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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1913)
DOI Artikel:
Krukenberg, Elsbeth: Die Mutter als religiöse Erzieherin
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0114

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Auch in der Welt, das sollten wir unsre Kinder lehren, kann man auf
verschiedene Weise Gott dienen, das ist das Gute und Reine fördern. Der
eine ist Kämpfernatur: mit frohem Vertrauen auf die eigene, ihm ohne Ver»
dienst verliehenen Anlagen und Kräfte, die ihn um so mehr verpflichten,
je reicher sie sind, wird er überall Raum zu schaffen suchen für Wahr-
heit und Wahrhaftigkeit, für Freiheit, die ihm zugleich Selbstgebunden-
heit und Selbstverantwortlichkeit bedeutet, für Gesundung des Volkes,
für Gesund- und Reinwerden unserer Zriebe. Der andre geht still seinen
Weg, scheinbar ohne zu kämpfen. Das liegt ihm nicht. Aber trotzdem
geht er unbeirrt weiter mitten durch Verlockungen hindurch von rechts
und von links. Auch von diesen stillen, allen Kampf ablehnenden
reinen Naturen geht eine Kraft aus. Darum wird ein Mutterauge zu
erkennen suchen müssen, ob sie junge Kämpfer vor sich hat, denen
man Aufgaben stellen muß, Kämpfe auferlegen auch zur Festigung
ihres religiösen Lebens, oder stille Kinder, die als reine Toren, als
Friedfertige, ja selbst als Einfältige, sofern sie sich nicht verlocken lassen,
doch auch selig zu preisen sind. —

Aber in den Müttern selbst gibt es oft Hindernisse, die ihnen die
rechte Wirksamkeit schwer machen.

Sie nehmen sich vielleicht nicht die Zeit, Seelenkunde zu treiben. In
Lile, nur im Vorüberlaufen läßt sich wohl äußerlich dies und jenes
dem Kinde anerziehen, aber für sein Innenleben muß die Mutter sich
Ruhe nehmen, sie muß aber auch in ihrem eigenen Innern Ruhe
gefunden haben.

Zu unklar sieht es, das ist eine zweite Erschwerung, in religiöser Be-
ziehung in mancher Mutter selbst noch aus. Der Einzelne kann sich
für sich vielleicht mit verschwommenen Begriffen in religiösen Dingen für
sein Leben genügen lassen. Das ist lediglich seine Sache. Sobald er aber
ein Wegweiser sein soll für andre, genügt Verschwommenheit, An-
klarheit nicht. Darum muß die Mutter schon um ihrer Kinder willen
sich selbst zu Klarheit und Gewißheit auch in Fragen des Glaubens
hindurchringen, sie darf nicht ängstlich auf halbem Weg stehenbleiben,
sich nicht,auf das verlassen, was andre Leute ihr sagen. Nur was in
ihr selbst Erleben geworden, kann Leben wecken auch in ihrem
Kinde.

Weiterhin muß sie Geduld haben. Nicht zerstören soll sie, wo
es nicht not tut, nicht vorwärts drängen zu Zweifel und Ablehnen über-
kommener Vorstellungen, wo das Kind nicht selbst darnach verlangt.
Daß sogenannte Gottesleugner oft fromme Kinder haben, liegt wohl
mit daran, daß in diesen Kindern religiöses Leben nicht geschont, sondern
zerstört werden sollte, so daß sie nun sehnsuchtsvoll zurückkehren zu denen,
die jedes Zerstören religiöser Form ablehnen. Sie haben vislleicht allzu-
frühes, allzu plumpes Hineinfassen ip ihr Seelenleben derart als Verletzen
ihres Heiligsten, Innerlichsten empfunden, daß sie sich nun ganz und gar
zurückwenden zu jenen, die keinerlei Wandlung, keinerlei Vorwärts-
schreiten zugeben wollen.

Geduld haben, wachsen lassen; aber: zur rechten Zeit Zur Stelle sein.
Das Vertrauen erhalten. Auch andern Frömmigkeitsformen gegenüber
als die eigenen es sind, duldsam bleiben. Es kommt nicht darauf an,
in welcher Form ein Kind sagt: Herr, Herr! Der Mutter Aufgabe

Sv

Kunstwart XXVI, 8
 
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