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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0206

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399

Korrespondenz.

400

mentes in die Kathedrale einritte", und doch wäre es
leicht, Präcedenz-Fälle für die Zulassung von Pferden
in geweihte Rämne beizubringen. Als ein Beispiel
dieser Art läßt sich das'große monumentale Fresco des
englischen Generals Sir John Hawkwood in Sta.
Maria del Fiore in Florenz anführen.

Der englischen Regierung ist häufig und nicht mit
Unrecht der Vorwurf gemacht worden, daß sie bei Unter-
stützung der Künste knausert. Die Marine bekommt na-
türlich den Löwenantheil von den öffentlichen Einkünsten,
und an den Bau eines einzigen Panzerschifses wird
mehr. Geld verthan, als an die Nationalgalerie während
eines halben Jahrhunderts. Jndessen können die Finanz-
posten, welche im laufenden Jahre für den Kunstunter-
richt und die Erhaltung der Museen und öffentli-
chen Sammlungen ausgeworsen sind, wenn nicht freigebig,
so doch wenigstens nicht dürftig genannt werden. Es sind

folgende:

8oi6N66 unä Imt I>6p>urtm6nt . . L 297,673

Uritmll Nu86nin.„ 108,947

Hntionul dnllsr^.„ 6,898

üssutionul Uortruit Omllor^ . . . „ 2,000

HationLl dullor^ §co.: 8oot1unä . „ 2,100

Uutionul dullvr^: Irolunä . . . „ 2,339

Ho^ul Irisll . . . . „ 2,481

L 422,438

Die Eröffnung der Nebenzimmer der National-
galerie ist noch hinausgeschoben. Das stattliche Ver-
mächtniß des verstorbenen Mr. Wynn Ellis hat dem Di-
rektor viel Arbeit und Verantwortlichkeit aufgeladen.
Mehr als 400 Gemälve waren der Galerie überwiesen;
aber da manche darunter sich als Fälschungen erweisen
und andere nur geringen Kunstwerth haben, hat die
Prozedur der Auswahl oder der Sonderung des Weizens
von ver Spreu die letztvergangenen Wochen ganz in An-
spruch genommen. Etwa 120 Gemälde sind bis jetzt als
ihrem Werthe nach zulässig erachtet worden, zu denen
ohne Zweifel noch eine weitere Anzahl hinzukommen wird.

Die Mitglieder der englischen Akademie bringen
es, wie bei anderen Nationen, wenn sie zu Ehren und
Würden gelangt sind, in Ruhe zu einem hohen Lebens-
alter. Gleichwohl erscheint ihr Leben wie ihr Genius
im Vergleich mit den großen italienischen Künstlern kurz
bemessen. Michelangelo erreichte das 89. Iahr und
Tizian war, als er von der Pest hingerasft wurde, fast
100 Jahre alt. Doch überschreiten englische Künstler,
namentlich solche, welche nicht durch eine harte Schule
des Schicksals gegangen sind, auch nicht selten die dem
menschlichen Leben durchschnittlich gesetzte Grenze, treiben
ibren Beruf ost bis hart an das Grab nnd sterben so
„im Harnisch". Jn Folgendem geben wir einen Auszug
aus der Zeitschrift „Tllo vcorlä", welcher die Lebens-

alter der hauptsächlichsten englischen Maler zusammen-
stellt; einige Dutzend der Mitglieder der Akademie
haben, scheint es, 70 Jahre gelebt, ohne sich von
ihrer Berufsthätigkeit zurückgezogen zu haben. Sir
Francis Grant ist im 73., Mr. Boxall im 75., Mr.
T. S. Cooper im 73., Mr. S. A. Hart im 70, Mr.

I. P. Knight im 73., Mr. C. Landseer im 77., Mr.

I. F. Lewis im 70., Mr. Redgrave im 72., Mr.
George Richmond im 75., Mr. Sydney Smirke im
78., Mr. Samnel Cousins im 75. nnd Wr. Webster
im 76. Lebensjahre gestorben. Ferner zählt die Aka-
demie außer diesen geachteten Männern noch viele im
7. Decenninm ihres Lebens stehende Mitglieder: Mr.
Cope ist 65, Mr. Cooke 66, Mr. Frost 65, Mr.
Elmore 60, Mr. Ansdell 61, Mr. Herbert 65, Mr.
Poole 65, Mr. W. C. Marshall 63, Mr. Lumb

Stocks 61 und Mr. E. W. Ward 60 Jahre alt.

Longfellow's Theorie: „Die Kunst ist lang und die
Zeit ist stüchtig" ist auf die Akademiker nicht anwendbar,
ihre Kunst ist kurz und ihre Zeit ist lang.

Das South Kensington Museum hat einen be-
deutenden Zuwachs in den Sammlungen des verstorbenen
Rev. Alexander Dyce erhalten, eines Shakespearekenners
und Bruders des verstorbenen Akademiemitgliedes gleichen
Namens. Die Gabe umfaßt außer gedruckten Büchern
und Manuskripten 147 Gemälde und Miniaturen sehr
gemischten Charakters, darunter einige von zweiselhaftem
Rufe. Die Zahl der ferner dazu gehörigen Handzeich-
nungen beläuft sich auf 986, die ebenfalls eine gemischte
Gesellschaft bilden. Eher kann man die Stiche und
Radirungen gelten lassen, die 3249 Nummern zählen.
Einige Ringe und andere Raritäten kommen noch hinzn.
Das ganze Sammelsurinm wird sich insosern in ihm
angemessener Gesellschast befinden, als das South Ken-
sington Museum bezüglich seines Schartekenkrams be-
rüchtigt ist. Die muthmaßliche Absicht dabei ist wohl,
den Schülern vor Augen zu führen, was man in der
Kunst vermeiden muß.

Von den Neuigkeiten des Londoner Büchermarktes
erwähnen wir das lange versprochene Werk des Mr.
Wilson, Leben und Werke des Michelangelo. Dieser
Banb sollte eine Festgabe zu dem im vorigen Jahre
in Florenz gefeierten Jubiläum sein und war aus
dem Wunsche hervorgegangen, „die von Signor Gotti
herausgegebenen unedirten Dokumente in englischer Ueber-
setzung darzubieten." Ein anderes eben erschienenes Werk
besaßt sich mit einem interessanten Gegenstande: „Tllo
urt 8ollool8 ol inoäiL^vul ollri8t6näoin." Der Ver-
fasser ist Mr. Owen, der Herausgeber Prof. Ruskin.
Ferner ist eine englische Uebersetzung der deutschen Lebens-
beschreibung ves Bildhauers Rietschel erschienen, eine
schwache Leistung, die nur wenig Aufmerksamkeit erregen
wird. Endlich sei noch erwähnt, daß Crowe und Caval-
 
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