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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Gurlitt, Cornelius: Max Klinger, [1]
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Pecht, Friedrich: Weihnachtsbücherschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0098

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Mar Alinger. van Cornelius Gurlitt. — kvethnachtsbücherschau.

7Z

zur Magdalena mit der Gestalt im Bilde. Er kann's also doch auch anders, es ist ihm die Vorstellung weicher
Schönheit nicht versagt. Er will's also so, wie es im Bilde erscheint.

Und daneben die neueren Arbeiten: Gemalt ohne Malmittel, mit breitem Pinsel, klar und fest aufgetragen,
Studien im Freilicht, voll ernsten Wollens, voll aufmerksamer Wahrheitsliebe, durchaus Arbeiten des Ringens nach
Ausdruck, nicht des fertigen Könnens, wie es Gussow lehrte! Also Klinger konnte schon einmal, ehe er sich zu
lernen entschloß, er war Meister gewesen, ehe er sich selbst in die Schule nahm. Er arbeitet noch heute an der
Farbe, als dem ihm am wenigsten handgerechten Kunstmittel. Man sieht das seinen Bildern an! Sie sind
Versuche, Studien, sie sind noch nicht ganz mit sich selbst zu Ende. Es irrt der Mensch, so lange er strebt.

(Der Schluß im nächsten Hefte.)

WeihnachtMicherschau.

ii.')

ne Zweifel war es kein Zufall, sondern eine Art innerer
Notwendigkeit, daß der unvergängiiche Zauber, der für die
deutsche Nation alles umgiebt, was mit dem Fürsten Bismarck
in Berührung steht, in Alters einen ebenso selbständigen
als ungewöhnlich begabten, überdies ihm in vielen Dingen
verwandten Schilderer gefunden. Verwandt vor allem in
der nüchternen, aber durchdringenden Schärfe der Weltbetrach-
tung. Hat sie durch den Fürsten Deutschland gerettet und ihm
eine großartige Zukunft bereitet, so hat sie auch den Hamburger
Maler befähigt, uns in feinen Bismarck-Werken etwas zu schaffen,
was seinesgleichen in der Welt fast ebenso wenig findet als Fürst
Bismarck selber. Denn alle seine Vorgänger waren von ihrem
Original doch zu sehr entfernt, hatten übrigens viel zu sehr
mit der Unvollkommenheit der damaligen Reproduktionsmittel
zu ringen, um jemals denselben hohen Grad unmittelbarer Wahr-
heit und Glaubwürdigkeit erringen zu können. Selbst wo jene
unleugbar mehr Dichter sind als er, dem Schmuck der Bildwirkung
mehr einräumen, so giebt dafür keiner die Dinge, die er gesehen,
mit so photographisch schlichter Wahrheit wieder. In dieser Be-
ziehung übertrifft das jetzige Werk („Unser Bismarck", 14 Lfrg.
ä 2 M. Stuttgart, Union) in seinen bisher erschienenen vier
Lieferungen sogar noch das frühere an nüchterner Wahrhaftigkeit.
Das ist aber von ungeheuerem Wert bei einer historischen Figur
von so riesigem Maße wie Bismarck, die wirklich keiner Ideali-
sierung bedarf. So treffen wir gleich im zweiten Heft einen bei
der Arbeit ruhig rauchend dasitzenden Kanzler, der fast alle
früheren an Wahrheit überbietet. Es ist ja ein trotziges Gesicht,
das man ähnlich tausendfach bei alten Soldaten, Edelleuten und
Jägern gefunden — nur daß es hier eben eine Energie und
geistige Macht ausspricht, wie sie sonst kein anderes bis zu diesem
Grade besitzt. Sonst handelt das Heft fast nur von dem Schön-
hausener Museum, dessen merkwürdigste Schätze uns alle vor-
geführt und in dem, beiläufig bemerkt, vortrefflichen Text Hans
Krämers auf ihre historische Veranlassung zurückgeführt werden.
Dann sieht man noch die jetzigen Bewohner von Schönhausen,
den Grafen Herbert mit seiner Familie und freut sich des herr-
lichen Familienlebens, das nicht am wenigsten „unsern Bismarck"
dem deutschen Volke so sympathisch gemacht hat. Malerischen
Reiz haben diese Bilder so wenig als die ihnen folgenden des
Kissinger Aufenthalts, aber dafür entschädigen sie reichlich durch
ihre unendliche Glaubwürdigkeit, die uns bald alles an ihnen lieb
und vertraut werden läßt. So lernen wir in Kissingen erst den Ort
selbst, dann aber besonders die Art von Badegästen kennen, welche
die Hoffnung, den Fürsten zu sehen, Hundertweise aus der halben
Welt herzieht. So sind die, das Trinkglas in der Hand, im Gänse-
marsch zum Rakoczy-Brunnen wallfahrenden Pilger mit köstlichem
Humor charakterisiert, nicht weniger der von einem Schneegestöber
überraschte Fürst selber oder die Engländer, Amerikaner, Russen und
andere, die da einstweilen ihren nationalen Sport treiben, bis
sie Bismarck endlich erlauert haben und dann haufenweise seinen
Wagen umlagern, Kinder und Frauen nicht weniger als Männer,
während uns der Text dazwischen die beiden Mordanfälle erzählt,
die aus den Fürsten gemacht wurden, und die von der Wut der
politischen Parteien in Deutschland ein so trauriges Zeugnis ob-
legen. Hatte man also in diesem zweiten Bismarck-Werk des

Alters etwa eine Abschwächung des ersten befürchtet, so kommt
man von dieser Meinung bald zurück und sieht, daß man es mit
einer sehr willkommenen Ergänzung zu thun hat.

Ganz neu, d. h. soeben erst erschienen, ist „Freund
Alters" von Or. Olinda, mit über 400 Illustrationen von
C.W. Alters, (Stuttgart, Union, Preis 20 M.) Das heißt,
wir erhalten hier eine Art Selbstbiographie des berühmten
Zeichners, da ihm vorab alle die oft köstlichen Illustrationen und
außerdem der größere Teil des übrigens hochinteressanten Textes
gehören, der offenbar nach seinen brieflichen und mündlichen
Mitteilungen von einem Jugendfreunde bearbeitet ward.
Dadurch bekommt man nun zum erstenmale einen deutlichen Be-
griff vom ziemlich abenteuerlichen Lebenslauf unseres Künstlers,
der in Hamburg beginnt und vorläufig in Capri endet, was uns
in 16 Kapiteln sehr lustig auseinandergesctzt wird. Einen be-
sonderen Reiz erhält die originelle Publikation aber dadurch, daß
sie von allem Anfang an durch die ganz kindlichen aber merk-
würdig charakteristischen Schilderungen des kleinen Jungen be-
gleitet wird, die er, heimgekehrt von seinen zahlreichen Wandeningen,
in der Nachbarschaft schon vom vierten Jahre an zu entwerfen
pflegte, und die, wie es scheint, von den Eltern gesammelt wurden.
Darunter sind nun wahre Perlen naivkomijcher Schilderung.
Mit sechs Jahren ist dann der kleine schalkhafte Straßenschlingel
fertig, der in der Schule zwar herzlich wenig lernt, aber auf der
Gaffe umsomehr Abenteuer besteht. Doch wir müßten das halbe
Buch abschreiben, um nur das Lustigste zu berühren, denn es ist
keine Frage, daß die Schilderung dieser Hamburger Jugendzeit
eigentlich interessanter ist als alles, was unser Künstler nachher
in drei Weltteilen erlebte, weil es eben das Gepräge noch größerer
Wahrheit und Unmittelbarkeit trägt, als sie in fremden Ländern
jemals zu erreichen sind. So kann es denn auch gar keinem
Zweifel unterliegen, daß Allers seine ersten Schilderungen Ham-
burgischen Lebens, wie „Klub Eintracht" und „Die silberne Hoch-
zeit" an malerischem Reiz niemals mehr überboten und nur mit
den beiden Bismarck-Büchern noch ein tieferes Interesse erweckt
hat, da er hier ja auch das Glück hatte, eine Anzahl ihm ganz
vertrauter und zugleich hochbedeutender Menschen schildern zu
können. Freunde dürfte ihm aber wohl die vorliegende Selbst-
biographie die meisten verschaffen, in der er eine so merkwürdige
Verwandtschaft mit Fritz Reuter offenbart.

Ganz anderer Art, aber in derselben jedenfalls von höchster,
bleibendster Bedeutung ist die eben beginnende Publikation der
„KöniglichenGemäldegaleriezuDresden"in100 Voll-
bildern mit Text von vr. H. Lücke (München, Hanfstängt.
I. Lieferung, 12 M.) Ist es gar keine Frage, daß die photo-
graphische Wiedergabe alter Bilder allmählich eine Vollendung
erreicht hat, die man früher gar nicht ahnen konnte, so ist das
vorliegende Werk eine glänzende Probe derselben. Ja, es über-
trifft noch die ihm vorausgehenden, ebenfalls in einem großen
Quartband erschienenen Galerien des „Rijksmuseums" in Amsterdam
und der „Galerie im Haag" an technischer Vollendung. So ist
z. B. die berühmte Madonna di San Sisto in der vorliegenden
Wiedergabe geradezu unübertrefflich durch die Weichheit des Tones,
bei welcher man aber noch fast jeden Pinselstrich verfolgen kann,
und die Köpfe vollends alle Stiche weit hinter sich lassen. Dabei
ist der Preis so mäßig, daß sich dadurch ein viel größerer Kreis
von Abnehmern ermöglicht. Das ist aber ein ungeheuerer Vor-

I siehe in Hest 4.
Die Runst für Alle X.
 
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