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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

DOI Artikel:
Springer, Jaro: Die graphische Ausstellung in der Berliner Akademie
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0130

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Die graphische Ausstellung in der Berliner Akademie, von Iaro Springer.

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Lodesschattrn. von F. Morley-Fletscher,

Die graphische Aufstellung in der Berliner Akademie.

von Taro Springer.

^Musikkritiker als zumeist Beteiligte haben ausgerechnet,
daß in diesem Winter 800 Konzerte in Berlin
gegeben werden, über die die Zeitungen einen Bericht
bringen müssen. Mit den Kunstausstellungen steht es
noch nicht ganz so schlimm, immerhin aber scheint das
Beispiel der klangreichen Schwesterkunst auf die beträcht-
liche Vermehrung der Ausstellungen Einfluß auszuüben.
Es ist nicht sehr schwer, selbst beim 800. Konzert den
Saal leidlich voll zu kriegen. Denn das Musikbedürfnis
der modernen Gesellschaft ist groß und wächst noch und
mit ihm das, wenn auch oft nur eingebildete, Musik-
verständnis. Bei den bildenden Künsten aber kann von
einem wachsenden Bedürfnis und von zunehmendem Ver-
ständnis kaum gesprochen werden. Die Ausstellungen
müssen in schneller Folge die Bilder wechseln, weil der
Nachschub eben fertig gewordener Ware aus den Ateliers,
außerdem vermehrt durch heimkehrende Wanderbilder,
sich anhäuft und doch einmal gezeigt werden soll. Im
umgekehrten Verhältnis zum Bedarf wächst die Produk-
tion an Kunstwerken, sodaß es heute entschieden schwerer
ist, ein Bild zu verkaufen, als eins zu malen. In der
Ausstellungsflut dieses Winters das Bedeutsame fest-
zuhalten, wird dem Kunstschreiber sehr schwer fallen.
Die kleineren Ausstellungen bei Gurlitt und bei Schulte,
auch wenn sie alle Sonntage erneuert werden, das mag
gehen, die Augen werden nicht müde, und die Gedanken,
wenn man überhaupt welche bekommt, gehen nicht aus.
Anders aber steht es mit der jetzt eröffneten graphischen
Ausstellung in der Akademie. Kupferstich und andere
schwarze Kunstdrucke gehören nicht zum gewöhnlichen

Ausstellungsgut. Wir sind so sehr an farbige Vor-
führungen gewöhnt, daß eine Ausstellung nur schwarz-
weißer Blätter zunächst die Augen schreckt. Die Werke
der vervielfältigenden Künste gehören nicht zu den vom
Tagesgeschmack begünstigten Erzeugnissen, da ist es dann
verzeihlich, wenn dem geängstigten Kunstschreiber, der
den vielen Ausstellungen mit seiner Feder kaum Nach-
kommen kann, in dieser Kupferstichschau die Geduld aus-
geht. Und doch ist diese Ausstellung ein wichtiges Er-
eignis im hauptstädtischen Kunstleben. Ihre Veran-
staltung wird, wie man hört, hauptsächlich Karl
Köpping verdankt. 32 jetzt lebende Mitglieder der
Akademie haben 568 Kupferstiche, Radierungen und
Lithographien ausgestellt. Freilich geben sie kein voll-
ständiges Bild der gegenwärtigen Leistungen der graphi-
schen Künste, da nur Mitglieder der Akademie zugelassen
sind. So fehlt von den Berliner berufsmäßigen Kupfer-
stechern einer ihrer besten: Ernst Moritz Geyger,
der geistvolle Interpret Botticellis. Aber es wäre un-
gerecht, sich an das zu halten, was nicht da ist. Das
vorhandene Material an Kupferstichen und sonstigen
Kunstblättern ist reich genug, um einen Kunstzweig, der
sonst auf den Ausstellungen immer zu kurz kommt, ein-
dringlich vorzuführen. Darin liegt das besondere Ver-
dienst dieser Ausstellung, daß sie in klug gewählter Aus-
wahl den intimen Reiz, der den graphischen Künsten
mehr als anderen künstlerischen Hervorbringungen zu
eigen ist, nahe zu bringen sucht. Eine Rücksicht auf die
Veranstalterin und das Lokal der Ausstellung scheint in-
sofern gewaltet zu haben, als im Hauptraum die be-
 
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