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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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123

Sammlungen

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später als König, sich der Künste im edelsten Sinne fördernd
angenommen hat, dafür haben wir in unseren herrlichen
Münchener Sammlungen die beredtesten Zeugen. Noch
in den Tagen nationaler Erniedrigung hat er der deutschen
Kunst in Münchens Mauern eine Heimstätte geschaffen,
wie sie ihr sonst in deutschen Landen nirgends geboten
wurde; es war ein Band persönlicher Freundschaft, das
den König und seine Künstler einte. Aber auch nicht un-
würdig hat die deutsche Künstlerschaft sich dieser könig-
lichen Gunst erwiesen. Von nah und fern kamen ihre
Jünger nach der bayerischen Hauptstadt gepilgert, um
teilzunehmen an dem frischen Aufblühen einer jungen
nationalen Kunst, deren freier Geistesflug den Norden und
den Süden in heller Begeisterung zusammenführte. Zurück-
kehrend trugen die jungen Meister den Ruhm von Münchens
Kunst hinaus in die deutschen Gaue. So ward die bayerische
Residenz für lange Jahre zur unumstrittenen Führerin für
das heranwachsende künstlerische Deutschland.

Die Erinnerung an diese ersten stolzen Zeiten bahn-
brechender Entfaltung ist im Laufe der weiteren glanzvollen
Entwickelung, welche Bayerns Kunst dank der fürsorgenden
Pflege seiner Fürsten bis herauf in unsere Tage auf allen
Gebieten genommen hat, bescheiden in den Hintergrund
getreten. Manch ehedem hochgefeierter Name ist verblaßt;
das Recht der Lebenden hat das hohe Erbe angetreten.
Doch nicht vergessen sind sie, die einst Münchens Ruhm
als Kunststadt begründet haben. Aufs neue sollen ihre
Namen kräftig aufleben in einer Ausstellung, die im nächsten
Jahre die schlichten Werke ihrer Kunst wieder vereinen
soll als Gedächtnisfeier ihres Wirkens zur Ehre unseres
bayerischen Vaterlandes. Sie sollen uns zeigen, daß sie
trotz aller äußeren Fortschritte, welche die deutsche Kunst
inzwischen in Anlehnung an fremdländische Vorbilder ge-
macht hat, auch heute noch nichts verloren haben an innerer
Kraft; sie sollen uns lehren, daß ihre Kunstweise uns
heute nur deshalb fremd erscheinen will, weil wir nicht
genügend mit ihnen vertraut sind; sie sollen uns wieder
Hochachtung abgewinnen vor dem reinen deutschen Geiste,
aus dem heraus sie durch ihre Meister einst geschaffen
wurden. In neuer Belebung soll vor unseren Augen ein
Gesamtbild der Kunst erstehen, wie sie während der Re-
gierungszeit unserer beiden ersten Könige in Bayern ge-
blüht hat.

Die Aufgabe, die sich die Münchener Künstlergenossen-
schaft gestellt hat, ist, soll sie den Charakter einer würdigen
Jubiläumsveranstaltung tragen, eine äußerst schwierige.
In alle Winde sind die einzelnen Kunstwerke dieser Epoche,
soweit sie nicht in öffentlichen Sammlungen sich befinden,
zerstreut. In den Privatgemächern ihrer jetzigen Eigen-
tümer führen sie, den Blicken der Allgemeinheit entzogen,
ein stilles, verborgenes Leben. Sollen auch sie an ihrem
Teil mithelfen zur geplanten nationalen Feier, dann müssen
ihre Eigner sie wieder der Sonne der Öffentlichkeit zuführen.
Der Dank, der ihnen für ihre Opferfreudigkeit gebührt,
liegt in dem Bewußtsein, zum Gelingen eines schönen
patriotischen Werkes beitragen zu können. So geht denn
an alle diejenigen, die sich des Besitzes eines Kunstwerkes
aus der Zeit von 1800—1850 erfreuen, gleichviel ob es der
Malerei, zeichnenden Kunst oder Plastik angehört, die
herzliche Bitte, das geplante Unternehmen durch die Dar-
leihung dieser Gegenstände auf die Dauer der Ausstellung
im Glaspalast, Juni—Oktoberigoö, unterstützen zu wollen. Um
der vorbereitenden Kommission, die schon längere Zeit
tätig ist, die Arbeit zu erleichtern, ist es wünschenswert,
daß die Anmeldung der einzelnen Ausstellungsobjekte schon
jetzt stattfindet bezw. die allgemeine Erklärung abgegeben
wird, Kunstwerke aus der genannten Epoche darleihen zu
wollen. Es wird Sache der Kommission sein, über die

Bedeutung und Brauchbarkeit der einzelnen Werke zu ent-
scheiden. Auch die Mitteilung von Adressen wird dankend
entgegengenommen. Alle Zuschriften sind an die Geschäfts-
leitung der »Ausstellung bayerischer Kunst 1800—1850«,
München, Künstlerhaus zu richten.

Möge die gegebene Anregung in den Kreisen deutscher
Kunstfreunde recht lebhafte Anerkennung finden und sich
wohlwollender Unterstützung zu erfreuen haben; dann
wird auch München seine Jubiläumsausstellung haben,
würdig seiner hohen künstlerischen Bestrebungen in der
Vergangenheit und seiner Ziele für die Zukunft!

Die Münchener Sezession veranstaltet im Monat
Januar eine Winterausstellung, die aus drei großen Kollek-
tionen von Professor von Habermann, E. J. Becker-Gundahl
und Professor V. Weißhaupt besteht.

Gleichzeitig mit der großen internationalen Kunst-
ausstellung im Jahre 1907 bereitet die Stadt Mannheim
eine Gartenbau-Ausstellung vor.

Für die große Kunstausstellung Dresden 1906 hat
sich die Kommission konstituiert. Es wurden gewählt:
zum Ehrenpräsidenten Oberbürgermeister Beutler, zum
1. Vorsitzenden Professor Kuehl, zum 2. Vorsitzenden
Professor Diez, zum 1. Schriftführer Professor Brecht und
zum 2. Schriftführer Hofrat Professor Kießling.

Perugia. Für das nächste Frühjahr soll hier eine
Ausstellung altumbrischer Kunst eingerichtet werden. Unter
den Herren des Komitees sind der Graf Luciano Valentini,
Professor Francesco Guardabassi, Dr. Romeo Gallenga-
Stuart, Monsignor Faloci-Pulignani und Ingenieur Viviani.
Die Ausstellung soll in dem herrlichen Palazzo pubblico
untergebracht werden.

SAMMLUNGEN

Neuerwerbungen der Münchener Glyptothek.

Die Münchener Glyptothek hat in der letzten Zeit wieder
einige namhafte Werke teils mit eigenen Mitteln erworben,
teils als Leihgabe von dem Bayrischen Museumsverein
erhalten. Der letztere hat in England um 10000 Mark eine
vorzüglich erhaltene und trefflich ausgeführte Knabenstatue
erstanden und der Münchener Sammlung als Leihgabe
überwiesen. Es ist eine Replik der bekannten Narkissos-
oder auch Adonisstatue polykletischer Schule, von der im
ganzen noch andere neunzehn mehr oder minderguterhaltene
Statuen, Torsi oder Köpfe in Wiederholung bekannt sind.
Der knabenhafte Jüngling trägt den Kopf zur linken Schulter
geneigt, die rechte Hand ruht auf dem Rücken, die linke
stützt sich auf einen Pfeiler: harmonische, gefällige Ruhe
ist der Gesamtausdruck. — Ferner ist noch ein von dem
bayrischen Staate für die Glyptothek erworbenes wunder-
volles Grabrelief zu erwähnen. Es stammt aus der besten
Zeit (Ende des 5. Jahrhunderts); ein auf der Wanderschaft
auf einem Felsen ruhender Jüngling ist darauf gebildet; der
neben ihm sitzende Hund blickt ihm in das, leider stark ver-
witterte, Gesicht. — Endlich ist außer der auf der diesjährigen
internationalen Ausstellung angekauften Plastik noch ein
weiblicher Kopf von Adolf Hildebrands Meisterhand in
dem modernen Saale der Glyptothek zur Aufstellung ge-
kommen. M.

Das treffliche Greisenporträt Rembrandts aus dem
Jahre 1646, über das wir in Nr. 1 dieses Jahrganges der
»Zeitschrift für bildende Kunst« näher Auskunft gegeben
haben, ist kürzlich aus englischem Privatbesitz in die
Galerie des Herrn Moritz Kann in Paris übergegangen,
die unter ihren herrlichen Schätzen bereits etwa ein halbes
Dutzend Gemälde von Rembrandt aus dessen bester Zeit
aufzuweisen hatte.
 
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