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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Vom Christmarkt
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133

Vom Christmarkt.

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Portrait K. Jmmermann's. Aus Th. Storm's „Hausbuch", Verlag von W. Mauke.

illustrirtm Groß-Quart-Ausgabe von Shakespeare's
„Romeo und Jnüa". Das lst in der That einmal
eine Schöpfung ganz aus einem Guße, eine Leistung
des guten Geschmackes, die ohne Rückhalt anzuerkennen
ist. Der einzige Einsprnch, den man auch hier versucht
wäre zu erheben, ist wieder die Verbindung des Typen-
drucks mit der tonsatten, glänzigen Photographie, die
sich nun einmal an Stelle des Kupferstichs in die Pracht-
ausgaben eingedrängt hat. Zum Glück verträgt die
Holzschnittillustration des Werkes, die im Wesentlichen
als Dekorations-Element eintritt, hier ohne Abbruch die
Nähe der blendenden Schwester, ja man möchte sagen,
in ihrer schückllernen Decenz erscheint sie uin so liebens-
würdiger und anmuthiger neben der anspruchsvollen
Genossin. Mit echt künstlerischem Gefühle ist die ganze
typographische Ausstattung abgewogen und abgemessen,
das Größen- und Tonverhältniß der in Arabesken spie-
lenden, in feinen Bezügen auf die Dichtung vorberei-
lenden graziösen Kopfstücke, ferner der einfach mit voller
Wahrung der Grundform ornamentirten Jnitialen in
Rothdruck sowie der rein ornamentalen Zierstücke an den
Aktschlüssen, endlich die ebenfalls in Rothdruck gehal-
tenen zarten Umsriedigungen jeder Teptseke, — Alles

vereinigt sich zu einem vollendet harmonischen Eindrucke,
wie er uns so selten bei deutschen Prachtwerken zu Theil
wird. Dazu kommt, daß die Teubner'sche Offizin in
Leipzig ihr Bestes gethan hat, um mit den gegebenen
Mitteln Alles zu leisten, was die Buchdruckerpresse in
sauberster Zurichtung, in tiefstem Glanz der Schwärze
und untadeliger Glätte des Papiers zu leisten vermag.
Dem Jnnern ist die äußere Schale entsprechend, sie
drängt sich nicht, wie es so häufig der Fall, mit protziger
Prahlerei als Hauptsache auf, sondern zeigt ein vor-
nehmes Festgewand, das mehr durch den großen Wurf
als durch krause Buntheit und slatzige Goldmassen zu
imponiren sucht. Ueber die Aufsassung des berühmten
Liebespaares, über die Wahl und Anordnung der Scenen,
deren einige, auch in Holzschnitt ansgeführt, den Tept
unterbrechen, wollen wir hier mit dem Künstler nicht
abrechnen; nur hervorheben möchten wir, daß Piloty
uns nirgends zu entschiedenem Widerspruche reizt, daß
er das Süße und Wonnige der Dichlung nicht in's
Süßliche und Sentiinentale herabgezogen, das Grausige
und Furchtbare nicht zum Krassen und Widerwärtigen
verzerrt hat. Vielleicht ist kein Shakespeare'scheck Stück
sy glücklich zur Illustrativn angelegt wie gerade diese
 
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