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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 14,2.1901

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Heft 22 (2. Augustheft 1901)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7962#0451

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bolismus u.s.w. und vergißt so leicht
darüber, daß sie eigentlich dazu be-
rufen sein könnte, dem Menschen eine
Augenweide zu sein.

Was die Musik dem Ohr, das ist
die Malerei dem Auge."

*Laubenkolonieen undKunst

Bekanntlich war es ein Leipziger Arzt,
Or. Schreber, der durch eine Stiftung
den Grund legte zu einer in sozialer
Hinsicht sehr scgensreichen Einrichtung
— den zunächst nach ihm bcnannten
„Schrebergärten". Der Grundgedanke
hierbei war, Ländereien zur Anlage
kleiner Gürten zu pachten und diese
im Einzelnen dann gegen mäßiges Ent-
gelt an solche Einwohner der Großstadt
für einen bestimmten Zeitraum zu
überlassen, die sich den Luxus eines
eignen Gartens nicht gönnen konnten.
Das Gelände, auf dem die einzelnen
Gärtchen eingerichtet wurden, sollte
gleichzeitig einen gemeinsamen Erho-
lungs- und Sammelplatz für die
Jugend bieten. Die in den engen
Häusern und Straßen der Grotzsladt
zusammengepferchten minder bemittel-
ten Familien sollten nicht nur hinaus
ins Freie geführt, sondern auch zu ge-
sunder Körperthätigkeit in Bebauung
eines eigenen Gärtchens veranlaßt
werden.

Es ist bekannt, daß diese Anregung
Schrebers zunächst in Leipzig immer
mehr Anklang sand, daß sich aber be-
sonders in den letzten Jahren auch
andernorts zahlreiche .Schreber-
vereine^ bildeten. Jn Berlin nament-
lich sind „Laubenkolonieen" in außer-
ordentlicher Ausdehnung entstanden
und von segensreichem Einfluß für die
Aermeren geworden. Jm nächsten
Umkreis der Großstadt, an Orten, die
zuvor wüst und brach dalagen, erheben
sich da in Grün und Blumen gehüllte
Gärtchen mit Laube an Laube, und
namentlich in den Abendstunden, wenn
auch die Männer mithelfen können, voll
fröhlich-fleißigen Getriebes. Geschäftig
fühlt sich jedcr als eigner Herr in seinem l

Gärtchen. Haben wir nicht eben darin
die Seele des Ganzcn zu suchen, darin,
daß vielen Gelegenheit geboten wird,
sich einmal frei, auf eigenem Grund
und Boden zu fühlen, wo sie ganz
nach ihrem Geschmack arbeiten können?
Und ihre Arbeit ist nicht nur gesund,
sie ist ihnen auch im nüchternsten Sinne
nützlich I Ein jeder Garteninhaber zieht
ja nach Möglichkeit das, was er für
seinen Familienhaushalt haben mag.

Aber zu dem gesundheitlichen und
wirtschaftlichen Nutzen kommt noch ein
dritter. Das ist der ethisch-künstlerische.

Jeder schafft nach seinem Geschmack,
sagte ich. Ein Garten, und sei es der
kleinste, spiegelt aber die Eigenart der
Bewohner wieder. Wenn folglich in
all den Gärtchen einer Laubenkolonie
jeder Jnhaber sich als sich selbst geben
kann, so erhalten wir nicht nur sehr
mannichfaltige, sondern auch sehr
interessante kleine Gartenschöpfungen,
eine jede herausgeboren aus dem
Zweck und den Neigungen dessen, der
in ihr lebt.

Kann dieses eben skizzierte Moment
. nicht als ,künstlerisches" angesprochen
werden? Jft nicht auch das in unserm
Sinne Kunst als Ausdruck? Nun
komme ich zu dem, was diese kurzen
Ausführungen heute veranlaßt hat.

Jn dem Juniheft der Zeitschrift
,Die Gartenkunst" steht ein Aufsatz
„Schrebergärten in Breslau". Der
schildert im wesentlichen den „Ent-
wurf zu einer Schrebergärten-Anlage
für Breslau' oon dem dortigen Stadt-
gartendirektor. Der dem Artikel bei-
gedruckte Plan veranschaulicht ein rund

üL großes Gelände, das von der
Stadtverwaltung Breslaus zur An-
lage oon Schrebergärten bestimmt ist.
„Wie aus dem Plan ersichtlich" —
heißt es in dem erläuternden Text —
„liegen in der Mitte dieses Terrains
ein gemeinsamer 8?o gm großer Spiel-
platz mit Bänken, Turngeräten,Papier-
körben u. s. w. ausgestattet, und, durch
eine Schutzhalle mit Laufbrunnen ge-
2. Augustheft
 
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