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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 39,2.1926

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Heft 10 (Juliheft)
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Aus Miguel de Unamunos "Abel Sanchez"
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Scholz, Wilhelm von: Grundsätze für die Fremdwörterverdeutschung
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https://doi.org/10.11588/diglit.8000#0263

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„Dennoch!"

„Was tak ich, daß Gott mich so schnf, so voll Groll, so neidisch und böse? Was fnr
ein schlechtes Blut hat mein Vaker mir vererbt?"

„Mein Sohn . . . mein Sohn . . ."

„Nein, ich glaube nicht an die menschliche Freiheit, und tver nicht an die Freiheit
glaubt, ist nicht srei. Nein, ich bin es nicht. Frei ist nur, wer glaubt, srei zu sein!"
„Sie sind böse, tveil Sie nicht aus Gott vertrauen."

„Jst es denn Sünde, Bater, nicht aus Gott zu vertrauen?"

„Jch meine nur, Jhre böse Leidenschast komme davon her, daß Sie kein Gottver-
trauen haben."

„Jst es böse, Gott nicht zu vertrauen? Ich srage Sie noch einmal."

„Ja, es ist Sünde."

„Dann vertraue ich Gott nicht, weil er mich so geschassen hat, böse und schlecht, wie
er Kain böse gemacht hat. Gott hat nüch ohne Dertrauen erschassen."

„Er hat Sie srei erschassen."

„Ja, srei zum Bösen."

„Und zum Guten!"

„Warum bin ich geboren, Vater?"

„Fragen Sie lieber: wozu Sie geboren wurden . . ."

Grunbsätze sür die Fremdwörterverdeutschung

,^"^en hier solgenden Aussatz schrieb ich im militärischen Dienst. Er ist damals
^ Inicht verössentlicht worden, scheint mir aber auch heute noch dessen wert
zu sein.

Die Sprache ist das sesteste Einigungsmittel eines Volkes; in ihr sind all seine
geistigen und seelischen höchsten Güter ausbewahrt, in ihr wird das, was die Väter
geleistet haben, den Kindern weitergegcben: Kunst, Wissenschaft, Leben schassen sich
in ihr den starken bleibenden Ausdruck. Wenn ein unglücklicher Krieg ein Volk
zwingen würde, sein Land zu verlassen und sich in sremden Gegenden ein neues
Daterland zu schaffen, würde die Sprache allein dies Volk auch in anderem
Lande zusammenhalten, so daß es nie aufhören würde, ein einigeS, in sich ge-
schlossenes, von den anderen Völkern unterschiedenes Ganzes zn sein. Die Sprache
ist ein noch viel stärkeres Band als Land und Staat.

Bci dieser hohen Bedeutung der Sprache ist es selbstverständlich, daß ihre Reini-
gung, Reinhaltung und Krästigung, ihre Absonderung von jedem gleichmachenden
allgemeinen Sprachgemisch eine Stärkung deS Volksgeistes, seiner Eigentüm-
lichkeit, seines Daseinsgesühls ist, in denen die Wurzeln seines selbständigen LebenS
liegen.

Die Ausgabe, Hüter und Weiterbildner der Sprache zu sein, sällt vor allem den
Dichtern zu. Dichtergeister haben die deutsche Sprache so geschassen in jahrhunderte-
langer Arbeit, wie wir sie heute sprechen: ich nenne nur Luther, Lessing, Goethe.
Die heutigen Dichter setzen diese Arbeit sort, indem sie das Werkzeug und den
Ausdruck ihreS Schasfens, der zugleich der Ausdruck des Zeit- und Volksgeistes ist,
immer klarer, schöner, selbständiger und deutscher zu gestalten suchen. Das ist ein
Vorgang, der sich ohne Machtwort nach seinem eigenen Gesetze vollzieht, der
keineswegö etwa an eine nationale Gesinnung gebunden ist. Es ist in dieser Be-
ziehung lehrreich, einmal die Zahl der Fremdworte in den Dichterwerken deS
XVIII. Jahrhunderts mit der in den heutigen zu vergleichen. Eine gewaltige
schöpserische, die Sprache auS ihrem eigenen Urgrund bereichernde Arbeit ist in
dieser Zeit geleistct worden. Eine Unzahl von Fremdworten, die etwa noch dem
 
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