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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0486

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Jahren in denselben Räumen stattfand, erinnert -
können auch diese französischen Formen, vor allem die
der Revolutionszeit, unseren modernen Möbelkünstlern
als Vorbilder empfohlen werden. Als Vorbilder, nicht
als Objekte der Nachahmung.

Bei Paul Cassirer gab es eine herrliche Cezanne-
ausstellung. Der grosse Saal sah aus wie ein Museums-
raum mit Bildern eines alten Klassikers. Es ist von
Cezanne in diesen Heften schon so oft die Rede ge-
wesen, dass sich ein Eingehen aufs Einzelne in diesem
Fall erübrigt. Um so mehr als wir demnächst wieder
einen Aufsatz über diesen grossen modernen Meister
zu bringen gedenken. Zudem: wenn man anfangt findet
man nicht leicht ein Ende, weil diese edle Malerei sich
des ganzen Menschen bemächtigt.

Selbst neben diesen Bildern noch wusste Maria
Slavona lebhaft zu interessieren. Sie ist eine Frau, das
heisst, sie ist als Künstlerin nicht selbständig, sie lebt
von den Anregungen der Männer; wie sie es aber
thut, das stellt sie in die erste Reihe aller modernen
Malerinnen. Sie hat von Renoir und Manet, von
Monet und Slevogt gelernt und noch von vielen An-
deren; aber sie hat es so intelligent, frisch, unbefangen
und vornehm-kühn gerhan, wie man es selten findet.
Ihre Malerei ist herzhaft, heiter und wahrhaft liebens-
würdig. Sie versteht mit einem unschuldigen Raffine-
ment vom Technischen, von der Form und der Farbe aus
zu denken und zu gestalten. Vor allem zwei Blumen-
sträusse von renoirartigem Reichtum geben von der
künstlerischen Kultur dieser Frau eine hohe Meinung;
und in dem grossen Bildnis Maria Mayers in ganzer Figur
ist die Anschauungsweise Manets so ins Frauliche über-
tragen, wie die neben dem Meister doch lebende Berthe
Morisot es verständnisvoller auch kaum gekonnt hätte.

E. R. Butler, der englische Schwiegersohn Monets,
beweist mit seinen Bildern, wie leicht sein ihm zum
Vorbild gewordener Schwiegervater von Nachahmern
ad absurdum geführt werden kann.

Der in Paris lebende Deutsche E. H. WolfF steht
noch schwankend zwischen zwei Darstellungsformen.
Doch enthalten seine Arbeiten an vielen Stellen etwas
Treffendes, das auf Entwickelung deutet.

Die Ausstellung bei Fritz Gurlitt hatten schon
sommerlichen Charakter insofern, als eine grössere An-
zahl gewichtiger alter Bilder aus dem Besitz des Hauses
gezeigt wurden. Von dem Münchner Seyler sah man
geschmackvolle, dekorativ breit — zu breit — gemalte
Strandbilder, von Eva Stört Beispiele einer ernst streben-
den Landschaftskunst und von Hodler einige seiner
graziös harten Landschaften und Zeichnungen. Der
Deutsch-Amerikaner O. Bluemner überzeugt mit seinen
starkfarbigen Vereinfachungen nur halb. Es sieht aus,

als wäre er mehr von einer übernommenen Darstellungs-
form als von eigenen Naturempfindungen ausgegangen.
„Arbeit" hiess die Kollektivausstellung, die der
Münchner Fritz Gärtner bei Keller und Reiner veran-
staltet-hatte. Seinen Bildern, Zeichnungen und Skulp-
turen nach ist Gärtner ein Mann schnellfertiger Be-
geisterung. Seine Art ist rauschhaft. Er will das „Grosse",
aber er will es immer auf den ersten Hieb und in kür-
zester Zeit. Er sucht es im Stoff. Er glaubt, wenn er
das wirkungsvolle Motiv hat oder den starken Kontrast,
so habe er schon das Werk. Es ist schade, dass soviel
Pulver umsonst verschossen wird. Die Pathen dieser
effektreichen, explosiven und recht rohen Kunst sind
Miller, Segantini, Liebermann und Meunier vor allem.
Am meisten Anteil aber hat das Münchner Atelier.

K. S.

DÜSSELDORF

In der Kunsthalle gab eine Kollektion von 43
neueren Werken A.Deussers einen interessanten Über-
blick, an Proben aus den Jahren 1905-11. Die
früheren Bilder — tonschöne Landschaften mit be-
wegten Figuren — sind noch ganz impressionistisch
und unstreitig am originellsten und erfreulichsten;
während nachher der Einfluss Cezannes zwar nach der
rein technischen Seite hin günstig (in bezug auf Rein-
lichwerden der Palette und lebhaftere Instrumentie-
rung der Farbe), hingegen in geschmacklicher Be-
ziehung eher verwirrend gewirkt hat. Es wäre viel-
leicht gut, diese Kollektion einmal aus dem Westen
herauszuthun und sie einer schärferen Konkurrenz
(Berlin!) gegenüberzustellen; gewiss könnte provinzielle
Überwertung da verdientermassen korrigiert werden.

A. F.

BREMEN

Platzmangel zwang uns im vorigen Heft diesen Schluß
des Berichtes über die Künstlerbundausstellung zurückzustellen.
Wir lassen ihn hier folgen. D. Red.

In einem Kabinet hat man einige Vertreter der
Neuen Sezession und der Münchner Neuen Künstler-
vereinigung als ein Völkchen für sich etwas eng zu-
sammengethan. Dem kritischen Kunstfreund, der, aus
einer anderen Umgebung erwachsen ihnen entgegen-
tritt, geziemt es zu schweigen. Es ergeht ihm wie einem,
der Gedichte in einer Sprache rezitieren hört, die er
nur unvollkommen versteht. Sein Gefühl sagt ihm,
dass hier in Pechstein, Erbslöh, Nolde, Kanoldt, Mel-
zer starke Begabungen leben. Und wenn irgend etwas
seine Sympathie diesen — nicht an Jahren, aber an
Zielen —Jüngsten zuwenden kann, so ist es die mass-
lose und unanständige Verlästerung, der sie bei einem
Teile des Publikums ausgesetzt sind.

Im Skulpturensaal wiederholt sich in kleinerem Rah-
men und in strengerer Auswahl das Nebeneinander der
Gemälde. Auch hier begrüssen wir alte Bekannte —
Tuaillons vortreffliches grosses Relief des Herkules mit

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