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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0011

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9

Korrespondenz.

10

donna und die reizende Landschast zu sein, welche den
Hintergrund der Komposition bildet. Dünne Bäumchen,
Ruinen antiker Gebände, schlanke Kirchthürme ragen
in den blauen Himmel empor, der gegen den Horizont
hell abgetönt ist. — Auf der Rückseite steht geschrieben:

„Dieses Frauenbildt von Nasfael da Urbino sambt

den Kastel mit guthen steinen Besetzt ist mir von

Pabst Albany verehrt wordten.

Elisabeth K."

Die Kaiserin schenkte das ihr von Clemens XI. ver-
ehrte Bild an den Fürsten Kaunitz, und dessen Sohn
verkaufte es dem Fürsten Anton Esterhazy, dem Gründer
der Galerie.

Jch darf hier der übrigen kostbaren Bilder ita-
lienischen Ursprungs, des prachtvollen Tiep olo (XIII,
13) der schönen Madonna von Luini (XIV, 69), des
interessanten, mit gereimter Jnschrift versehenen Selbst-
porträts von Michelangelo daCaravaggio (XIII, 21)
und so vieler anderen des beschränkten Raumes wegen
nicht weiter gedenken, und will nur noch in aller Kürze
einiger der hervorragendsten Bilder der übrigen Schulen
Erwähnung thun.

Von deutschen Meistern sind besonders L. Cranach
nnd N. Neuchatel durch vorzügliche Werke, der Erstere
namentlich durch die Ehebrecherin vor Christus (IV, 4),
ein großes Bild von virtuoser Ausführung, wenn auch
etwas kühler und bnnter Farbe, der Letztere durch meh-
rere lebensgroße Porträts von seltener Güte ausgezeichnet
vertreten. Die Porträts von Lucidel hießen srüher
Amberger; ihre fetzige Bezeichnung rührt meines Wis-
sens von Mündler her, der die Esterhazy'sche Samm-
lung im Spätherbst 1869 im Auftrage der ungarifchen
Regierung schätzte, und dessen Urtheile für die neueren
Auflagen des Katalogs in manchen Punkten bestimmend
gewesen sind. Zwei Pendants von Mann und Frau in
ganzer Figur (IV, 12 u. 22) verdienen vor Allem be-
achtet zu werden. Der Mann, Herr Hans Heinrich
Pilgram von Herzogenbusch, — woher dieser Name
stammt, weiß ich nicht anzugeben, — der Jnschrift zu-
folge achtundzwanzigjährig, steht, nach rechts blickend, in
eleganter schwarzer Tracht vor uns, die Linke am Schwert,
m der Rechten die feinen, gestickten Handschuhe haltend.
An der rechten Seite hängt der mit reicher sigürlicher
Ornamentik versehene Dolch und eine Sammettasche
mit silbernem Bügel, in welcher das mit schwarzer
Stickerei verzierte Schnupfluch steckt. Auffassung, ma-
lerische Haltung und Behandlung des Einzelnen stehen
auf gleicher Höhe der Vortrefflichkeit. Die Frau, a.6-
tutis 8uus 17, ist ebenfalls in Schwarz gekleidet, und
mit silbernem Gurt und goldener Brustkette geschmückt.
Sie steht, nach links blickend, mit unter Ler Brust zu-
sammengelegten Händen, ruhig sinnenden Ausdrucks da,

ein schlichtes Bild echt deutscher Weiblichkeit. Beide sind
v. I. 1561 datirt.

Zu meiner Genugthuung fand ich das schöue Por-
trät von Frans Hals (IX, 1 der alten Nummerirung),
das früher u. A. den Namen Carel du Jardin trug,
seinem wahren Autor zurückgegeben. Es ist das Brust-
bild eines Mannes in grüulich schillerndem Wamms,
aus dessen Schlitz der rechte Hemdärmel hervorschaut,
mit schwarzem Spitzhut und weißem Kragen, von dem
ein Quästchen auf die Brust herabhängt. Die linke
Hand, von der man drei Finger und ein Stück des
Daumens sieht, ruht auf der Brust. Das fahlgelbliche
Antlitz, mit dem Ausdruck selbstbewußter Jronie, ist von
dunkelgelocktem Haar umgeben. Die in's Schwärzliche
sallenden Schatten sprechen für die spätere Zeit des
Künstlers.

So vortrefflich mehrere Hauptmeister der Schule,
A. Cuyp (mit drei Bildern, von denen zwei ersten
Ranges), Salomon Ruisdael (mit vier Bilderu, die
ganze Entwickelung des Malers repräseutirend), I. Steen,
Metsu, Ostade, A. van der Neer, Teniers, Gon-
sales Coques u. A. repräsentirt sind, so schwach sieht
es dagegen in der Esterhazy'schen Sammlung mit der
Vertretung Nembrandt's aus. Von den vier Bil-
dern, welche seinen Namen tragen, dürfte ihm höchstens
eines, das weibliche Porträt (Kniestück) in schwarzer
Haube, mit Handschuhen und Fächer (VII, 44 der
alten Nummerirung) mit einigem Recht gelassen werden,
obschon auch dieses in den Fleischparthien, vielleicht in
Folge starker Beschädigung, nicht die Qualitäten Rem-
brandt's zeigt. Die schlechte Kopie des Rembrandt'schen
Selbstporträts (früher VII, 41) hat man neuerdings
mit Recht aus der Galerie entfernt.

Unter dem neuen Zuwachs der Sammlung aus
Esterhazy'schem Besitz verzeichne ich hier noch drei Bilder,
welche 1869 nicht mit verkauft, aber später hinzugefügt
wurden: Weibliches Brustbild von Rembrandt (?),
mit der jedensalls unrichtigen Jahreszahl 1660; eine
Mavonna von Murillo (XIV, 29), ein etwas slaues,
besonvers in seinem oberen Theil verdorbenes Bilv, be-
zeichnet mit dem Namen des Meisters und der Iahres-
zahl 1675, und eine Madonna von Zurbaran v. I.
1661 (XIV, 53). — Das srüher vem Velazquez
zugeschriebene schöne männliche Porträt im Prosil (XIV,
30 der alten Nummerirung) hat Mündler unzweifelhaft
richtig dem Murillo vindicirt. Ob darin das Selbst-
bildniß ves Malers zu erkennen ist, wie der Katalog
angiebt, vermag ich im Augenblicke nicht zu eutscheiden.

C. v. Lüßow.
 
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