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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 11.1876

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703

Korrespondenz.

704

Beifall gefunden. Die Permanente Knnstausstellung
brachte es ebenfalls und zog dadurch eine Menge Be-
sucher an. Links im Vordergrunde steht der Meister und
zeigt mit sichtlichem Eifer feine Komposition, auf der
sich eine Königin befindet, die mit ihrem Gefolge auf
eine Kirche zuschreitet, ohne zu ahnen, daß neben ihr
der Todwandelt und vor ihr ein offenes Grab sich befindet.
An dem Tisch, auf welchem Holbein feinen Entwurf
aufstellt, sitzt der König in reicher Kleidnng und hört
init Unheil verkündendem Ausdruck in der Miene dem
Vvrtrag zu. Hinter ihm, anf seine Stuhllehne vor-
gebeugt, steht Anna Boleyn, unheimlich von Anblick und
Erklärung des Gegenstandes berührt, was sich nament-
lich in dem starren Ausvruck ihrer Augen ausgesprochen
fiudet. Etwas feitwärts steht ein hoher Würdenträger
der Kirche, der sich ebenfalls nicht sehr angenehm von
dem Gegenstande berührt fühlt, indem er wohl ahnt,
welchen Einvruck er auf das Gemüth des Königs her-
vorzubringen geeignet ist. Jm Hintergrunde sieht man
einen Kavalier und eine Dame des Hofs, welche sich
über ein im Atelier des Künstlers an der Wand hängen-
des Madonnenbilv harmlos unterhalten, ohne sich um
das, was neben ihnen vorgeht, zu kümmern. Noch ist
hervorzuheben, daß die reiche Gewandung der Haupt-
personen, die Juwelen, das Gold, der Pelzbesatz an
den Kleidern des Königs und ded Königin mit gro-
ßer Meisterschaft gemalt sind. Dabei ist eine glück-
liche Harmonie der Farben gewahrt. Nirgends findet
stch eine Spur des Haschens nach Effekt, der deshalb
doch in hohem Grave erzielt ist. — Mit der „Brand-
schatzung eines Klosters", im Festsaale der Kunstschule
ausgestellt, trat ein junger Mann, Gustav Gaupp in
München, als tüchtigerKünstler vor das hiesige Publikum,
das ihn vor drei Jahren noch als bescheidenen Schüler
der Kunstschule gekannt hat. Damals verließ er Stutt-
gart, um sich unter Meister Piloty in München weiter
auszubilden. Wie sehr ihm dies gelungen, beweist das
große historische Bild, das er geschasfen. Landsknechte
haben ein Kloster überfallen, und man erblickt nun vier
Genossen derselben, ihrer feinen Kleidung nach Anführer
der Bande, in der Halle des Klosters, wo sie tüchtig
gezecht haben. Man ersieht dies aus ihrer Haltung,
ihren gerötheten Gesichtern und dem vergossenen Wein,
der über das Tuch des Tisches herabfließt, an dem sie
sitzen. Einer dieser Stegreifritter deutet energisch auf
ein Blatt Papier, das wohl ein Verzeichniß der vor-
handenen Kostbarkeiten enthält. Neben ihm steht der
Prior mit einigen Brüdern, welche die begehrten Gegen-
stände, bestehend in Kirchengeräthen von Gold und mit
Edelsteinen besetzt, mit trüber Miene herbeigebracht haben.
Der Prior scheint wenigstens ein werthvolles Kruzisix
retten zu wollen, das er in der Hand hält und gegen
dessen Wegnahme er mit ausdrucksvoller Geberde, wie-

wohl vergebens, protestiren will. Um der an und für
sich sehr ernsten Handlung doch auch einigen Humor zu-
zugesellen, hat der Künstler im Hintergrunde des im
Halbdunkel sich hinziehenden Kreuzgewölbes einen wohl-
genährten Bruder Kellermeister angebracht, der über die
gottlose Handlung und den Gedanken, daß in Folge da-
von die reichen Tagesrationen etwas kleiner ausfallen
könnten, entrüstet die Augen verdreht. Komposition wie
Technik bekunden vie bedeutende Begabung des fungen
Künstlers, der nicht nur die handelnden Personen äußerst
charakteristisch gehalten, sondern auch das reiche Detail
der zahlreichen Gegenstände mit so vieler Sorgfalt behandelt
hat, daß sich Historie und Stillleben gewissermaßen auf
dem Bilde vereinigen. Ein noch größerer Eindruck wäre
aber doch erzielt worden, wenn etwas klarer vor Augen
geführt wäre, wie die wenigen brutalen Gesellen so ohne
Widerstand der Klosterknechte Einlaß durch die wohlver-
wahrte Pforte hatten erlangen können. — „Des SLngers
Traum" oder auch „Der Sänger an der Quelle" von
Hans Makart frappirt wie alle Bilver dieses Meisters
die Besncher der Permanenten Ausstellung, wenn-
gleich dieses Werk hinter der Farbenpracht seiner Kleo-
patra zurücksteht und auch die Zeichnung nicht ganz
korrekt genannt werden kann. Nichts desto weniger zog die
Genialität der Komposition mächtig an. Ein schöner
Jüngling ist in einem Hain hart an einer Quelle ein-
geschlafen, nachvem er zuvor noch eines seiner Lieder
voll Liebe und Sehnsucht gesungen. Die begleitende
Mandoline ruht in seinem Schooß, und er träumt wohl
die Worte seines Liedes weiter, das die Nymphen aus
den Tiefen des Wassers gelockt. Die schönste und

üppigste darunter ist hart neben ihm ausgetaucht und
greift mit kecker Hand in die Saiten; um ihn zu er-
wecken oder um ihn zu berühren, mag unentschieden
bleiben. Jm Hintergrunde sind zwei ihrer Mitschwestern
sichtbar, von denen die eine eisersüchtigen Blickes zusieht,
die andere aber selbst noch halb in Schlaf versunken ist.
Der Gegenstand ist interessant genug, um allgemein an-
zuziehen, und man übersieht über der Schönheit der
Carnation und den üppigen Formen der Gestalten willig
die eben angedeuteten Mängel.

Außer viesen größeren historischen Arbeiten stellten
sowohl Permanente Kunstausstellung wie Kunst-
verein in regem Wetteifer eine große Anzahl sehr
schätzenswerther Bilder aus. Jn der Landschaft: von
TH.Schütz, Eugen Hettlch, Coomans, Rviniger, P.Weber,
A. Calame, Boshart, Schelfout, P. F. Peters, H. Herdtle,
Kornbeck, Mousin (Seestück), H. Knorr; im Genre: von
Pixis, F. Schlesinger, F. Siemering, A. Heyn, Ban-
danini, Moreau, Tapiro, Tortelli, Barthelmes, Pietro-
nella Peters; Blumen: von Anna Peters; Viehstücke:
von Volz, L. Braun, Damme, Meißner, Bouvier, Eberle;
Geflügel: von L. Rohde; Porträts: von L. Lapple, L.
 
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