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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,2.1926

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Heft 8 (Maiheft)
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Spunda, Franz: Ritt über den Taygetos
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Kaphahn, Fritz: Von einer südspanischen Reise
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https://doi.org/10.11588/diglit.8000#0117

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slcherlich viel gutes Wasser gibt, und in das heiße, wasserarme Griechenland
gekommen bin. Für die Schönheik seiner Heimat und fur die liebende Beschäftigung
mit der erlauchten Dergangenheit seines Dolkes hat cr kein Verständnis; sein
höchstes Jdeal ist wie bei allen Balkanisten ein Automobil und eine Fahrt mit
dem Flugzeug, was für den Gipfel irdischer Genüsse gilt.

Trompeterrufe kommen immcr näher. Wir kommen ;um Ererzierplatz von Kala-
mata, wo zwei Kolonnen mit viel klmständlichkeit manövricren. Wir sehen vom
Feldherrnhügcl zu; und als dcr Kommandierende einen Fremden crblickk, zeigt
er mir alle Paradestücke seineö militärischen Drills. Es ist erstaunlich, mit wclcher
Ausdauer die Soldaten trotz dcr Hitze ihre Geländeübungen ausführen. Lam-
prenoö möchte gern noch länger zuschauen, denn nächstes Jahr kommt er auch
zum Militär. Aber ich dränge zum Aufbruch.

Der Straßenstaub legt sich wie cin feiner Regen über alles und brennt in den
Augen. Mit halbem Blick sehe ich im Blinzeln das alte Kastell der Stadt auf
einem niedrigen Fels, der hinter Platanen und Ahornen versteckt ist.

Das ist Kalamata. szn den Straßen hämmern die Schmiede und Böttcher. Die
Sonne senkt sich, die Schenken sind voller Lärm. Kinder in zerrissencn Kitteln,
bunt geflickt, tollen um uns und holen uns in johlender Prozession ein. „Mia pen-
dara!" „ein fünf Lcptastück!" tobt es von allen Seiten. Jeder Fremde gilt hicr
wahrscheinlich für einen Lordos, der irrsinnig viel Geld haben muß, sonst käme
cr nicht hcr. Jch werfe mein Kleingeld nnter die jungen Messcnier und darf nun
unbelästigt weiterziehen. Um die Stadtzisterne herum stehen plaudernde Weiber
in bunken Röcken. Eine bietet mir aus ihrem Krug zu krinken an. Das Wasser
schmcckt nach Spülicht, aber ich trinke dennoch den halben Krug aus. Jch habe kein
Jnteresse an der Stadt und ihren sonstigcn Sehenswürdigkeiten. Nur von dem Ticr
abstcigen und die Glieder strccken! Mein Rückgrat ist wie zerbrochen, die Schenkcl
schmerzcn. Lamprenos führt mich inS Gasthaus Panellinio, wo ich ihm den aus-
bedungenen Preis und cin ausgiebiges Trinkgeld für seine wackere Nanö zahle, die
allerdings nichts fur dcn unbarmherzig harten Holzsattel dafür kann. Etwa zehn
Stunden geritten! Mit knieweichcn Fnßen klettere ich die Treppe empor und
fallc in das verdächtig aussehende Bett.

So fcst wie damals schlief ich noch nie. Wie erschlagcn. Franz Spunda

Von einer südspanischen Reise

^ nter allen Ländern deS abendländischcn Kulturkreises nimmt Spanien dadurch
I eine bcsondere Stellung ein, daß es in historischer Zeit hier nicht nur wie in
allen übrigen zu Mischungen und Berschmelzungen verwandtcr, d. h. indoger-
manischer Völker kam, sondcrn daß zwei verschiedene Rassen aufeinandertrafen:
die indogermanische mit der semitischen (beide frerlich nicht mehr in reinen Auö-
prägungen). Die gewaltige Erpansion dcs Arabertums, die letzte Großleistung der
semitischen Rasse, hat bekanntlich Jtalien (abgesehen von Sizilien) merkwürdig
wenig berührt, sich im Osten an der zusammengefaßten Widerstandskraft von
Byzanz gebrochen und nur im Westen, in Spanien, nach erfolgreichem Einbruch
curopäisches Land überflutek- Dabei war es das Entscheidende, daß nicht wie znr
germanischen Völkerwanderung zwar im höchsten kulturfähige, aber zunächst „bar-
barische", d. h. kulturlose Scharen auftraten, sondern Völker, die unmittelbar vor
der Entfaltung der höchsten Blütc ihrer eigenen Kultur standen. Diese schöpferischcn
Fähigkeitcn, dis die Araber nicht nur auf dem Gebiete der Kunst und Wissenschaft,
sondcrn auch auf dem der Technik und deü Londbaus mitbrachten, als sie zu Beginn
des 9. nachchristlichen Jahrhunderts die Meerenge von Gibraltar überschritten und

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