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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 10.1894-1895

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Schultze-Naumburg, Paul: Die Frühjahr-Ausstellung der Münchener Secession
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https://doi.org/10.11588/diglit.11055#0289

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von Paul Lchultze-Naumblirg. 227

giebt auch viele, die mehr begreifen, als sie selbst schassen; solche, deren Verständnis sehr viel umfaßt —
solche, die alles fassen, giebt es wohl nicht, und möchte wohl auch niemand mit diesem Person gewordenen
Objektivismus tauschen.

Aber ohne Namen geht's ja nun einmal nicht ab. So erzähle ich denn von denen, die mir aufs
Geratewohl einfallen, ohne verbürgen zu wollen, daß ich keinen vergesse, der für die Kunstgeschichte aufbewahrt
bleibt. Da ist vor allem der wackere Präsident, Meister Dill, der uns mit seinen vier Bildern zeigt, daß
seine eigene Kunst nicht rückwärts schreitet, während er den Verein vorwärts lenkt; Uh des neues Bild schmückt
unser Heft; Albert Keller entzückt seine Verehrer mit einer ganzen Kollektion farbiger Impressionen, von denen
wir den Lesern einen „Studienkopf" vorführen, ebenso wie Kuehls prächtiges „Kirchenintericur" und Stucks
eigenartige „Landschaft". In Fritz Erler taucht ein neues bedeutendes Talent ans; F. M. Bredt bringt anstatt
dem Orient heimische Seerosen, Keller-Reutlingen eine feine koloristische Leistung „Theresienwiese"; Otto H.
Engel hat ein wundervolles Bild da, eine Fischeridhlle in glühender Abendsonne, bei dem er sich im Vollbesitze

Wriher. Von Hans v. Hei der.

eines großen Könnens zeigt; Hummel eine Reihe seiner delikaten Stilleben, Speyer ein großes Reiterbild,
Herterich eine außerordentlich schöne Frühlingslandschaft mit zwei Figuren, Boznanska wieder einige ihrer
mit so raffiniertem Geschmack gemachten Pastelle, Lang Hammer ein kleines koloristisches Meisterstück „Heim-
kehr"; von Otto Greiner, dem rasch berühmt gewordenen, treffen wir zwei Widmungsblätter — unser Heft
enthält seine Bismarck-Adresse, die leider nur kurze Zeit hier ausgestellt sein konnte — eigenartige Landschaften
von Crodel, Hänisch, v. Heider — doch ich sehe, es ist auch nicht annähernd möglich, aus dem gegebenen
Raum den einzelnen Namen gerecht zu werden, da ich die doppelt gleiche Zahl nennen müßte, die gleich
Interessantes und Gutes bringen, was sich schwer in gut und besser einteilen läßt und ich schließlich den ganzen
Katalog abschreiben müßte, denn Uninteressantes wurde nicht ausgenommen.

Aber gerade das ist auch das gute der Ausstellung, daß sie kein Chaos von Passablem und Leidlichem
ist, aus dem sich das echte Gold leicht herausfinden läßt, sondern, daß man von jedem zu jedem Bilde gehen
kann und von jedem interessiert wird, im wohlthuenden Gegensatz zu den Ausstellungen, in denen man immer
bis auf zehn zählen muß, bis man wieder ein Bild trifft, welches einem etwas sagt.

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