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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 10.1912

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Heft 12
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Scheffler, Karl: Slevogts Improvisationen: Notizen zu Bildern aus der Sammlung Ed. Fuchs
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https://doi.org/10.11588/diglit.4707#0598

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einer modernen Anschauung und Technik er-
wachte, hat er dann wohl eingesehen, dass einem
Schüler der Zeit, wie er es sein wollte, die Syn-
these eines Rembrandt oder nur eines Delacroix
unmöglich ist. Sobald Slevogt als Maler, aus der
Diezschule und von der abklingenden Historien-
malerei herkommend, auf Uhde, auf Liebermann,
Trübner und die Franzosen zu blicken begann,
musste er seine beiden Talentkräfte gesondert aus-
bilden, musste der Illustrator seine eigenen Wege
über Böcklin, Delacroix und Daumier zu einer

Einschlag Slevogts nicht sehr ursprünglichen, son-
dern mehr eklektizistischen Malstil beweglich, geist-
reich und persönlich macht und ihn dadurch von
dem modernen Eklektizismus anderer unterschei-
det. Die Grenzen verfliessen also, wie es sich bei
einer lebendigen Produktion von selbst versteht.
Dennoch kann man die malerischen Improvisatio-
nen des letzten Jahrzehnts als eine Spezies für sich
bezeichnen. Sie bilden eine besondere Gruppe im
Oeuvre Slevogts.

In diesen Improvisationen erscheint das Er-

MAX SLEVOGT, FASCHINGSBALL. l'ASTELL 1904

neuen Art von Menzeltradition suchen, im Ver-
trauen darauf, dass die Persönlichkeit den duali-
stischen Absichten Bindemittel genug sei. Natür-
lich ist die Trennung allmählich vor sich ge-
gangen; auch haben die beiden Talentkräfte immer
wieder Versuche gemacht sich in umfangreichen
dramatischen Darstellungen mit neuer Grösse zu ver-
einigen. Bilder wie „Der Ritter und die Mädchen",
der „Hörselberg", die „Marietta", selbst die d'An-
dradebilder sind Beweise. Sogar in den Werken
einer rein darstellenden Malerei, in den Bildnissen,
Stilleben und Landschaften spürt man immer ein
wenig noch den Illustrator insofern, als dieser

zählende, das dauernd der Malerei nicht fernzu-
halten ist — sei es nun als Legende oder Ein-
fall — in einer neuen Weise malerisch vergeis-
tigt. Diese Don Quichotte-, Simson- und Don
Juanbilder haben nichts von der Anekdote oder
von der Historienmalerei; es sind hingeschriebene
Visionen eines Realisten, immer graziös, knapp
und immer sozusagen technisch heiter. Es sind
geschmeidige kleine Heldengedichte mit profanem
sozialen Einschlag. Die malerische Phantasie darin
ist geistreich geworden, und die poetische Phan-
tasie bewegt sich stets in konkreten Gestalten und
Bildern. Das Zeitliche erscheint ganz als ein Räum-

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