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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,2.1926

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Heft 12 (Septemberheft)
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Illing, Werner: Gedanken über die Oper
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Werner, Reinhold: Zum künftigen Reichsbühnengesetz
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https://doi.org/10.11588/diglit.8000#0402

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Ebenso wird die Länzerische Pantomime, wie sie Diaghilew pflegt, znmindcst der
Spieloper neue Wege weisen.

Die modernen Musiker, die ihre Kraft an der Opcr versuchen: Schönberg, Stra-
winsky, Krenek, Weill, Milhaud, habcn den Opernsänger auö Pappe und hohem C
für immer verabschiedet. Zum Teil sordern sie zu ihrcr Jnterpretierung jenen über-
spitzten JntellektualismuS, der am Tragischen vorbei ins Groteske zielt. Eine Gegen-
wirkung auf die hemmungslose Stimmungsduselei mit heroischem Beigeschmack, die
unseren Dätern wohlgefiel. Zum andern Teil jedoch nähern sie sich dem mimischen
Oratorium, das ungefähr der Richtung entspricht, die ich gezeichnet habe.

Sehr entschiedcn trennt man wieder die dramatischen Elemente von den lyrischen.
Z. B. läßt man das Rezitativ folgerichtig durch reine rhythmifche Jnstrumente (Schlag-
zeug) vorwärtstreiben.

Die Zeitentwicklung wird den Bruch zwischen literarisch-dramatischer Absicht und
musikalischer Gefühlsbreite, der die Oper zu einem kränkelnden Musenkind machte,
beilen. Das Schicksal des Einzelnen, daö seit Aristoteles die Begrisfe im Drama
bestimmte, beginnt an Wesen zu verlieren. Dagegen gewinnt die Menschengruppe, die
gleichen Entfaltungsbedingungen unterliegt, eine überpersönliche Schicksalsbedeutung,
die willkürliche Wendungen ausschließt. DaS bedeuket für alle Kunst einen Berlust
an dramatischen Spannungen, der bereits in der Dichtung fühlbar wird. Die Bühncn-
werke der Mngsten lassen die dramatischen Zuspitzungen, wie sie die Stücke der
bürgerlichen Emanzipation liebten, vcrmissen. Nicht auS Schwäche, sondern weil
die Gegensätze, die in der künstlerischen Gestaltung zum AuSgleich gebracht werden,
weniger dramatischer als dynamischer Natur sind.

Diese Wandlung wird der Oper sehr zustatten kommen. WaS ihr nie recht gcmäß
war: daö willkürlich Einmalige eines SchicksalsgeschehenS, das Rezitativische, wird
sie ohne Kränkung aufgeben. Dagegen wird sie das Chorische mit dem Tänzeri-
schen verbinden.

Freilich wird dieses Gebilde, reiner und kultnäher, als alleS, waS heute zwischen
Orchestergraben und Kuppelhorizont geschieht, den blassen Namen Oper verlieren.
Der wird eine kunsthistorische Bezeichnung bleiben für ei'ne barbarische Kunstübung,
deren Ursprünge man nicht mehr begreifen wird. Werner Jlling

Aum künsLlgen Reichsbühnengesetz "

^^>^ie Ausgabe von Rauschmitteln wie Bier, SchnapS und Wein macht der Staat
^ I oon seiner Erlaubnis abhängig. Die Erteilung der sogeuannten „Konzessionen"
dazu erfolgt wem'ger nach dem Gesichtspunkt der Bolkswohlfahrt, alg vielmehr
nach dem des Schutzes der vorhandenen Unternehmer. Man verweigert cinem Bier-
ten die Konzession, wenn bereits drei Gastwirte den Bergnügungsstrom ihres Um-
kreiscS bcguem in ihre „Etablissemcnts" einlenken können. Drei könncn bestehen.
Ein Dierter würde daS Risiko vermehren und vielleicht die Pleite eines Berufs-
genossen verursachen.

Es isi bekannt, daß auch das gewerbsmäßige Theaterspielen an „Konzessionen"
gebundcn ist. Wen oder was aber schützt der Staat durch die Aufsicht?

Zunächst will er dcn Schauspieler sicherstellen, indcm er den Schauspielunternchmer
verpflichtet, eine Bürgschafts- oder Sicherheitssumme zu hinterlegen. Aus dieser wer-

' Das Reichsbühnengesetz beschäfligk heute lebhafl (fntccessenten solvohl, als anch Theatecfrennbc.
Seltsamecweise abec wicd bas P c i II z i p dieses gefähclichen GesetzcS nberhangt nicht mel,c
ecöckeck. Um die Oiskussion von Einzelheiten hinweg auf das Enkscheidende zu lenken, bcingen wir
trvtz seinec inhaltlichen Einseitigkeit den folgenden, zugespitztcn Aufsatz, desscu Kccn una höchst
beachtenswert erscheint. K L
 
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