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Jahrbuch für Photographie und Reproduktionstechnik — 16.1902

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Staudenheim, Ferdinand von: Am Wege zur Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.37610#0133

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Am Wege zur Kunst/

LI9
Abnormes und Unschönes aus einem Gesiebte entfernen zu
können, Lichter aufzusetzen, wo selbe wünschenswerth er-
scheinen, ja er kann Jahre herunterstreichen, ohne der
Aehnlichkeit Schaden zu tbun, er verjüngt oder idealisirt,
was besonders bei Damenportraits gern angenommen wird.
Bei Landschaften kann die Retouche allein nicht das Gleiche
leisten, sondern muss in innigem Contacte mit der Beleuchtung
und dem günstigsten Standpunkte, von dem die Aufnahme
zu machen wäre, stehen. Nicht genug hervorzuheben ist
daher die Wahl des Aufnahmeplatzes, und es ist kaum glaublich,
welche Differenzen durch einen nicht günstig gewählten
Standpunkt im Bilde entstehen können und eine ungünstige
Auffassung verursachen, auch die Benutzung eines passenden
Objectes ist nicht ausser Acht zu lassen.
Wer Mühe und Zeit nicht zu scheuen braucht und sich
selbst unterrichten will, mag von einer Gegend aus ver-
schiedenen Aufstellungen Aufnahmen machen und sie dann
vergleichen. Berücksichtigenswerth ist wohl sehr die Be-
leuchtung, wenn auch nicht immer von Belang, von welcher
Seite das Licht einfällt, so ist für manche Objecte theilweise
bewölkter Himmel fast nöthig. Ausser vielleicht bei südlichen
Gegenden entstammenden Bildern, ist man nicht gewöhnt,
schöne Wolkenpartien am Bilde zu vermissen; sind diese bei
der Aufnahme nicht vorhanden, so können solche abgewartet
oder eincopirt werden, welch Letzteres bei der fortgeschrittenen
heutigen Technik dem Photographen keinerlei Schwierigkeit
mehr verursacht, nur ist die für das Bild und die Gegend
passende Wolken-Matrize hervorzusuchen, und muss die
Beleuchtung beider Matrizen harmoniren. Es ist dies
immer die einfachste Art und gewiss verlässlicher, als eine
natürliche Wolkenbildung erst abzuwarten, weil diese, wenn
gebraucht, meistens sehr fraglich ist, noch fraglicher aber,
ob sie am Bilde dann nicht verloren geht.
Dasselbe, was beim Erfassen verschiedener Standpunkte
gesagt wurde, wäre zu Studienzwecken hier bei der Beleuchtung
zu empfehlen, nämlich, die gleiche Aufnahme unter ver-
schiedenen Lichtwinkeln zu machen. Solche Studien sind nicht
nur hoch interessant, sondern sie führen auch zur Idealisirung
einer Landschaft, die vielleicht ohne diese Kunststücke kaum
des Ansehens werth wäre. Durch solche Versuche, wie sie
eben besprochen, kommt man dazu, Künstlerisches zu leisten,
man erwirbt sich einen Scharfblick in der Auffindung günstiger
Standpunkte ohne viel herumsuchen zu müssen.
 
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