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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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https://doi.org/10.11588/diglit.5789#0230

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447

Korrespondenz.

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geltend gemacht, der Kopf der Venus entspreche weder
nach Form noch Ausdruck dem Jdeale, das man sich
von ihr entwirst. Einem solchen kommt Feuerbach's
„Melancholie" bedeutend näher. Mochte Mancher auch
an der weiblichen Gestalt, durch welche diese Gemüths-
stimmung dargestellt ist, die Fülle der Formen bekritteln,
deren Konturen trotz ihres tiefen Seelenschmerzes nicht
nothgelitten haben, so konnte es doch nicht fehlen, daß
das edle, schöne Wesen, den linken Arm aus ein Fels-
stück gestützt, mit dem Ausdruck eines trostlosen Trüb-
sinns auf das unter ihr ausgebreitete Meer hinaus-
Llickend, einen ergreifenden Eindrnck machte, wozu die
reiche, schön drapirte Gewandung das Jhrige ebenfalls
beitrug. Aus diese beiden solgte „Jesus am See von
Genezareth" vonProsessor Hoffmann in Darmstadt, em
Bild, dessen würdige Komposition und gediegene tech-
nische Ausführung gebührende Anerkennnng fand. Das
meiste Aufsehen, aber auch den gewaltigsten Rumor in
der Presse, machte Hans Makart's „Kleopatra". Das
Bild ist durch seine Reisen und das Viele, was schon
darüber geschrieben wurde, zu bekannt, als daß noch
etwas Neues darüber gesagt werden könnte. Dafür
verdient aber die Polemik Erwähnung, welche sich von
berufener und unberusener Seite in verschiedenen Tages-
blättern darüber entsponnen hat. Die Kritik wurde
mit einer gewissen Leidenschastlichkeit geführt, die bei
einem anf politischem Felde der äußersten Opposition
angehörigen Journale in völlige Ungerechtigkeit aus-
artete, indem sie an dem Bitde fast kein gntes Haar
lassen wollte. Ruhigere Gegner meinten, das Bild leide
an zwei Hauptgebrechen: die Komposition sei keineswegs
glücklich und die historische Charakterisirung völlig un-
korrekt. Sie tadeln den Mangel eines bestimmten Cha-
ratkers des Bildes, das ohne Kommentar nicht ver-
ständlich und eher dem Genre als der Historie beizu-
zählen sei, zu welcher Gattung aber der Meister es
bestimmt habe. Jn einem Punkte jedoch stimmten Alle
überein, daß die Großartigkeit und Feinheit in Behand-
lung der Farbe von keinem Werke eines Meisters der
Gegenwart übertrosfen werde. Jndessen hat die königl.
Staatsgalerie diese Kleopatra erworben, und zwar um
den mäßigen Preis von 14,000 Gulden, der dadurch
noch vermindert wird, daß das wahrend der Ausstellnng
erhobene Eintrittsgeld, welches sich auf mehr als 2000
Gulden beläuft, in Abzug gebracht werden dars.

Außer diesen Werken war noch ein Chklus von
Bildern kleineren Formats von anerkannten Meistern
ausgestellt, darunter „Herrgottshändler", von Mathias
Schmidt, „Fremdenkirchhof", von Oswald Achenbach,
„Dorsstraße in der Ukräne", von Jozef B randt, „Ma-
rine", von Gude, sowie Einsendungen von v. Hagn-,
W. Diez, Vautier, Eb erle u. A., anf deren nähere
Besprechung einzugehen der Raum nicht gestattet. Jm

gegenwärtigen Augenblick ist „Die Schlacht von Cham-
pignh" ausgestellt, welche Otto Faber du Faur für
die k. Staatsgalerie zu malen beauftragt worden war.
Bekanntlich ist dies die Schlacht, in welcher der relativ
schwachen wücttembergischen Division die Aufgabe zufiel,
dem mehrtägigen Vorstoß des Generals Trochu, mit
überlegener Macht, auf die Cernirungslinie um Paris
ein für allemal ein Ende zu machen. Der Künstler
hat hierzu den Moment gewählt, in welchem Champignh
gestürmt werden soll. Den Vordergrund der Darstellung
bildet ein Plateau mit einem kleinen Gehölz, hinter
welchem das mit Gärten umgebene Dorf sich befindet,
welches die Franzosen, so weit sie konnten, besestigt
hatten. Auf dieser Anhöhe befindet sich im Mittelpunkt
der hier kommandirende Generalmajor von Reitzenstein,
der, vom Pferde gestiegen, den ihn umgebenden Adju-
tanten und Ordonnanzosfizieren Befehle ertheilt. An
ihm vorüber stürmt eine Abtheilung des zweiten Jäger-
bataillons gegen den schon im Rückzug begriffenen Feind,
der wieder über die Marne hinüber nach dem am äu-
ßersten Horizont bemerklichen Paris geworfen werden
soll. Auf der rechten Seite wird der schwer verwundete
~ Oberstlieutenant v. Egloffstein des siebenten Regiments
aus dem Gefecht zurückgebracht, links sieht man den am
Bein verwundeten Reservelieutenant v. Sternensels von
den Jägern. (Diese sämmtlichen Gestalten sind Porträts.)
Ganz im Vordergrunde besinden sich zwei brüderliche
Jünglinge, die Grafen v. Tanbe, welche trotz ihres
zarten Alters dennoch den Krieg hatten mitmachen wollen,
und die hier der Tod ereilte. Der jüngere, ein srei-
williger Jäger, licgt leblos am Boden, den alteren, einen
Fähnrich, trisst die mörderische Kugel in dem Augenblick,
in welchem er sich zu seinem Bruder niederbeugt. Es
ist dies für viejenigen, welche in diesen beiden Gestalten
mehr als blos zwei gesallene Krieger sehen, ein ergrei-
sender Anblick, was bei dem unbefangenen Beschaner
nicht zutrifft, der es sicher interessanter sinden würde,
wenn der Maler jenen Moment dargestellt hätte, in
welchem dem General v. Reitzenstein das Pferd getödtet
wurde nnd dieser das Thier einer Ordonnanz besteigt.
Weiter mag aussallen, daß eigentlich nur den Iägern
ein hervorragender Antheil an dem Gefecht zugewiesen ist,
den übrigen Abtheilungen aber, denen mindestens ebenso
viel, wenn nicht gar mehr Antheil an der Ehre des
Tages zukommt, zn wenig Berücksichtignng zu Theil
wurde. Diesen Tadel trisst die Komposition vom mili-
tärischen Standpunkt; vom ästhetischen aber kann man
ihr das Lob nicht versagen, daß sie einen recht günstigen
Eindruck macht. Der Farbenton des Bildes ist har-
monisch und in gelungenster Weise durchgesührt, wenn-
gleich die allzu kecke Handhabung des Pinsels nicht nach
Iedermanns Geschmack ist; auch finden Manche die Li-
cenz zu weit getrieben, daß der Meisier die Landschaft,
 
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