(sie hieß früher Nidaros) — an den Fford gelagert/ ließ die Stadk hinter mir und
slicg auf einen großgewölbten, einsamen, brannen Berg. Es ftürmte wild. DaS
düftere Land umher lag wohl ebenso vor Olaf Tryggvi'ssons Blicken, wenn er
etwa über den Fjord nach Schiffen fchante. Jch atmete Sturm und Einsamkeit tief
ein. Man sah weit: Südlich bis zum Snehaetka und den Troldheimbergen, öftlich
ragen die Berge von Schweden auf. Der Ozean im Weften war verhüllt und'
nur im Stnrm erahnbar.
Wir reiften sehr bald nach Molde weiter, mit Zug, Anto, Schiff und wieder
2luto durch hohe Berge, an tiefen Tälern hin, einen ganzen Tag lang. Das un-
geheuer ftarke Blau eines herrfcherlichen und abgefchliffenen Riesenkegels, der sich
vor das Tal fchob, ftehk deutlich im Gedächtnis, öeutlich anch die Buddhagebärde,
mit der die gewaltig ruhenden Felsen von Sundalen Wolken um sich sammelten.
Es fchien, als hüllten sich myftifche, fchweigende Götter in ihren sichtbaren
Atem ein.
Molde blüht und grünk üppiger, als der Breitengrad, auf dem es liegt, an sich ge-
ftattet. Aber ein Höhenzug fchützt ihm den Rücken. Weit entfernt, vom breiten Fjord
getrennt, reiht sich dort Gipfel an Gipfel von tausend Meter Eeftalt. Es regnete
viel. Jedermann trug Wachstuchmäntel und Gummifchuhe. Viclleicht regnet es
immer.
Es regnete auch an dem Tage, an dem wir über den Fjord zum Romödal fuhren.
Und doch war es fchön. Weich, wie mit chinesifcher Tufche auf Seide gemalt,
hüllten sich Berge in grane Regenfchauer und enthüllten sich wieder und ftanden
mik verlöfchenden Rändern vor graucm Gewölk. Aber unerbittlich gewaltsam ragte
die Gruppe vom Nomsdalhorn am Abend über unsere Köpfe. Der Zug trug
unS hinein in das fchmale Tal. Die Dämmerung machte die Felswände noch
malmender. Sie zcrpressen nichtachtenö das Selbftbewußtsein der Menfchen.
Wir übernachteten in Dombaas, zwifchen niederen Bergen, und fuhren am nächften
Tage bis Chriftiania-Oslo. Flüsse und Berge, Seen und Gehöfte glitten unab-
lässig vorbei. Die norwegifchen Bauernhäuser sind faft noch fchöner als die jemt-
ländifchen: sie sind ähnlich gebaut und von der gleichen Einfalt und naturhaften
Sicherheil wie die fchwedifchen. Aber sie sind dunkelbraun ftatt grau und haben
Dächer von grasbewachsener Erde. Sogar kleine Birkenbäumchen und Himbeer-
fträucher wachsen auf den fchrägen Dächern. Diese Dächer sind nicht sinnlvs:
Sie sind einc Farbe. Und das Bolk, das unter Felsfchatten und Wintvrfchatteu
faft erftickt, liebt leidenfchaftlich daS gute Grün auf dem braunen Hause.
Jn Oslo herrfchte Gcwühl. Kleine Großftadk. Das übliche Theater, daS übliche
Kaftenschloß, das übliche Muscum, der übliche Schloßpark, die üblichen fteinernen
Straßen. Dennoch war alles sympathifch. 2luch das Gewühl war sympathisch:
Junge Männer und Mädchen, frifch von Gesicht und ftrahlcnd vor Le-
bensluft, fchlenderten fchwatzend auf und ab, eine knappe fchwarze Mütze
auf blondem Haare, eine riesige Seidentroddel wie einen Bogel auf der
Schulter. Sie waren soeben immatrikuliertc Studenten. Jmmatrikulation ift
in Oslo ein großes öffentliches Feft. Vor der Universität, mehr als in
ihr, spielt es sich ab. Das neunfache Hurra fliegt umher, ein Luftspiel im
Theater wird als Feftvorftcllung bezeichnet und von Reden unterbrochen.
Jch sah im kleinen Kasino-Theater die „Fledermaus", eine norwegifche Fleder-
maus, keine wienerifche. Musikalifch arm, ftimmlich sehr gut und mit Naivität
nnd inbrünftiger Hingabe wundervoll blühend und lückenlos und dabei vornehm ge-
spielt. Die Frauen waren sehr fchön.
Es gab noch mancherlei zu sehen: ein ausgegrabenes Wikingerfchiff, von nobler
Geftalt; die uralte bräunliche „Fram", auf der Fridtjof Nansen polwärts fuhr;
9i
slicg auf einen großgewölbten, einsamen, brannen Berg. Es ftürmte wild. DaS
düftere Land umher lag wohl ebenso vor Olaf Tryggvi'ssons Blicken, wenn er
etwa über den Fjord nach Schiffen fchante. Jch atmete Sturm und Einsamkeit tief
ein. Man sah weit: Südlich bis zum Snehaetka und den Troldheimbergen, öftlich
ragen die Berge von Schweden auf. Der Ozean im Weften war verhüllt und'
nur im Stnrm erahnbar.
Wir reiften sehr bald nach Molde weiter, mit Zug, Anto, Schiff und wieder
2luto durch hohe Berge, an tiefen Tälern hin, einen ganzen Tag lang. Das un-
geheuer ftarke Blau eines herrfcherlichen und abgefchliffenen Riesenkegels, der sich
vor das Tal fchob, ftehk deutlich im Gedächtnis, öeutlich anch die Buddhagebärde,
mit der die gewaltig ruhenden Felsen von Sundalen Wolken um sich sammelten.
Es fchien, als hüllten sich myftifche, fchweigende Götter in ihren sichtbaren
Atem ein.
Molde blüht und grünk üppiger, als der Breitengrad, auf dem es liegt, an sich ge-
ftattet. Aber ein Höhenzug fchützt ihm den Rücken. Weit entfernt, vom breiten Fjord
getrennt, reiht sich dort Gipfel an Gipfel von tausend Meter Eeftalt. Es regnete
viel. Jedermann trug Wachstuchmäntel und Gummifchuhe. Viclleicht regnet es
immer.
Es regnete auch an dem Tage, an dem wir über den Fjord zum Romödal fuhren.
Und doch war es fchön. Weich, wie mit chinesifcher Tufche auf Seide gemalt,
hüllten sich Berge in grane Regenfchauer und enthüllten sich wieder und ftanden
mik verlöfchenden Rändern vor graucm Gewölk. Aber unerbittlich gewaltsam ragte
die Gruppe vom Nomsdalhorn am Abend über unsere Köpfe. Der Zug trug
unS hinein in das fchmale Tal. Die Dämmerung machte die Felswände noch
malmender. Sie zcrpressen nichtachtenö das Selbftbewußtsein der Menfchen.
Wir übernachteten in Dombaas, zwifchen niederen Bergen, und fuhren am nächften
Tage bis Chriftiania-Oslo. Flüsse und Berge, Seen und Gehöfte glitten unab-
lässig vorbei. Die norwegifchen Bauernhäuser sind faft noch fchöner als die jemt-
ländifchen: sie sind ähnlich gebaut und von der gleichen Einfalt und naturhaften
Sicherheil wie die fchwedifchen. Aber sie sind dunkelbraun ftatt grau und haben
Dächer von grasbewachsener Erde. Sogar kleine Birkenbäumchen und Himbeer-
fträucher wachsen auf den fchrägen Dächern. Diese Dächer sind nicht sinnlvs:
Sie sind einc Farbe. Und das Bolk, das unter Felsfchatten und Wintvrfchatteu
faft erftickt, liebt leidenfchaftlich daS gute Grün auf dem braunen Hause.
Jn Oslo herrfchte Gcwühl. Kleine Großftadk. Das übliche Theater, daS übliche
Kaftenschloß, das übliche Muscum, der übliche Schloßpark, die üblichen fteinernen
Straßen. Dennoch war alles sympathifch. 2luch das Gewühl war sympathisch:
Junge Männer und Mädchen, frifch von Gesicht und ftrahlcnd vor Le-
bensluft, fchlenderten fchwatzend auf und ab, eine knappe fchwarze Mütze
auf blondem Haare, eine riesige Seidentroddel wie einen Bogel auf der
Schulter. Sie waren soeben immatrikuliertc Studenten. Jmmatrikulation ift
in Oslo ein großes öffentliches Feft. Vor der Universität, mehr als in
ihr, spielt es sich ab. Das neunfache Hurra fliegt umher, ein Luftspiel im
Theater wird als Feftvorftcllung bezeichnet und von Reden unterbrochen.
Jch sah im kleinen Kasino-Theater die „Fledermaus", eine norwegifche Fleder-
maus, keine wienerifche. Musikalifch arm, ftimmlich sehr gut und mit Naivität
nnd inbrünftiger Hingabe wundervoll blühend und lückenlos und dabei vornehm ge-
spielt. Die Frauen waren sehr fchön.
Es gab noch mancherlei zu sehen: ein ausgegrabenes Wikingerfchiff, von nobler
Geftalt; die uralte bräunliche „Fram", auf der Fridtjof Nansen polwärts fuhr;
9i