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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 17.1906

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Boesking, J. C. H.: Die internationale Kunstausstellung in Bremen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5902#0196

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375

Die internationale Kunstausstellung in

Bremen — Nekrologe — Personalien

376

DIE INTERNATIONALE KUNSTAUSSTELLUNO
IN BREMEN

Die diesjährige internationale Ausstellung in Bremen
überbot ihre Vorgängerinnen von den Jahren 1904 und 1902
an Gehalt um ein Wesentliches. Waren schon die früheren
Ausstellungen achtungswerte Veranstaltungen gewesen, so
darf man von dieser sagen, daß sie an Durchschnittsgüte
der einzelnen Objekte und an Reichhaltigkeit den besten
deutschen Kunstausstellungen an die Seite gestellt werden
kann. Daß Bremen sich in wenig Jahren zu einer Kunst-
stadt von Rang entwickelt hat — welcher Künstler von
Namen stellte früher in Bremen aus? — ist ein Verdienst
seines jetzigen Kunsthallendirektors Dr. Oust. Pauli, das
nicht genug hervorgehoben zu werden verdient, besonders
wenn man bedenkt, welcher Block von Philistertum, Un-
verständnis und persönlicher Gegnerschaft Dr. Paulis
erstem Auftreten entgegenstand.

Ein Blick in den Katalog zeigt, welch eine stattliche
Korona hervorragender historischer und moderner Maler
aller Nationen in Bremen beisammen ist. Neben den Fran-
zosen Corot, Dupre, Monet, Mattet (die beiden letzteren mit
vielen und bedeutenden Gemälden vertreten), Sisley,Anglada-
Camarasa sieht man hervorragende Maler englischer Natio-
nalität wie J.Austen Brown, George Sauter, Hazelwood-Shan-
non und andere; neben den Spaniern Zuloaga, Camille
Pissarro, Goya erblickt man die Skandinavier S. P. Kroyer,
Anders Zorn und den Belgier Adrian Joseph Heymans.
Vor allem aber die besten Vertreter deutscher Kunst:
Liebermann ist mit seinen besten Werken vertreten, dar-
unter auch die »Flachsspinnerinnen«, die von der Berliner
Nationalgalerie hergeliehen sind, Thotna fehlt nicht, ein
paar seiner poesievollsten Werke, das »blumige Tal« und
»Frühling« (aus Privatbesitz) repräsentieren den Altmeister
in würdiger Weise. Dann sieht man Ludwig Dettmann,
Hugo von Habermann, Hans Herrmann, Arthur Kampf,
Wilh. Leibi mit dem »Kronenwirt«, der aus Bremer Privat-
besitz freundlichst zur Kerfügung gestellt wurde, ferner
Walther Leistikow mit einer Landschaft großen Formats,
Louis Corinth mit einem rubensartig gemalten »Harem«,
dann die Worpsweder, darunter Vogeler mit einem großen
Monumentalgemälde, monumental allerdings im Vogeler-
schen Sinne verstanden, lauter poesievolle Einzelheiten,
aber das Ganze doch auf eine gewisse Monumentalität
zusammengefaßt. Auch der Bremer Carl Vinnen ist mit
ein paar großen, besonders schönen Landschaften ver-
treten, desgleichen der unvergleichlich sympathische Hans
v. Volkmann, der eine wundervolle Landschaft, »Arnica«,
mit gelben und roten Blüten brachte. Dann nicht zu ver-
gessen Hans Olde, der eine feinsinnige Schneelandschaft
ausstellte, ferner MaxSlevogt mit einer Haremsszene, Wilhelm
Trübner, der geniale Techniker mit zahlreichen Landschaften,
Fritz v. Uhde mit einer »Grablegung« und — last not least
— Heinrich Zügel, von dem wieder eine Reihe vorzüglicher
Tierbilder aus Haide und Moor bewundert werden.

Ebenso reich an Qualität, wenn auch nicht so reich
an Zahl der einzelnen Werke präsentiert sich die Plastik.
Alles andere überstrahlend, ja man kann sagen, die Attraktion
der ganzen Ausstellung bildend, schaut die große weibliche
Figur Artur Volkmanns in ruhiger, abgeklärter, keusch-
strenger Schönheit aus dem grünen Laubwerk ihrer Um-
gebung heraus. Ein Werk voll reifer, zarter Schönheit ist
ferner das »Hockende Mädchen« Hugo Lederers. Von
Carl Seffner sehen wir Porträtbüsten von Klinger und
Beethoven, Willy Zügel bringt wieder eine Reihe seiner
Tierfiguren, auch Rodin sehen wir in einigen kleinen
Bronzen, »die Bürger von Calais«. Ein Werk eines hier
hier noch unbekannten Bildhauers, Ernst Rieh. Otto in

Wildpark bei Berlin, die »ermüdete Wasserträgerin«: eine
mittelgroße Bronze, erregt allgemeines Interesse; es scheint
sich um ein Erfolg versprechendes Talent zu handeln.

Die dritte Abteilung der Ausstellung sind Drucke und
Zeichnungen. Darunter treten Werke von Heinrich Wolff
und Ida Ströver, Alfred Bachmann, fules Cheret und Karl
Langhammer besonders hervor.

Dann gibt es noch eine Abteilung für Japanische
Kunst. Diese Abteilung dient zu einem Teile dem Be-
streben des Ausstellungsleiters, dem Besucher zugleich
einen entwickelungsgeschichtlichen Überblick zu geben, ein
Bestreben, dem das Beisammensein der vielen und guten
Manets, Monets und Renoirs zu verdanken ist. Durch ein
Gegenüberstellen der ersten tastenden und doch so ziel-
bewußten Freilichtversuche der großen französischen Pfad-
finder und der besten Werke der jetzt lebenden Freilicht-
impressionisten ist eines der wichtigsten Stücke der Kunst-
geschichte, das des Freilichtimpressionismus auf einen
Platz gebracht. In der japanischen Ausstellung aber sieht
der aufmerksame Betrachter in mehr als einer Beziehung
einen Schlüssel und eine Erklärung.

Wenn eine gut arrangierte Ausstellung ein Kultur-
dokument ihrer Zeit darstellen soll, so kann man von der
Bremer Ausstellung sagen, daß sie das Lob, ein solches
zu sein, im besten Sinne verdient. j. c. M. BOESKlNG.

NEKROLOGE

Der Landschafter und Marinemaler Professor Fritz
Sturm, ein geborener Rostocker, ist in Berlin im Alter
von 72 Jahren gestorben. Mit ihm ist der letzte aus der
Gruppe jener Berliner Landschafter zu Grabe gegangen,
die ihre Kunst der Schilderung des Meeres widmeten. Wie
in Düsseldorf die Marinemalerei an den Namen von An-
dreas Achenbach anknüpft, so in Berlin an Eduard Hilde-
brand und seinen jüngeren Genossen Hermann Eschke.
Dessen Schüler war der verstorbene Fritz Sturm. Er war
ursprünglich Schiffer gewesen, mußte aber diesen Beruf
wegen Kurzsichtigkeit aufgeben und wurde Stubenmaler.
Als solcher kam er nach Berlin, wo es ihm glückte, im
Jahre 1859 in die Kunstakademie aufgenommen zu werden.
Später arbeitete er noch bei Hans Gude in Karlsruhe und
in Düsseldorf und kehrte im Jahre 1875 dauernd nach
Berlin zurück, wo er bald einer der geschätztesten See- und
Marinemaler wurde. Neben anderen Sammlungen besitzt
auch die Nationalgalerie zwei Marinen dieses Meisters.

In Hanau starb, 76 Jahre alt, der Emailmaler Her-
mann Gollner, der in seinem Fache Bedeutendes ge-
leistet hat.

Am 15. April ist in Cuenca der bekannte spanische
Maler Manuel Dominguez im Alter von 67 Jahren ge-
storben. Seine Ausbildung hatte der Künstler, der in
Madrid geboren war, durch Frederico Madrazo erhalten.
Im Jahre 1865 wurde er römischer Stipendiat. Dominguez
ist hauptsächlich durch seine dekorativen Malereien im
Ministerium für Landwirtschaft in Madrid, in der Basilika
ebendort und im Palais Anglada bekannt geworden. Unter
seinen historischen Gemälden seien »Margarete und Faust«
und »Der Tod des Seneca« genannt. Sein wahrer Lehr-
meister war Tiepolo, mit dem seine Kunst viel Gemein-
sames hat.

Der Marinemaler Hermann Petersen-Angeln ist in

Düsseldorf im Alter von 56 Jahren an einer Lungen-
entzündung gestorben.

PERSONALIEN
Dem Münchener Bildhauer Professor Erwin Kurz
ist nunmehr definitiv die Leitung der früheren Ruemann-
schule an der Akademie übertragen worden.
 
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