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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Vom Christmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0072

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Vom Christmarkt

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guren murahmte und umflochtene Medaillon-Bildnisse
der Dichter zieren den Ansang eines seden der in literar-
historischer Folge angeordneten Abschnitte des Buches,
hin und wieder ist dann ein einzelnes Gedicht mit einer
Jllustration bedacht; Kopfleisten und Schlußstücke voll-
enden den künstlerischen Schmuck. Besonders ansprechcnd
sind die stimmnngsvollen Landschastsbilder und die feinen
symbolischen Züge, denen wir nicht selten in den Kom-
positionen der Medaillons begegnen. Wünschenswerth
bliebt nur ein größerer Einklang in dem nebensächlichen
Zierwerk, den Kopfleisten und Schlußstückrn, von denen
einige sich mehrfach wiederholen. Diese etwas ermü-
denden Repetitionen sind wohl mehr auf eine weise Be-
schränkung des finanziellen als auf eine Knappheit des
künstlerischen Vermögens zurückzuführen. — Ein glück-
licher situirter Better dieses illustrirten Hausbuches ist
Vas wesentlich splendidere, in behaglichem Bilderlupus
schwelgende „Album deutscher Kunst und Dichtung",
herausgegeben von Friedrich Bodenstedt, welches
die Grote'sche Verlagshandlung zum dritten Male unter
den Christbaum legt. Die Reihe klangvoller Künstler-
namen, die Antheil haben an der reichen Fülle des
künstlerischen Schmuckes seiner Blätter, ist bei der neuen
Auflage noch bereichert worden, und, wie uns dünkt, hai
die eine und andere der minder glücklichen Interpreta-
tionen von Dichterworten durch neue Kompositionen er-

wünschten Ersatz gefunden. Wir bedauern, daß die
Künstler nur bei den größeren vollseitigen Bildern nam-
haft gemacht sind, die mitunter ihrem künstlerischen
Werthe nach hinter den kleinen Phantasieblumen zurück-
stehen, die ihren Platz zwischen den Zeilen fanven.
Dürfen wir der Verlagshandlung, der wir von ganzem
Herzen für diese von neuem besiegelte Belle-Alliance
zwischen Poesie und Kunst dankbar sind, sür die vierte
Auslage einige Wünsche entgegenbringen, so wären es
erstens ein Ersatz für den überladenen, sich in einer
verdrießlichen Gothik ergehenden Einband, zweitens eine
Erlösung der beiden in der Rolle der Musen sich nicht
ganz heimisch sühlenden laulbächlichen Jungfrauen hinter
der Widmung, denen es uicht schaden könnte, wenn sie
zu ihrem häuslichen Berufe zurückkehrten, und endlich
die Ausmerzung des einen der beiden Pianino's, die zur
Darstellung der Macht der Musik verwandt sind. Das
von Ferd. Keller zu oiesem Zweck benutzte Jnstrument
ist, wie uns dünkt, arg verstimmt, und diese Verstim-
mung wirkt auf die paradesitzende M odedame, die die Rolle
der Zuhörerschaft übernommen, offenbar auch verstim-
mend. Oder sollte sich das arme Fräulein blos lang-
weilen? Gleichviel! Der Verleger thäte ein gutes Werk,
wenn er dieser musikalischen Sitzung ein Ende machte.

Ein vollendetes Feiertagsbuch bietet uns dieselbe
Verlagshandlung in der von Ferdinand Piloty
 
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