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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

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Heft 9
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0380

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VIKTOR SURBEK, BERGLANDSCHAFT. TUSCHZEICHNUNG

VIKTOR SURBEK

KURT KARL EBERLEIN

l"\ie Schweizer Kunstausstellungen in Karlsruhe und Berlin
haben erwiesen, daß junge Kräfte in der Schweiz
leben, die, trotz mancher Anregungen von West und Nord,
eine eigene, gesunde Art und Kunst erstreben. Auch wirkt
die große nahe Natur mit stillem Segen sichtlich ein, um
immer wieder die Problematik der Großstadt zu schwachen
und immer wieder die Theorie in die „schöne grüne Weide"
der Augenwelt zu führen. Irren wir nicht, so bereitet sich
eben wieder in der Stille eine bedeutende schweizerische
Kunst vor, die ihre eigenen Wege gehen wird. Zu dieser
Gewißheit ermuntert uns das unbeirrte Zusammenstreben
einiger Künstler, aus denen wir heute einen Berner, Viktor
Surbek, herausheben wollen.

Surbek, als Sohn eines Arztes 1885 geboren, stammt aus
Oberhallau bei Schaffhausen, lebt aber seit früher Kindheit
in Bern. Vielseitig begabt, hat er graphische und hand-
werkliche Techniken in München und Karlsruhe erlernt,
immer gezeichnet und gemalt — ohne eines Meisters Schüler
zu sein —, so daß er über ein handwerkliches Können ver-
fügt, das er heute schon eigene Schüler lehren kann.
Längere Reisen in Deutschland und Italien, Nordafrika und
Südfrankreich und ein zweijähriger Aufenthalt in Paris haben
Auge und Hand, Form- und Farbgefühl gebildet, eine gene-
tische Entwicklung und ein reiches Werk von Zeichnungen,
Aquarellen. Bildern gefördert. Der letzte Herbst, den der Künst-

ler mit seiner kunstbegabten Gattin, der Malerin Margarete
Frey-Surbek, im Bernischen, im Waadtland, in den südlichen
Alpentälern schauend und schaffend erlebt hat, schenkte ihm
eine Fülle von meisterlichen Naturstudien, von denen das
Berner Kunstmuseum einige erwählte Stücke erworben hat.

In diesen Blättern, die in großem Format vor der Natur
mit Blei, Feder, Wasserfarben durchgeführt sind, atmet die
Welt in ihrer beglückenden Bildung, mit Tälern und Bergen,
Flüssen und Seen, in der gewaltigen Gliederung ihres
weichen und harten Leibes, am reinsten da, wo das ge-
alterte Knochenwerk einsamer Höhen steinig und wuchtig
sein gelagertes Leben gestaltet. Dies alles ist mit Ehrfurcht
und Liebe in schauender Nähe „so wahr, so seiend" gesehen
und in dem organischen Rhythmus seiner Erscheinungsformen
so klar, rein und wesentlich empfunden, daß der Geist des
stammverwandten Koch in einem neuen Menschen erwacht
zu sein scheint. Hier hat Surbek sich selbst und seine
eigene Bildsprache gefunden, die nun auch in neuen großen
Bildern eine ernste beseelte Landschaftsmalerei schafft. Die
beigegebenen Abbildungen lassen den Kunstwert dieser
Studien ahnen, verfälschen aber die satte Pracht der Far-
ben in ein dunkles toniges Vielerlei. Doch wird das Groß-
gesehene, Großgeformte in seiner schlichten Gliederung
offenbar. — Wir begrüßen hier eine neue Schweizerkunst
in einem ihrer kräftigsten und begabtesten Talente.

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