eines Volkes am meisten empfindet, es ist immer nur eine Minderheit der
Besten und Reinsten. Sie leiden, sie kämpfen, sie mahnen und werden
dafür verkannt, als Schwarzseher gescholten, als Narren verlacht, sie leiden
stellvertretend für die Schuld der andern und retten damit die anderen.
Von ihnen lebt die Masse. Nagaz
as sagen wir den Betrübten zum Troste? Wir rufen ihnen zu:
„Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist
mcht hier, er ist auferstanden." Glaubet doch nicht, daß etwas Gutes
und Wahres je verschwinden könnte aus Gottes Welt. Es muß
sterben, aber nur um sich zu verwandeln und höher zu steigen. Wir
fragen: Wo in aller Welt findet denn ein solches Verschwinden statt?
Schauet hinaus in die Natur. Ist dort Sterben nicht überall ein Neu--
werden? Das Blatt, das welk vom Baume fällt, verwandelt sich wieder
in Pflanzensaft und Blattgrün, der verwitterte Fels wird im Zale zu
fruchtbarem Land. Nichts, gar nichts läßt die große, sorgliche Mutter
alles Lebens umkommen und immer schafft sie höher hinauf. Blicket
aber vor allem in die Geschichte, diese größte Offenbarung Gottes, hinein.
Wo ist hier irgend etwas Großes einfach verloren gegangen? Was uns
am Griechentum als das Herrlichste erscheint, das freie, schöne Men--
schentum, ist es nicht mit enthalten, ja verklärt und erhöht in der
Gotteskindschaft, die mit Iesus der Welt aufleuchtete — haben nicht die
Griechen selbst in ihm die Erfüllung ihres Sehnens begrüßt? Hat
Israels Geschichte nicht im Christentum seine wahre Fortsetzung er--
halten, neigen sich nicht Moses und Elias vor Iesus, dem Vollender von
Gesetz und Propheten? Die gleiche Ordnung kehrt in der Geschichte des
Christentums selbst wieder. Die ersten Iünger erwarteten, daß Iesus
bald wiederkehren werde auf den Wolken des Himmels in Glanz und
Herrlichkeit; diese Hoffnung zerfloß; aber wenn sie nun den Zug Iesu
durch die Iahrtausende schauen könnten und die Herrlichkeiten, die sein
schöpferisches Wort auf dieser Erde ins Dasein gerufen, müßten sie
dann nicht gestehen: „Das ist noch wunderbarer, als wir gehofft hatten."
Nagaz
Vom Heute fürs Morgen
... und verschied
Zum Karfreitag
on jeher haben in der Leidens-
geschichte der Evangelien diese
beiden Worte besonderen Klang:
Er neigte das Haupt und verschied.
Luthers Sprachgefühl hat es der
Musik leicht gemacht, hier ihre Töne
Zu finden. Feierlich klingen die
paar Laute und ganz schlicht. Wo
der Tod an den Menschen heran-
Eritt, hört das Schwätzen auf und
das Wortemachen verliert seinen
2. Märzheft ^27
Sinn. Die Sache spricht. Es ge°
schieht etwas. Die harte Tatsache
drängt sich zwischen Wünsche, Aber-
legungen, Hoffnungen, Gedanken.
Mag man später diese Latsache wie-
der mit noch so viel geistreichen
Nachweisen, verkleiden, daß es so
hätte kommen müssen, daß ein Se-
gen darin lag, daß es besser so
gewesen — sie machen keinen gro-
ßen Eindruck auf mich, diese Ver-
suche des rechthaberischen Denkens.
Denn wäre es anders gekommen,
Besten und Reinsten. Sie leiden, sie kämpfen, sie mahnen und werden
dafür verkannt, als Schwarzseher gescholten, als Narren verlacht, sie leiden
stellvertretend für die Schuld der andern und retten damit die anderen.
Von ihnen lebt die Masse. Nagaz
as sagen wir den Betrübten zum Troste? Wir rufen ihnen zu:
„Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist
mcht hier, er ist auferstanden." Glaubet doch nicht, daß etwas Gutes
und Wahres je verschwinden könnte aus Gottes Welt. Es muß
sterben, aber nur um sich zu verwandeln und höher zu steigen. Wir
fragen: Wo in aller Welt findet denn ein solches Verschwinden statt?
Schauet hinaus in die Natur. Ist dort Sterben nicht überall ein Neu--
werden? Das Blatt, das welk vom Baume fällt, verwandelt sich wieder
in Pflanzensaft und Blattgrün, der verwitterte Fels wird im Zale zu
fruchtbarem Land. Nichts, gar nichts läßt die große, sorgliche Mutter
alles Lebens umkommen und immer schafft sie höher hinauf. Blicket
aber vor allem in die Geschichte, diese größte Offenbarung Gottes, hinein.
Wo ist hier irgend etwas Großes einfach verloren gegangen? Was uns
am Griechentum als das Herrlichste erscheint, das freie, schöne Men--
schentum, ist es nicht mit enthalten, ja verklärt und erhöht in der
Gotteskindschaft, die mit Iesus der Welt aufleuchtete — haben nicht die
Griechen selbst in ihm die Erfüllung ihres Sehnens begrüßt? Hat
Israels Geschichte nicht im Christentum seine wahre Fortsetzung er--
halten, neigen sich nicht Moses und Elias vor Iesus, dem Vollender von
Gesetz und Propheten? Die gleiche Ordnung kehrt in der Geschichte des
Christentums selbst wieder. Die ersten Iünger erwarteten, daß Iesus
bald wiederkehren werde auf den Wolken des Himmels in Glanz und
Herrlichkeit; diese Hoffnung zerfloß; aber wenn sie nun den Zug Iesu
durch die Iahrtausende schauen könnten und die Herrlichkeiten, die sein
schöpferisches Wort auf dieser Erde ins Dasein gerufen, müßten sie
dann nicht gestehen: „Das ist noch wunderbarer, als wir gehofft hatten."
Nagaz
Vom Heute fürs Morgen
... und verschied
Zum Karfreitag
on jeher haben in der Leidens-
geschichte der Evangelien diese
beiden Worte besonderen Klang:
Er neigte das Haupt und verschied.
Luthers Sprachgefühl hat es der
Musik leicht gemacht, hier ihre Töne
Zu finden. Feierlich klingen die
paar Laute und ganz schlicht. Wo
der Tod an den Menschen heran-
Eritt, hört das Schwätzen auf und
das Wortemachen verliert seinen
2. Märzheft ^27
Sinn. Die Sache spricht. Es ge°
schieht etwas. Die harte Tatsache
drängt sich zwischen Wünsche, Aber-
legungen, Hoffnungen, Gedanken.
Mag man später diese Latsache wie-
der mit noch so viel geistreichen
Nachweisen, verkleiden, daß es so
hätte kommen müssen, daß ein Se-
gen darin lag, daß es besser so
gewesen — sie machen keinen gro-
ßen Eindruck auf mich, diese Ver-
suche des rechthaberischen Denkens.
Denn wäre es anders gekommen,