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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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287

Nekrologe.

288

Umschwunge des Bildungswesens zu entschuldigeu. Für
das Kapitel der ästhetischen Erziehung überhaupt sucht
erst die Gegenwart nach Möglichkeit die vorhandeuen
Lücken iu den Unterrichtsmitteln auszusüllen.

Der Versasser obiger Wandtaseln war sich des hier
ausgesprochenen Bedürfnisses nach Bildern zum Ge-
schichtsunterricht, wie der Prospekt kundgiebt, voll-
kommen bewußt, und seine Absicht, mit dem Werke diesem
Bedürfnisse entgegen zu kommen, ist gewiß die beste:
doch über die Wahl der Motive und iu zweiter Linie
über die Art, wie diese in artistischer Beziehung gegeben
sind, muß ein ernstes Wort gesprochen werden. Eine
Galerie von Wandbilderu, in welcher die Hauptthpen
der Kunstgeschichte dem Auge vorgeführt werden, wie es
der Versasser in einigen Tafeln gethan hat, wäre gewiß
ein guter Gedanke geweseu, uur hätte die Auswahl eine
reichere, umfassendere und äußerst sorgfältige sein müssen;
aber Porträts als solche in den Vordergrund zu stellen
und aus den Gesichtszügen großer Männer Kulturge-
schichte lesen zu wollen, muß als ein gewagtes Experiment
bezeichuet werden. Soll die Jugend, soll das Volk über-
haupt an Bildnissen großer Männer sich begeistern, so
ist es das Erste, daß diese künstlerisch vollkommen dar-
gestellt sind. Wenu die Römer auf den Foreu Bilder
verdienter Männer ausstellteu, so hatten diese als Kunst-
werke den Zweck, den Ehrgeiz Anderer zu weckeu; wenn
wir aber unserer Jugend Bilder in der primitiven
Ausführung, wie sie der obige Atlas zeigt, vorlegerr —
was soll sie damit? Ein ästhetisches Erbauungsmittel
sind sie uicht, und was liegt weiter viel Bildeudes iu
den Zügen einzelner Koryphäen der Menschheit? Jst
also eine Porträtgalerie als Unterrichtsmittel auch
uicht für überflüssig zu erklären, so muß eine solche
Gabe in mangelhafter Darstellung, durch die das
ästhetische Gefühl gewiß ebeuso wenig angeregt wie der
historische Sinn erbaut wird, abgelehnt werden. Der
Verfasser sagt selbst, daß über die Auswahl der
Gegenstände schwerlich Einhelligkeit des Urtheils zu er-
zielen sein werde, da die Subjeküvität des Wählenden mit
in die Wagschale fällt. Nun glauben wir noch immer-
hin der Obseklivität nicht untreu gewordeu zu sein, wenn
wir die Zusammenstellung kultnrhistorischer Bilder wie:
„Zeus, Bismarck, Madonna von Holbein, Parthenon,
Ludwig XIV." u. s. f. zum Mindesten als seltsam be-
zeichuen. Kann Raffael ohne seine Stanzen charak-
terisirt werden? Michelangelo ohne seine Sixtina-Fresken?
Wollte der Verfasser seinem Ausspruche zufolge die Brenn-
punkte Ler Kulturgeschichte in dem Atlas zusammen-
sassen, dann hätte er entweder weiter ausgreisen oder in
einer Klasse von Gegenständen bleiben müssen, um in
die Objekte einen logischen Zusammenhang, eine Ent-
wicklung zu bringen; und wenn die Bilder zugleich —
und das soll jedes Bild sür die Schule — in ästhe-

tischer Beziehung belehren sollen, dann muß die Sache
künstlerisch vollendet behandelt sein. Bei den heutigen
Vervielfältigungsmitteln, bei der eminenten Ausbeute
derselben für den Unterricht in Frankreich und England,
ist es wirklich für Deutschland beschämend, in so kläg-
licher Weise Versuche anzustellen, die weder den heutigen
technischen noch künstlerischen Anforderungen genügen.
Wenn der Versasser die Bilder auch noch als Zeichen-
vorlagen verwendet wissen will, so wählen wir uns denn
doch lieber die Photographien von Braun oder bleiben
bei den Werken von Bargue, in denen wir die Meister
so lesen, wie sie geschrieben haben. R U.

Dr. Alfrcd v. Sallet, Untersuchungen über Albrecht

Dürer. Mit zwei Holzschnitten. Berlin 1874,

Weidmann'sche Buchhandlung.

Der Verfasser versucht in dem ersten Abschnitte
seiner „Untersuchungen" eine Ehrenrettung der bekannten
Berlin-Bamberg-Weimarer Prosilköpfe, welche in den
betreffenden Sammlungen als Zeichnungen Dürer's aus-
gegeben werden. Der Streit über die Echtheit oder
Unechtheit dieser Zeichnungen hat die Köpfe der Strei-
tenden bekanntlich stark erhitzt. Weit entfernt, die Frage
zu einer endgiltigen Entscheidung zu bringen, begnügen
wir uns mit der Behauptung, daß diese Zeichnungen
weder von Dürer herrühren, noch Fälschungen des 17.
und 18. Jahrhunderts sind. Wir erkennen in ihnen
vielmehr eine Serie von ganz vortrefslichen Zeichnungen
eines bedeutenden Künstlers aus dem ersten Drittel des
16. Jahrhunderts. Im Wesentlichen ist dies dasselbe,
was bereits A. v. Zahn aus Grund genauer Prüfung
der sraglichen Zeichnungen ausgesprochen hat. Es ist
v. Sallet's Verdienst, bei sechszehn von den Berliner
Zeichnungen ihre Uebereinstimmung mit alten, echten
Medaillen nachgewiesen, überhaupt die Voraussetzung
einer späteren Fälschung beseitigt zu haben. Trotz der
scharfsinnig erörterten Gründe, welche der Versasser des
Weiteren vorgebracht hat, um besagte Zeichnungen Dürer
zu vindiciren, kann ich, wie bemerkt, seinem Ergebnisse
michsnicht anschließen.

Die Medaillen Dürer's behandelt ein anderes Ka-
pitel derselben Schrift, welches noch eine Erweiterung
in einem, auch im Separatabdruck erschienenen Artikel
der „Zeitschrift sür Numismatik" erfahren hat. v. Sallet
hält von den zahlreichen mit Dürer's Monogrammen
versehenen Medaillen zwei für echt — nicht, wie Thau-
sing, Dürer S. 322 sagt, drei — die mit dem Porträt
seines Vaters vom Jahre 1514 und die mit der weib-
lichen Büste vom Jahre 1508. Wie der Verfasser
ausdrücklich bemerkt, hält er nicht die Medaillen selbst,
sondern die in Kelheimer Stein ausgeführten Modelle
sür Originalarbeiten Dürer's. Die Aeußerung Dürer's
in einem Briefe an Kurfürst Friedrich, welche Thausing
 
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