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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,2.1926

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Heft 7 (Aprilheft)
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Heuss, Theodor: Die großdeutsche Frage
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J. B.: Die Siebenbürger Sachsen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8000#0032

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Nicht nur die deutsche Geschichte ist in dem Kamps nm die Dorherrschast zerschlagen
worden, auch das innere Verhalten der beiden letzten Generationen zur deutschen
Vergangenheit ist gespalten. Das gilt nicht sür die ganze Geschichte, sondern bloß
sür die politische, sür diese aber um so gründlicher. Während es selbstverständlich
blieb, daß Walther von der Bogelweide in die deutsche Literaturgeschichte gehört
so gut wie Grillparzer und Anzengruber, Pacher in die deutsche Kunstgeschichte so gut
wie Fischer von Erlach und Joses Hossmann, so sanken die Wiener Staatsmärmer
langsam aus dem gemeindeutschen Bewußtsein hinweg und wurden vsterreichische
Spezialitäten, diesem Schicksal versiel selbst eine so epochale Erscheinung wie der
Prinz Eugen, von kleineren zn schweigen; die außerordentlichen, ebenso deutsch wje
europäisch angelegten Bemühungen deS ErzhauseS in dem Jahrhunderte währenden
Ringen mit Bourbon, gleichzeitig die deutsche Position an Ober- und Niederrhein
und an der Donan zn halten, treten znrück hinter der Partikulargeschichte des ausstei-
genden Brandenburg-Preußen, die nnn von 16/so an in der Perspektive gesehen wird,
die aus Friedrich II. und BiSmarck hinsührt. Die preußische Entwicklung ist gewlß
interessant, aber die Ausschließlichkeit, die sich ihr zuwendet, würdigt nrcht, was in
Österreich, unter vielsach schwierigeren Voraussetzungen, versucht und erreicht wurde.
Das ig. Jahrhundert, die preußische Legende pflegend, wenn nicht teilweise über-
treibend, hat die österreichische verschüttet — als ob es dort nicht auch große Verwal-
tungsleistung, verdienstvolles Beamtentum, tapsere Soldaten und sruchtbare Kultur-
pflege gegeben hätte. Und der Deutsche kümmerke sich nicht darum, zu erkennen, wie
dnrch das Zerreißen der mitteleuropäischen Geschichte die Lage seiner Volksgenossen
im Habsburger Völkerstaat sich von Grund aus geändert hat. Dieses Nicht-Wissen
ist in den Krieg eingebracht nnd durch den Krieg hindurchgeschleppt worden, mit einer
pslegsamen Steigerung und zugleich sachlichen Vereinsachung der ganzen Problematik,
die dem Nachbarreich anhangte. Niemand sah den Heroismus oder würdigt ihn doch
in tieferem Sinne, mit dem Österreichs beste deutsche Truppen sich verbluteten, als
die Armeen des ReicheS im Westen vordrangen; hier liegen, in weitem Rahmen, gc-
schichtliche Urteile, die der „Auswertung" bedürstig sind.

Man mag solche Bemerkungen sür überflüssig und sür etwaS gewaltsam halten.
Aber vielleicht haben sie doch den Anspruch, einmal überdacht und in ihren Folgerungen
ergrissen zn werden. Es ist Ausgabe der Spezialisten, die Gesetzgebung hüben und
drüben Zug um Zug zu überprüfen, wo ihre Formen unter einen einheitlichen Ge-
sichtspunkt gebracht werden können, wo Sonderdinge ansgeschieden, Gemeinsamcs
ansgenommen werden soll. Das wird eine mitunter schwierige, abcr auch interessante
nnd sicher notwendige Beschästigung sein. Aber sie bleibt Formalismus, wenn sie
nicht von einer geistigen Bestandsausnahme begleitet wird. Diesc wird überflüssig
sein bei der Masse des Arbeitervolkes und der Bauern; bei dencn bringt typische
Lage und ungeknickter Jnstinkt jene Kräfte zum Ausdruck, die das Ilmfassende tragen,
beim Proletarier aktiv, beim Bauern zäh. Aber in der Bildungsschicht, die die Akzente
der bewußten Politik mitzugeben hat, liegen die Dinge schwieriger. Hier müssen Ur-
teile und Vorurteile auSgeräumt sein, damit der Vorrat des gemeinsamen Besitzes an
Geschichte wieder zu einer wirksamen Gegenwart komme. Theodor Heuß

Die Siebenbürger Gachsen

^^ ie Einwanderung der Sachsen nach Siebenbürgen sällt ungefähr in die Mitte
Ides zwölften Iahrhunderts. Über den Vorgang der Einwandernng selbst,
deren Ursachen, das Gebiet, aus dem, und den Weg, auf dem die AuSwandc-
rung, sowie über die rechtlichen Bedingungen, unter denen ihre Ansiedlimg
erfolgte, besitzen wir keine gleichzeitigen schriftlichen Belege. AuS analogen Vor-

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