Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 25.1927

DOI Heft:
Heft 12
DOI Artikel:
Rothenstein, John: William Rothenstein als Porträtzeichner
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7392#0479

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
W. ROTHENSTEIN, BILDNISZEICHNUNG VISCOUNT HALDANE

veröffentlichen. Dieser Dichter, den er sich zum
Modell ausgesucht hatte, war Rabindranath Tagore.
Erfüllt von den glänzenden Bildern Indiens mit seinen
Tempeln, Basaren, durchtränkt von seiner blendenden
Atmosphäre, kehrte Rothenstein mit zahlreichen
Studien und mehreren fertigen Bildern nach Eng-
land zurück. Bei ihrem Anblick meinte Wells, daß
Rothenstein seinen Zeitgenossen Indien so nahe
gerückt habe, wie einen alten guten Bekannten.
— Nach einem Aufenthalt in den Vereinigten
Staaten von 1911/1912, zog er sich nach Glocester-
shire zurück, wo er nur als Landschafter tätig war
und die einfache Natur mit ihren Gebäuden und
Landleuten wiedergab, während ihm die Feldarbeit
Erholung gewährte. Aus diesen friedlichen Be-
schäftigungen und dieser langersehnten Zurück-
gezogenheit riß ihn jäh der Ausbruch des euro-
päischen Krieges. Auf Einladung Emile Vander-
veldes, des jetzigen belgischen Außenministers, der
damals zu der verbannten Regierung gehörte, ver-

brachte Rothenstein 15)15 einige Monate bei der
belgischen Armee. Von dem tragischen Anblick
der zerstörten Gebäude überwältigt, erregt und
tiefbewegt von dem grandiosen militärischen Schau-
spiel, unterbreitete er bei seiner Rückkehr nach
London Lord Northcliffe und Oberst Repington
einen Vorschlag, bestimmten Künsdern offizielle
Aufträge zu erteilen, mit staatlicher Unterstützung
Bilder vom Kriegsschauplatz zu malen. Dieser Ge-
danke fand Anklang, und Rothenstein wurde auf
Grund seiner indischen Erfahrungen und sport-
lichen Erfolge als staatlich berufener Künstler einem
indischen Kavallerieregiment zugeteilt. Ende des
Jahres kehrte er zurück und übernahm den Lehr-
stuhl für Kunst an der Universität von Sheffield.
Aber schon im Jahre 1918 malte er wieder an der
Front, diesmal bei der fünften Armee, die er auf
ihrem verhängnisvollen Rückzug im März 1918
begleitete. Drei Tage lang wurde er zu den Ver-
mißten gezählt, und seine Malgeräte wurden von

454
 
Annotationen