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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Vermischte Nachrichten.

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seiner Getreuen zur Seite, jagt der unglückliche Cäsar an den
erfrornen und halbverhungerten L,oldaten vorbei durch die
Steppe. Das Bild ist um die Kleinigkeit von 17,000 Fr.
verkäuflich! Die Landschaft ist durch gute Bilder von Bam-
berger, Knorr, Preller snn. und Halauska vertreten.
Rieger ist wie immer in seinen Motiven hochromantisch,
im Bortrag theatralisch, das Auge der Laien bestechend: doch
wie weit von der schlichten Natur entfernt! Auch Püttner
greift zuweilen zu extremen Mitteln; seine „Ansicht von Jeru-
salem" und der „Mondschein-Abend" sind in einem schon
märchenhaft gelben Ton gehalten. Das Auge findet so was
pikant für den Moment; auf die Dauer behält aber doch
nur die gediegene Naturstudie ihren Reiz.

^ Münchener Kunstverein. Louts Braun brachte ein
Bild aus dem Kriege von 1870—71: „Die Kapitulation von
Sedan" zur Ausstellung. Der französische General Reille
überbringt am Abende des Schlachttages von Sedan dem
Könige von Preußen auf der Höhe von Frenois die Nach-
richt von der Unterwerfung Napoleon's. Der Künftler hat
den bedeutsamen Moment klar erfaßt und überzeugend dar-
geftellt. Ließe nicht die Porträtähnlichkeit faft aller Personen
fo viel zu wünschen übrig, so wäre der Beifall wohl ein allge-
Meinerer. Mit Berichten über „Gebifsene Kanarienvögel" und
andere inhaltschwere Sujets darf ich Sie kaum beläftigen, und
erwähneauch von den ziemlich zahlreichenLandschaften nur einer
solchen ohne Eichen von Max Zimmermann, eines Ge-
wittersturmes von Koepping, einer „Landfchaft mit Waffer-
fall" von Deuchert, eines Motives bei Haimhausen von
Ludw. Skell und eines anderen von der norwegischen Küfte
von K. Baade, um zu einem großen mythologischen Bilde
von Otto Seitz überzugehen. Der Künftler ist Profeffor
an unserer Kunstakademie und hielt sich wohl aus diesem
Grunde zur Wahl eines Stoffes berusen, wenn nicht gar
verpflichtet, zu deffen Behandlung ihm jede Voraussetzung
fehlt. „Eines schickt fich nicht für Alle." Proseffor Seitz
hat das übersehen und ist darüber zu Falle gekommen. Man
fror förmlich beim Anblick diefer „Meerfahrt des Neptun"
mit Gemahlin, Tritonen und Nereiden, und nahm die Ueber-
zeugung mit fich, daß fie auch den Künftler selbst nicht er-
wärmt. Es fehlt in dem Bilde nicht an einzelnen Schön-
heiten, aber fie find sast alle rein technischer Natur. Hätte
es der selige Schwind noch zu sehen bekommen, er hätte es
in feiner draftischen Weise kurzweg einen „Menschensalat"
geheißen. Und das mit Recht, denn man hat lange zu ftu-
diren, bis man darüber klar wird, wem die einzelnen Glied-
maßen gehören, die da herumzappeln. Pofeidon hat so 'wenig
etwas Göttliches an sich wie Thetis, erinnert vielmehr an
einen ausgedienten Soldaten. Auch das Kolorit läßt viel
zu wünschen übrig. Von L. v. Hagn sahen wir ein durch
lebendige Komposition und feines harmonisches Kolorit aus-
gezeichnetes mittelgroßes Bild: „Fahrende Mufikanten." Auf
der Veranda eines ftattlichen Landhauses hat sich eine ele-
gante Gesellschaft im Koftüme des 17. Jahrhunderts zu einem
opulenten Mahle versannnelt. Die Tafel ift bereits aufge-
hoben und die Gäste unterhalten sich in zwanglosen Gruppen.
Jnzwischen find „Fahrende Leute" in den schattenreichen Park
getreten und bereit ihre Kunft zu produziren, was halb aus
Piitleid, hatb aus Neugier angenonrmen wird. Das Ganze
verräth ein tiefes Studium des kulturhistorischen Apparats,
wie wir es an dem Meifter gewohnt find.

Vermischte Nachrichten.

8. Festsitzung der Archäologischen Gesellschast in Berlin
zur Feier des Winckelmanntages am 10. December 1875.
Herr Curtius eröffnete die Sitzung mit einem Rückbtick
auf das vergangene Jahr und auf die Thätigkeit der Gesell-
schaft. Er gedachte insbesondere auch der schweren Verluste,
welche die Gesellschaft seit dem letzten Jahresfeste erlitten
durch den Tod mehrerer ihrer Mitglieder: des Prof. Or.
Matz, des Baumeifters Prof. Lohde (der zu ihren älteften
und treuesten Mitgliedern gehört hatte), des unermüdlichen
Forschers Corssen und des Lic. Frommann. Nach Be-
sprechung der Zusendungen von Conze in Wien und Salinas
in Palermo unv kurzer Berichterstattung über den Fortgang
der Ausgrabungen von Olympia, wurde von dem Vortra-
genden die soeben vollendete neue Karte von Athen, welche
auf Veranlaffung des General-Feldmärschalls Grafen Moltke

der Vermeffungs-Jnspektor Herr Kaupert aufgenommen
und gezeichnet hat, in zwei photographischen Kopien vorge-
legt und vorbehaltlich des Zurückkommens auf diese zur
Topographie und Denkmälerkunde Athens eminent wichtige
Arbeit erläutert. Herr Treu legte die Taseln für das —
noch nicht zur Ausgabe gelangte — diesjährige Winckelmann-
programm über: GriechischeThongefäßeinStatuetten-
und Büftenform vor, auf denen Exemplare einer gewiffen
Gattung von Vasen abgebildet worden find, welche der Vor-
tragende in ihren hervorstechendften Eigenthümlichkeiten kurz
charakterifirte, und dabei als Schau- und Prunkgefäße aus
attischen Fabriken der Diadochenperiode zu erweisen suchte.
Herr Adler hatte als weitere Frucht seiner ficilianischen
Reise eine von ihm bewirkte neue Aufnahme des merkwür-
digen Apollon-Tempels aus der Jnsel Ortygia zu Syrakus,
in welchem er schon im Jahre 1867 das bisher einzige be-
kannte Beispiel des oxus vwvotri^lz-pliuiv nachgewiesen
hatte, ausgeftellt und durch Nebeneinanderftellung der in
identischen Maßftäben gezeichneten Grundriffe und Fronten
der Tempel von Selinus (6), von Korinth und Afsos das
nothwendige Material befchafft, um eine genauere Charak-
terifirung dieser älteften dorifchen Denkmäler nach Plan-
schema und Aufbau vorzunehmen. Hierbei wurde die That-
sache, daß Syrakus, Selinus und Assos doppelte Vorhallen
an der Frontseite besitzen, als eine nachträglich bewirkte „Vor-
schuhung" erklärt, die an den beiden letzten Tempeln mit
der Aufftellung der feit der Mitte des VI. Jahrh. nach und
nach beliebt gewordenen plastisch-geschmückten Metopen zu-
sammenzuhängen scheint und sür die Datirung der ursprüng-
lichen ersten Bauanlagen von Wichtigkeit ist. Weitere ge-
wonnene Resultate über die Chronologie der dorischen Bau-
denkmäler in Aussicht stellend, schloß der Vortragende mit
der Mittheilung, daß noch zwei Bauwerke, das jetzt bis auf
zwei Säulen zusammengeschmolzene Olympieion zu Syrakus
und das nur bei Pausanias etwas näher erwühnte Heräon
zu Olympia, nachweislich das Schema oxv8 ivovotri§1^p1mni
bei ihrer Peripteralanlage besessen haben. Herr Mommsen
besprach das neu in Rom gefundene Elogium des Marcus
Valerius Mefsalla', eines Zeitgenosfen und Freundes des
Cicero, der zwei Jahre nach diesem zum Konsulat gelangte,
und nachher als Cäsars Parteigenosse sich an der Verthei-
lung des Gebietes von Capua Letheiligte. Herr Kaibel legte
eine Jnschrift von Dyme (Achaia) in berichtigtem Texte vor,
und ftellte dieselbe mit einer Pausaniasstelle zusammen, indem
er nachwies, daß beide Angaben über einen alten Heroenkult
trotz mancher Abweichungen zu identisiziren seien. Der
Heros, Polystratos genannt, kämpfte mit Herakles gegen Elis
und fiel von der Hand der Molioniden; von Herakles nach
der Sage bestattet, wurde er von den Dymäern bis in späte
Zeit mit Todtenopfern geehrt. Die Jnschrist fcheine etwa am
Ende des 111. vorchristlichen Jahrh. aufgeftellt zu sein, bei einer
Gelegenheit, da die achäischen Städte in großer Kriegsnoth
endlich wieder einmal die Eleer geschlagen hatten (ca. 219);
die Vermuthung liege nahe, daß sie sich hierbei ihres alten
Heros erinnert und fich ihm durch Restauration des Denk-
mals für feine Hilfe dankbar erwiesen haben. Herr Cur-
tius sprach über die vier großen buntsarbigen Lekythen des
K. Museums, von denen Facfimiles ausgeftellt waren. Er
wies nach, wie dieselben durch Größe, Form, Technik und
Darftellung von der gewöhnlichen Gattung verschieden seien
und dadurch ein besonderes Jntereffe beanspruchen, daß fie
in der Technik zur wirklichen Malerei mit Licht und Schatten,
und in den Gegenftünden der Darstellung einen Uebergang
zu den apulischen Vasen bildeten.

8v. Dem Siemering'schen Entwurfe für das tzeipziger
Siegesdenkmal, welcher aus der Konkurrenz, wie seiner Zeit
gemeldet, als Sieger hervorgegangen, ift die Ausführung
gefichert. (S. Kunstchronik IX, S. 541.) Nachdem durch pri-
vate Mittel ein Grundstock von etwa 110,000 Mark zusammen-
gebracht worden, haben nunmehr Rath und Stadtverordnete,
dem Ersuchen des Denkmal-Komito's entsprechend, die Summe
von 135,000 Mark, zahlbar in drei Jahresraten, verwilligt,
um die unverzügliche Ausführung zu ermöglichen. Die Her-
ftellungskoften des ganzen Werkes sind aus etwa 300,000 Mk.
veranschlagt, sodaß nur ein verhältnißmäßig kleiner Fehl-
betrag zu decken bleibt, für deffen Beschaffung fich eine An-
zahl von Mitgliedern des Komito's in hochherziger Weise per-
sönlich verpflichtet haben. Wir bemerken noch, daß an dem
 
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