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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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367

Kunstliteratur.

368

riser Salon geboten hatte: 65 Gemälde unv 5 Skulp-
turen, jedes Bild von einem umschreibenden Sonett
begleitet, in prachtvoller typographischer nnd künstlerischer
Ausstattnng. Wir stannen über den Unternehmungsgeist,
der eine solche Publikation der Ernte eines einzigen
Kunstjahres widmen kann, mit beschämten Seitenblicken
auf die Aermlichkeit unserer Verhältnisse, die so etwas
kaum zu konsumiren, geschweige denn zu produziren ge-
statten. Nur ein Volk, das in seiner gesammten höheren
Produktion stets den Weltmarkt im Auge behält und
sich sagt, daß auf diesem nur der zu bestehen vermag,
der stets das Beste in seiner Art leistet, kann eben ein
Unternehmen, wie das vorliegende, in's Werk setzen.

Auf die dargestellten Gemälde —- die plastischen
Schöpfungen können kaum mitzählen — gehen wir nicht
näher ein, da der Pariser Berichterstatter vor wenigen
Monaten alles Wichtige davon charakterisirt hat. Es
war eine gute Mittelernte, was der Salon von 1875
brachte, das bezeugen auch diese Reproduktionen: einige
tüchtig gezeichnete und fein modellirte akademische Bilder
mythischen oder allegorischen Jnhalts, dann die nie feh-
lenden historischen Schauerscenen, etwas Nuvität und
Frivolität, einige frische Ein- und Ausblicke auf „tont
Bnrm" und seine anmuthigen, mit lnstigen Menschen
erfüllten Umgebungen, endlich da und dort auch ein
Stück schön beseelter, großer Natur und wahrer, mensch-
licher Empfinvung: das ist so ungefähr die Welt, die
aus diesen Bildern zu uns spricht.

Eine besondere Beachtung verdient die technische
Herstellung der Reproduktionen mittels der Heliogravure,
welche bekanntlich von der Firma Goupil in anßer-
ordentlich schwungvoller nnd erfolgreicher Weise ange-
wendet wird. Wir gestehen offen, daß wir bei allem
Respekt vor dem relativ hohen Stanvpnnkt, den das (in
seinen Details geheim gehaltene) Versahren in diesem
Werke erreicht hat, doch von seinem absoluten Werth
keine übertriebene Meinung hegen können. Unzweifel-
haft ist es ein Vortheil, daß die Heliogravnre durch
den Plattendruck erzeugt wird, der sich dem Bnchdruck
leichter anschmiegt als die Photographie; daß ferner
der störende Glanz der letzteren sehlt. Aber an Stelle
dieses Glanzes ist hier ein matter, verschwommener Ton
getreten, der es zu keiner vollen Kraft und Tiefe kommen
läßt. Man sieht klar, daß dies seine Ursache in den
Retouchen hat, welche nach dem photographischen Prozeß
auf der Platte vorgenommen worden sind. Das dabei
eingeschlagene Verfahren giebt der Heliogravure, wie sie
uns in diesem Werke vorliegt, eine gewisse, nicht ange-
nehme Verwandtschast mit der Schabmanier. Die De-
tails sind mit großer Feinheit wiedergegeben, Halbschatten,
sanste, gebrochene Töne zart herausgebracht, aber das
rechte Licht fthlt ebenso wie das rechte Dunkel, in dem
auch in der tiefsten Tiefe noch nicht alles Leben erstorben ist.

Hiernach können wir auch in dieser glänzenden
Leistung nur wieder einen neuen, achtungswerthen Ver-
such, aber noch keineswegs die von den photographischen
Vervielfältigungsarten angestrebte Lösung des Problems
erblicken: es den altbewährten graphischen Künsten gleich-
zuthun. ü.

Ncise-Aufnahmen aus Lippoldsberg, Höxter und Wimpsen

i. Th. von Schülern des Polytechnikums zu Han-

nover nnter Leitung des Baurath L. W. Hase.

Hannover, Verlag von Cohen und Risch. Fol.

21 Blatt Autographien'mit Text.

Die vorliegende Publikation gehört zu den dankens-
werthen Bestrebungen der hannoverschen Architekturschule,
mit dem Studium der heimatlichen Bandenkmale eine
Veröffentlichung derselben zu verbinden, wie das in
Wien und Stuttgart ebenfalls geschieht.

Die Minoritenkirche zu Höxter an der Weser, ein
dem Verfall entgegengehender Bau aus dem Ende des
XIII. Jahrhunderts, also aus bester gothischer Zeit,
welche auf 9 Blättern ausreichend dargestellt ist, bietet
in ihrer einsachen, wohl durchdachten Anlage und der
knappen Strenge des Details ein charakteristisches Bei-
spiel der Kirchen dieses Ordens, „voll minoritischer Ent-
sagung", wie sich Hase in dem begleitenden Text treffend
ausdrückt.

Bekannter, aber bisher nnr ungenügend publicirt,
ist das zweite dargestellte Bauwerk, die Stistskirche zu
Lippoldsberg, eine echt niedersächsische Basilika des
XII. Iahrhunderts und- nahe verwandt den bekannten
Anlagen zu Königslutter, Gandersheim u. s. w. Auch
diese ist mit allen Details wiedergegeben.

Den Schluß bilden vortrefflich dargestellte Details
aus der unvergleichlichen Stiftskirche zu Wimpfen im
Thal. Besonders anziehend sind die Kapitäle des Kreuz-
ganges in der poetischen Fülle des Ornamentes und der
gesnnden Kraft der Darstellung: echte Stücke deutscher
Steinmetzkunst, wie sie an der heimatlichen Flora ihre
Phantafie zu bereichern wußte.

Daß an dem Studium solcher Bauwerke die deutsche
Architektenjugend sich heranbildet und erstarkt, ist gewiß
ein erfreuliches Zeichen, und auch in diesem Sinne
wollen wir das Werk begrüßen. H. Gr.

Or. Chr. Ernst Luthardt, Albrecht Dürer. Zwei Vor-
träge mit Erläuterungen. Mit Dürer's Selbst-
porträt in Holzschnitt. Leipzig 1875, Dörffling
L Franke.

Der Verfasser, ein Laie auf dem Gebiete der Kunst-
wissenschaft, hat mit großem Fleiß die Dürer-Literatur
benutzt und in dem ersten der Vorträge ein lebendiges
Bild von dem Leben des großen Meisters und seinen
persönlichen Verhältnissen, in dem zweiten eine Schil-
 
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