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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

DOI Heft:
Heft 21 (1. Augustheft 1901)
DOI Artikel:
Marsop, Paul: Von den Erbfeinden der Bayreuther Kunst: Rückwärts oder Vorwärts?
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0363

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14. Iakrg. 6rs1es Tluguslkefl ,901. Hekl ri.

Von cten Erbkeinäen cler kayreutker Kunst.

kückve'ärls oäer Vorwärls?

.Das ist die Kunst, nne sie jetzt die ganze
zivilisicrte Welt erfüllt! Jhr wirkliches Wesen
ist die Jndustric, ihr moralischer Zmeck der
Gelderwerb, ihr ästhetischesVorgeben Lie Unter-
haltung der Gelangweilten,"

R. Wagner, Ges. Schr. Bd.III.

Sind wir noch Wagnerianer?

Wir? Diejenigen möchte ich mit meiner Frage nicht behelligen,
welche in dem Meister bereits den Mann des „überwundenen Stand-
punktes" sehen und nicht übel Lust zeigen, die „Meistersinger" nnd den
„Parsifal" zum alten Eisen zu werfen. Meine Augen sind nicht scharf
genug, um die Staubwolke zu durchdringen, welche ihr gegen eine ver-
schleierte Ferne hin rasendes Gefährt einhüllt. Vielmehr hab' ich die
ansehnliche Zahl von Künstlern, Liebhabern und Musikanten im Sinne,
die allem Anschein nach Richard Wagner in aufrichtiger, ungeminderter
Verehrung noch zugethan sind, gesammelten Herzcns sich zu ihrer Bay-
reuther Pilgerfahrt anschicken, sich jedoch nichts destowcniger sechs bis
siebcn Monate des Jahres so ziemlich Abend für Abend zu voller
seelischer Befricdigung im Konzertsaal vergnügen. Verträgt sich das
mitcinander? Kann man zugleich Tschaikowski und Wagner dienen?
Vermochte man es, nach s876, sernerhin das musikalische Drama und
die Symphonie ncbst der spmphonischen Dichtung, die am Ende aller
Dinge doch eben auch Jnstrumental-Spmphonie ist, mit gleicher Liebe
zu umfassen? Nichts weniger als rückschrittlich denkende, hochbegabte
Tondichter setzen wiederum ihr Können im Konzertsaal ein, unter-
richtete und scharfsinnige Theoretiker suchen ebendort neuerdings redlich
und eifrig den Fortschritt aufzuspüren und zu fördern — nachdem
Wagner uns iu seinem Festspielhause mit That und Wort nachgewiesen
uud bekräftigt hat, dast fortan die Szene als der eigentliche Entwicklungs-
boden einer kernfesten deutschen musikalischen Kunst geltcn müsse.

Kunstwart

l. Augusthcft jzoz
 
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