherr befand fich
zu ihrer Ueberraſchung mit den beiden Söhnen bei ſeiner
Mutter und hielt, wie es ſchien, eine wichtige Berath-
ung. Sonſt hätte Brechta ſich mehr darum gekümmert,
jetzt folgte ſie in Gedanken dem Verurtheilten auf den
Richtplatz und wunderte fich nebenbei darüber, wo Be-
nigna ſei, warum ſie nicht ihre kranke Mutter pflege,
ſtatt daß man dieſe hierher zu ihnen bringe? Uebrigens x
waren nach Benigna ſchon alle im Hauſe befindlichen
Dienſtleute ausgeſandt worden. ö
Für außerordentlich krank, von Fieberphantafien
heimgeſucht, kielt Engelbrechta auf den erſten Blick die
Frau; dieſe ſtreckte ihr mit dem ſchreienden Wehlaut:
„Vergebung, ween Kind, Vergebung“, die Arme ent-
gegen.
ö Nach dem Befehl des Rathsherrn ward ſie in das
Zimmer ſeiner Mutter getragen und in einen Lehnſtuhl
niedergelaſſen. Sie warf ſich jedoch auf den Boden me-
der, in Jammerlauten die Greiſin und deren Sohn, vor
Allem aber Engelbrechta um Verzeihung anflehend.
Beklommen blickte die Letztere auf den beängſtigen-
den Aufrritt und ſchmiegte ſich an Sigismund, der ſie
wie ſchützend umſchlang.
»Redet — ohne Umſchweife!“ ſagte der Hausherr
Gibe. ſtrengem, faſt hartem Ton zu Frau
abe. ö ö
Er ſchien ihren Trotz, ihr
wecken ſch h tz, ihre Verſtocktheit zu er
(Schluß folgt).
thümliche Wette eingegangen.
Vermiſchtes.
(Silberfieber.) Schier wie ein Mäͤrchen aus
Tauſend und einer Nacht leſen ſich die Berichte, welche
das Journal „Alta California“ über die Silberminen
veröffentlicht, die gegenwärtig im Diſtrikt Komſtock, Staat
Nevada, erforſcht werden. Namentlich handelt es ſich
hierbei um zwei Minen der „Conſolidated Virginia and
California“, die, bei einer Tiefe von 1400 Fuß, auf 84
Millionon Kubikfuß geſchätzt wer den und den Werth von
7 Millionen Tonnen reinen Silbers repräſentiren ſollen.
Da der Durchſchnittsertrag einer Tonne Silbererzes auf
100 Dollars berechnet wird, ſo wäre alſo die Geſammt-
production auf 700 Millionen Dollars zu veranſchlagen.
Aber die Berechnung der Californiſchen „Sachverſtändi-
gen“ bleibt hierbei noch nicht ſtehen; ſie verſichern viel-
mehr, daß, wäre man erſt einmal bis zur Tiefe von 1600
Fuß gelangt, die Quantität des Minerals, welches man
hier ſicher entoecken werde, die Geſammtproduct'on auf
eine und eine halbe Milliarde Dollars erhöhen werde.
Sicherlich ſind dieſe Nachrichten übertrieben, aber ſo viel
ſteht doch feſt, daß die Silbergtwinnung in Californien
neuerdings bedeutend zugenommen, ein Umſtand, welcher
den Werth dieſes Metalls auf den europäiſchen Geld-
märkten nicht unbedeutend herabgedrückt hat. Uebrigens
erzählen die amerikaniſchen Blätter, daß die Eigenthümer
der beiden Minen auf der Weltausſtellung zu Phila-
delphia das Totalproduct eines Arbeitswonats auszu-
ſtellen beabſichtigen; in Anbetracht der rieſigeu Trans-
portkoſten denken ſie jedoch dies nur unter der Beding-
ung zu thun, daß die Regierung der Vereinigten Staa-
ten ſich verpflichtet, das Silber al pari gegen Schatz-
bonds zu kaͤufen. Geht die Regierung auf dieſe Be-
dingung ein, ſo werden alſo die Beſucher der Weltaus-
ſtellung 3500 Silberbarren im Werthe von 10 Millio-
nen Dollars zu ſehen bekommen. Das Geſammtgewicht
dieſer Barren würde ungefähr 150 Tonnen betragen u.
der Transport 15 Güterwagons erfordern. Der Finanz-
miniſter der Vereinigten Staaten ſoll bereits den Di-
rector der Münzverwaltung mit der Einziehung der nö-
thigen Erkundigungen beauftragt haben. ö
(Ein Freſſer.) Aus Kirchdorf bei Schöneberg
im Wald wird dem „Paſſ. Tgbl.“ geſchrieben: Vor
ein paar Wochen wurde im nahen Grünbach eine eigen-
Dienſtknecht G. Koro-
maier wettete mit ſeinem damaligen Dienſtherrn J.
Maier um 6 fl., daß er 7½ Pfund Schweinefleiſch
auf einen Sitz eſſen werde — wirklich gewann er die
Wette, aß richtig ſeine Portion und dazu noch zwei
tüchtige Bauernknödel und erklärte am Schluſſe, daß
er noch 1 Pſund eſſen würde, wenn er ſolches noch ge-
ſchwind haben könnte.