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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

DOI Heft:
Heft 12 (2. Märzheft 1913)
DOI Artikel:
Schillings, Carl Georg: Gegen das Ausrotten in deutschen Kolonien: zur deutschen Geweihausstellung 1913
DOI Artikel:
Kleibömer, Georg: Kulturwacht für Konstantinopel!
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0486

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steht diesen Dingen zn fern, sie läßt sich nur zu leicht durch die Märchen
beruhigen, die ihnen eine gewisse Händlerpresse auftischt. tzier muß der
deutsche Weidmann eingreifen. Für ihn ist es eine Ehrenpflicht, wie den
Wildbestand des engeren Vaterlandes so auch den des größeren Deutschlands
zu pflegen. An unsere Iäger wende ich mich deshalb heute, an alle sach-
knndigen Besucher der deutschen Geweihausstellung von M3: sie möchten
helfen, eh es zu spät ist. C. G. Schillings

Kutturwacht für KonstanLinopel!

^^-^ei der Beurteilung der Balkanunruhen sollte nicht immer nur nach
^M-Hpolitischen Grnnden gesucht werden. Fnr alle die wirren Er-
eignisse läßt sich auch ein kulturell-ethischer Grund erkennen: Die
siegreich durch die ganze Welt vorschreitende europäisch-christliche Knltur
mußte in ihrem Stammland Europa bislang ein Volk mit fremder Kultur
und Religion dulden, das sie als Fremdkörper empfand und nach dem
Naturgesetz aller lebenden Organismen abzustoßen oder in sich aufzu-
lösen suchte.

In Wahrheit hat auch die Lürkei sich dem europäischen Einfluß
nicht zu entziehen vermocht. Neben den äußern Beweisen ist besonders
bezeichnend der Zug, daß die europäischen Türken in bezug auf Kriegs-
führung stark christlich empfinden im Gegensatz zu ihren asiatischen
Völkerschaften wie auch zu ihren religiösen Vorschriften. Iapan gab uns
ein Beispiel, wie ein Volk mit eigener, nicht mehr entwicklungsfähiger
Kultur sich dem Abendland mit Willen unterwarf. Trotzdem braucht
es längere Zeit, um bei sich auch die feineren Wirkungen unsrer Kultur
reifen zu sehen. Die Türkei aber gehört zu den Ländern, die nur
widerwillig sich dem Vordringen europäischen Wesens fügen. Die Iung-
türken, die nach japanischem Vorbilde vorgehen wollten, scheiterten. Da
nun hier nicht planmäßig gearbeitet wird, so entsteht wie überall nnter
solchen Umständen eine traurige Mischkultur, die schon manchen crnsten
Enropäer zu der Meinung brachte: es sei eine Versündigung an dem
fremden Volke, es mit unsrer Kultur zu „beglücken".

Aer Grund für diese Erscheinung liegt darin, daß wir fast allein
dem Kaufmann die Aufgabe überlassen, unsre Kultur zu verpflanzen.
Der Kaufmann aber — das liegt im Wesen seines Berufes — liefert nur
die Kulturmittel an das zu kultivierende Land, und für ihn gilt dabei
nur das Gesetz von Angebot und Nachfrage. Durch das auf-
gehäufte Material wird ein Volk aber noch nicht kulturell gehoben, wenn
es ihm unberaten gegenübersteht und aufs Geratewohl nach diesem oder
jenem Erzeugnis greift. Wissen wir doch aus unserm eignen Vaterlande,
wieviel ernste, freiwillige Arbeit nötig ist, um selbst den Menschen, die
inmitten unsrer Kultur groß geworden sind, die Augen zu öffnen, daß
fis sehen lernen, was gut und böse, schön und häßlich ist. Wieviel
nötiger ist eine solche Erziehung znr Kultur an einem Platze
wie Konstantinopel! tzier arbeiten keine Missionare wie bei den „wilden"
Völkern, die bei ihrem Streben doch auch immer das Kulturziel im
Auge haben; hier ist allein der Kaufmann der Kulturträger, und von
ihm kann man billigertpeise nicht verlangen, daß er sich nur als Erzieher

j qoq Kunstwart XXVI,
 
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