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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,2.1926

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Heft 9 (Juniheft)
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Schumann, Wolfgang: Das Schundkampf-Gesetz
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Schumann, Wolfgang: Sprechsaal: über Buntdrucke und farbige Reproduktionen
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https://doi.org/10.11588/diglit.8000#0205

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zeugnissen des Geistes abzuheben. Jn die Prüfstellen gehören nicht Beamte, sondern
Sachverständige. Und zwar nur und wirkllch Sachverständige: Volksblldner
und Volkserzieher. Daneben Jugendllche und Schrifttllmkundlge. Keine „Jnteres-
senten". Zu ernennen sind dlese von freien Organisationen. Die Organisationen
sind im Geseh zu defini'eren und von den Parteien des ReichstagS anzugeben.' Jn
die erste Prüfstelle gehört eine große Zahl von „Sachverständlgen", mehrere Zehnte.
Damit ein Werk auf die Liste komme, genügt aber das Ja einer Minderheit: etwa
eines halben Dutzends der Sachverstänöigen. Jn den kleineren Oberprüfstellen ent-
scheidet Mehrheit. „Antragberechtigung" gibt es nicht; oder eigentlich für jeden.
Solange nicht die wichtigsten dieser Grundsätze angenommen sind, muß der Gesetz-
cntwurf abgelehnt werden. Die Hosfnung, daß ein besserer zustande komme, ist
freilich gering. Wessen man sich zu gewärtigen hat, zeigk ein kleiner Borfall. Die
deutschen Dolksbildungsorganisationen haben in geordnetem, ernsthaftem Ber-
fahren bereits eine Liste von Schundschriften, ganz im Sinne deS geplanten Gesetzes,
aufgestellt. Der Entwurf der Regierung sah vor, daß diese mit Jnkrafttreten des
GesetzeS von selber als verbindlich gelten solle: ein naheliegender, fast selbstverständ-
licher Borschlag, da eS sich ja nicht vor allem um schwer beurteilbare Einzelfälle
handelt, sondern um das „Massiv" der Schunderzeugung, um jene Massenware und
Warenmasse, über die sich binnen kurzem selbst der Schrifttum-Unkundige unzweifel-
haft klar ist. Eben diese Masse war auf der betresfenden Liste fraglos verzeichnet,
sie wurde auch sachlich so gut wie gar nicht angefochten. Nichtsdestoweniger lehnte
der Reichstagsausschuß die Bestimmung ab und vernichtete dadurch mit einem leicht-
fertigen Federstrich die sorgsame, wohlüberlegte Arbeit sachverständiger Männer und
Frauen, in der viele Jahre von Prüfarbeit steckten, um den ganzen Schundprüfung-
prozeß also noch einmal ins Werk zu setzen, und zwar durch jene unsachlich und
ungeschickt zusammenberufenen Prüfstellen, welche der Entwurf vorsieht. Ein
helleres Licht auf die Hilflosigkeit und Unsachlichkeit, mit der hier eine schwierige
Angelegenheit behandelt wird, konnte gar nicht fallen.

Die Hoffnung, daß ein Anliegen Tausender aus allen Parteien, wie es der
Schundkampf ist, auf gesetzlichem Wege entscheidend gefördert werde, ist zu drei
Vierteln zuschanden geworden. Ja, die Kündigsten unter diesen Tausenden fürch-
ten das Gesetz heute mehr, als daß sie darauf hoffen. Verdoppeln und verdrei-
fachen müssen wir nun die Anstrengungen, in Freiheit zu erwirken, was durch
Gesetz nicht erwirkbar scheint. Sch

Sprechsaal

Über BunLdrucke unb farbige ReprobukLioneu

s ist in den letzten Jahren vielfach üblich geworden, in Ermangelung von besse-
I rem Wandschmuck farbige Reproduktionen nach Gemälden alter Meister an die
Wände zu hängen. Mehrere VerlagSanstalten haben dieser Sitte Rechnung ge-
tragen und teilweise auSgezeichnete Buntdrucke hergestellt. Und in der Tat machen
diese Drucke, mattgolden gerahmt, einen sehr erfreulichen Eindruck — sie beleben
durch ihre Buntheit die Zimmer, bäuerischen Hinterglasmalereien vergleichbar, und
sind mit ihrer lustigen Frische für Landhäuser und ^sagdhütten besonderS geeignet.
Jn der Umgebung einfacher Holzmöbel, bunter Tischdecken aus Bauernleinen und

' Oieser Loeschlag ist enknomiiien einem Aufsatz Willy Genschs, deS Dorsitzenden des Berliner
Ausschuffes zur Bekämpfung der Schmutz- und Schundliteratur: der Aufsatz rvicd von diesem
AuSschuß verbreitet.

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