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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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Wolf, August: Kopien venezianischer Meisterwerke in der Schack'schen Galerie zu München, [1]
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Abrest, Paul d': Aus Pariser Ateliers
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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0165

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317

Aus Pariser Ateliers.

318

nach großer Mühe bei dem schlechten Lichte in gleicher
Größe angefertigt, etwa 7^ hoch und 5' breit. Die
Figuren sind im Original etwas unter Lebeusgröße.
Die Strahlen der Sonne konnten gar nicht aus's Bild
fallen, wohl aber entstand jener gelbe Ton, der keine
Farbe in ihrem wahren Werthe erkennen läßt. Das
Bild ist meiues Wissens nie gestochen und kann nicht
photographirt werden.

Auch Paolo Veronese sollte vertreten sein unter
den anzufertigenden Kopien. Es empfahl sich dazu be-
sonders das Votivbild der Schlacht vou Lepanto im
Dogeupalast iu der Sala del Collegio. Es nimmt die
ganze Wand über dem Throne der Dogen ein und stellt
den Dogen Sebastiano Venier dar, der knieend dem
Erlöser sür den gewonnenen Sieg dankt. Er wird zu
dem mit einer Schaar von achtundzwanzig Engeln be-
gleitenden herabschwebenden Erlöser geleitet durch S.
Marco und Sta. Giustina, an deren Ehrentag die
Schlacht geschlagen ward. Links von dieser Gruppe
die allegorische Figur des Glaubens mit dem Kelche, sich
vor Christus neigend. Hinter Venier der Proveditore
Agostino Barberigo mit der siegreichen Fahne, zwei
Pagen, welche Schleppe und Helm des Dogen tragen,
und die Venezia selbst, welche dem Venier das durch den
Sieg verdiente Dogenbarett herbeibringt. — Die Kopie
dieses farbenprächtigen Bildes ist nur 5—G lang und
lll hoch.' Das Original befindet sich, wie sämmtliche
Bilder dieses wnndervollen Saales, in bestem Zustande.

Unter den 42 Deckengemälden, welche den großen
Saal in der alten Libreria di S. Marco schmücken und
seiner Zeit herabgenommen waren, war auch eines aus-
gestellt, welches ich sogleich sür Tizian erkannte. Es
gehörte in den quadratischen Saal gleich beim Eingang,
als einziges Deckenbild desselben und stellt die „Savi-
ezza" dar. Tizian hat hier aus achteckigem Felde in
Wolken eine kräftige weibliche sitzende Figur gemalt.
Sie hält einen Pergamentstreifen in beiden Händen,
und scheint in demselben zu lesen. Ein nackter geflü-
gelter Knabe bemüht sich, vor ihr eine schwere antike
Schristtafel aufzurichten, wie zum Vergleiche. — Jhr
wuchtiges Gewand ist bleichroth, das Obergewand weiß;
die Stirne schmückt der Lorbeer. Die prachtvolle, einfach
dekorative Behandlung veranlaßte die Kopie dieses Bildes.
Die Figur ist lebensgroß, die Kopie in gleicher Größe.
Das Original mag in einer Höhe von 4(ll in sehr
schwachem Lichte angebracht sein. — Bald nach Voll-
endung der Kopie kamen alle Bilder an Ort^und Stelle,
d. h. wnrden unkopirbar.

Baron Schack wünschte längst eine Kopie des be-
rühmten Bildes im Leihhause zu Treviso, angeblich von
Giorgione. Christns wird als Leiche von zwei En-
geln aus dem Sarkophage gehoben; die Figuren sind
etwas über lebensgroß. Die beiden Engel sassen mit

großer Anstrengung die Leiche unter den Armen, wäh-
rend ein dritter sich mit Mühe über den Sarkophagrand
hineinbeugt und ein pnrpurnes Gewand ans dcmselben
heranszieht, in welchem wohl die Füße des Christus sich
befinden. Zu Häupten des Erlösers eine Glorie von
unzähligen Engelchen. Hintergrund Landschast mit einer
Kirche aus einem Berge, und Ruinen. Ein Baum-
stumpf durchschneidet in der Diagonale das Bild.
Vorn eine große krantartige Pslanze. — Jch konnte bei
dem Bilde nicht an Giorgione denken, wenn ich mir
sein schönes Bild in Castelsranco im dortigen Dome
vergegenwärtigte. Ein völlig anderer Geist, eine vicl
spätere Zeit, ja eine Technik, die in vielem gar nicht
venezianisch ist, machen sich geltend. Nichtsdestoweniger
ein herrliches Bild von vielleicht etwas zu brutalem
Effekt. Es befindet sich, prächtig erhalten, in einem
kleinen, mit Akten angepfropften Zinuner des Leihhauses,
und erhält nur Reflexlicht, woher vielleicht die zu starke
Wirkung. Meines Wissens hat Niemand bis jetzt daraus
aufmerksam gemacht, daß sich zwei völlig verschiedene
Hände in dem Bilde kundgeben. Alle rothen Engel
sind anßerordentlich unschön und nur halb so groß wie
die in schönem Fleischtone gehaltenen. Letztere haben
den doppelten Maßstab, obgleich sie aus derselben Alters-
stnfe stehen, und eine gänzlich andere Zeichnnng. Hinter-
grund, Glorie und jene rothen Engel sehcn alterthümlich
aus, wogegen jene frisch goldigen Engelchen mit der
Christusleiche einer viel fortgeschritteneren späteren Mal-
weise angehören. Die Christusleiche selbst hat gar nichts
mit Venedig und seiner Schule zu thun. Leider durfte
ich das Bild nicht in gleicher Größe kopiren. Es er-
wuchs daher für mich die weitere Arbeit, meine Kopie,
nach Venedig zurückgekehrt, in der Originalgröße zu
wiederholen. Diese vergrößerte Wiederholnng der Pietü
mag 7' lang und hoch sein. — Das Bild ist nie
photographirt und nie in gleicher Größe kopirt worden.
Es existirt nur eine ganz unbrauchbare Lithographie
davon, von der es kleine Photographien giebt."

(Fortsetzung folgt.)

Fus Pariser jAteliers.

Dieser Tage führte mich eine Angelegenheit in das
Quartier de l'Europe, jenen palastähnlichen Häuser-
komplex, der in den sechziger Jahren in der Umgebung
des Westbahnhofes entstanden ist, und wo sich eine
ziemlich buntscheckige, aber durchaus dem Luxus huldigende,
elegante kunstsinnige Gesellschast angesiedelt hat. In
einem dieser Zinspaläste befindet sich auch das Atelier
Manet's, des originellen Künstlers, der das Aufsehen-
machen zum Prinzip erhob, der alle Jahre das Pu-
bliknm in Staunen versetzt und mit Wonne den Klas-
sikern des Irmtitnt äv I'rnnos Ausruse der Entrüstnng
 
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