Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

DOI Artikel:
Verschiedenes / Inserate
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0149

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Kunstliteratur.

286

285

lung zeigt den Meister von den verschiedensten Seiten,
in Oel, Wasserfarben, Sepia und Kohle. David Cox
hat unscheinbar begonnen, und seine Kunst glich der
Natur an Einsachheit und Treue. Vor genau einem
Vierteljahrhundert wurde eins der jetzt ausgestellteu
Bilder nach Liverpool geschickt, dort erhielt es seinen
Platz unten an der Wand, und der Preis wurde mit
40 L verzeichnet. Unverkauft wanderte es am Schlusse
der Ausstellnng wieder heünwärts, um jetzt im Triumphe
nach Liverpool zurückzukehren. Der gegenwärtige Be-
sitzer erwarb dies Gemälde sür nahezu 3000 L, nun
aber wird es anf 4000 L, die ganze Sammlung jedoch
auf 130,000 L geschätzt. Bei Lebzeiten des Künstlers
dagegen wurde keine seiner Arbeiten mit 100 L bezahlt.
David Cox repräsentirt in künstlerischer wie merkantiler
Hinsicht ein Phänomen so ungewöhnlicher Art, daß es
schwer halten dürste, dafür eine Erklärnng zu finden.
Seine Gegenstände wie sein Stil sind wesentlich englisch,
besonders was die Wolken und die atmosphärischen Effekte
anbetrifft, auch zeichnet er sich aus durch die Anwen-
dung transparenter Farben, wie er denn dem späteren
System der opaken Farben abgeneigt ist. Ein Schüler
der Natur, ist er einfach und schmucklos; groß im Ord-
nungslosen, meisterhast in seiner kecken Nachlässigkeit,
versteht er, wie die Natur selbst, Mißklang in Harmonie,
Verwirrung in Ordnnng umzuwandeln.

London hat lange Zeit einen gewissen Vorrang
bezüglich seiner alten Gilden und Jnnungen behauptet,
die häufig, wie die der Fischhändler, mit dem Gewerbe
verbunden, in anderen Fällen jedoch, wie bei den Gold-
schmieden, mit der Kunst verwandt sind. Eine derselben,
die Jnnung der Stukkaturarbeiter, hat sich neuerdings
durch ihren Einsluß auf die Förderung des Kunst-
unterrichtes hervorgethan. Seit elf Jahren schon hat
sie für Schüler der 130 staatlichen Knnstschulen des
vereinigten Königreichs Preise ausgesetzt. Im Ganzen
ist das Resultat dieser Maßnahme zufriedenstellend.
Die Gegenstände der Preisbewerbung waren im vorigen
Jahre folgende: 1. Ein Modell in Gyps sür einen Sockel
einer Büste oder Statuette. 2. Eine einfarbige Zeich-
nung zur Ornamentirung eines Portals, sür Ausführung
in Gyps geeignet. Die Stukkaturarbeiterinnnng ist der
Ansicht, daß diese Ermnthigung zum Studium der Orna-
mentik mit besonderer Rücksichtnahme auf das eigene
Gewerbe auch die Kunstbildung unter dem Volke be-
fördere und an praktischen Beispielen zur Erkenntniß
bringe, inwiefern die Zeichen- und Modellirkunst den
Erfordernissen des täglichen Lebens. gegenüber von
Wichtigkeit ist.

Das neue Jahr beginnt in London mit einem
mehr als gewöhnlichen Quantum von Ausstellnngen.
Jm Augenblick, wo ich schreibe, sind kaum weniger als
3000 Gemälde ausgestellt. Diese Summe würde sast un-

glaublich erscheinen, wenn nicht so vielVerkäufe stattfänden,
die selbstverständlich die Zusuhr unterhalten. Jn der
That bleibt ein gediegenes Kunstwerk selten unverkaust.
Leider nur trisft den Künstler allzu häufig das Mißgeschick,
daß der volle Lohn seiner Mühen nicht ihm selber zu-
fällt. Än dem Moment, wo eine Privatsammlung sich
dem Publikum erschließt, stürzen auch schon die Händler
herbei, um Beschlag anf diejenigen Gemälde zu legen,
die sie mit einem Blick als spekulationsfähig erkennen.
Was sie heute kausen, schlagen sie morgen mit Vortheil
wieder los. Der Grund, weshalb England und Amerika
den Kunstweltmarkt beherrschen, liegt nicht darin, daß
sie mehr Kenntnisse nnd Genie besitzen, sondern vielmehr
darin, daß sie sich eines Handels rühmen, der Neich-
thümer schafft, die, wie in entschwundenen Jahrhunderten,
so noch heute den Künsten zu Gute kommen.

I. Beavingtou Atkinson.

Kunstlüeratnr.

Kultnrhtstonsche Wattdtaseln sür Gymnasien, Real-
schulen, Seminare und verwandte Lehranstalten,
gezeichnet von Alphons Holländer, Jean Brück
und Karl Lüvecke, herausgegeben von Dr. Her-
mann Luchs. Erste Reihe in 50 Tafeln. Verlag
von Wilh. Gottl. Korn in Breslau. 1875. Großfol.

Es ist ein charakteristischer Zug unserer vorwie-
gend aus das Reale und Praktische gerichteten Zeit, daß
die Schulen mehr als ehedem nach bildlichen Lehrmitteln
verlangen. Das Unterrichtswesen schreitet nicht mehr
aus den isolirten Wegen der Theorie einher, es zieht,
was lange vernachlässigt wurde, auch vie Dinge der
Sinnenwelt in den Kreis der Bildungsmittel hinein.
Waren es bisher fast ausschließlich die Natnrwissen-
schaften, welche Lehrmittel sür das Auge sorderten, so
tritt in jüngster Zeit Schritt für Schritt das Bedürsniß
nach solchen auch in den sogenannten humanistischen Fä-
chern auf. Vor allem ist es die Geschichte, die illustrirt
sein will. Der Phantasie, welche sich aus längst ver-
gangenen Zeiten Ereignisse zn rekonstruiren hat, müssen
unbedingt reale Anhaltspunkte gegeben werden, wenn sie
sich nicht in falschen Bildern ergehen soll; die Ueberreste
des Kulturlebens vergangener Geschlechter hat sie zur
Grundlage zu nehmen, um sich die Vorstellungen vom
sarblosen Text aus lebendig zu entwickeln.

Welch' dankenswerthes Feld für Lehrmittel lie^t
da noch ausgebreitet! Zunächst werden es wohl die
Baudenkmäler sein, die über die Knltur ihrer Erbauer
Auskunft geben, dann aber auch jede andere technische
oder Wnstlerische Produktion, Geräthe, Münzen, Kostüme
u. s. s., was Alles das Bild der Zeit und den Kultnr-
grad eines Volkes charakterisirt. Daß wir an Lehr-
mitteln dieser Art noch wenig besitzen, ist bei dem raschen
 
Annotationen