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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 10 (2. Februarheft 1913)
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Rath, Willy: Zirkusdramatik
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Breithaupt, Rudolf Maria: Zum Verständnis und Vortrag von Mendelsohns Klavierwerken
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0294

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kürzt und um eine ordentliche Schaubühne bereichert) ein richtiges Volks-
theater vorstellen kann, so ist das aus Gründen der Finanzierung im
Interesse der Volksbühne gewiß zu begrüßen. Ein Zirkus der Fünf--
tausend, der ein Theater der Dreitausend in sich hat und etwa im Sommer
Zirkus, im Winter Theater ist: das wäre eine gute Lösung. Im übrigen
aber hat das volkstümliche Schauspielhaus, auch das große, solang es
halt Heim des Wortdramas sein will und soll, nichts zu schaffen mit der
Arena für zirzensische Schaustücke. In unsrer Zeit, da man kaum gslernt
hat, feinfühlig zwischen den Raumbedürfnissen der großen Oper oder Lra--
gödie einerseits und des Singspiels oder „Kammerspiels" anderseits zu
unterscheiden, bedeutet die Vermischung von Zirkus- und Theaterstil schlech-
terdings einen Rückfall in überwundene Barbarei. Willh Rath

Zurn Verständnis und Vortrag von Mendelssohns

Klavierwerken*

^W^^itten in das romantische Lhaos und dem virtuosischen Iahr-
/ 1 marktstrubel entgegen stellt sich, wie ein rocber äe brouee, der
^^^formvollendete Felix Mendelssohn-Bartholdh, dessen uni-
verselle Bildung und umfassende Geistesanlagen die denkbar günstigsten
Vorbedingungen abgaben für eine Läuterung des modischen Geschmackes
und eine Erhebung der Musik auf ein höheres Niveau. Außer in seiner
schöpferischen Kraft (vergl. besonders die herrlichen „Ouvertüren" roman-
tischen Inhaltes, die „Symphonien", „Oratorien", „Lieder", „Duette",
„Männerchor-Kompositionen", „Quartette", das klassische „Violin-Konzert"
u. a. m.) beruht seine große kultur-historische Bedeutung in seiner reformie-
renden, neu gestaltenden und erzieherischen Wirksamkeit. Seiner auf-
richtigen Verehrung für die großen, tief-sittlichen und künstlerischen Werke
der klassischen Meister (Mozart, Beethoven, auch Schnbert) verdanken wir
es, daß die Verflachung des musikalischen Geistes durch die virtuosischen
„Diaboli" vorgebeugt und den franco-italienischen Operneinflüssen Einhalt
geboten wurde. Die hingebende Pflege der „mumca sacrs", sowie der
praktische Hinweis auf die germanischen Geistesschätze, besonders aber die
Wiedererweckung Ioh. Seb. Bachs, ist Mendelssohns größtes Verdienst.

Seine Klaviermusik verrät dieselbe Feinheit des Geistes und Sicher-
heit der Formbeherrschung wie seine übrigen Meisterwerke. Der Stil
weist mancherlei Einflüsse (Hummel, Field u. a.) auf. Am stärksten
ausgeprägt finden wir Webers Art in Mendelssohns Schaffen wieder,
so besonders in den „Rondi" und den virtuosisch-brillanten „Capricci".
Auf Bach fußt seine Meisterschaft der polyphonen Stimmführung, wohin-
gegen die „Lied"-Natur mit derjenigen Schuberts, wenn auch nur entfernt,
verwandi erscheint. In der Eleganz der Spieltechnik kommt er Mozart
nahe. Die „Scherzo"-Art ist jedoch nicht so neu, wie man meistens anzu-
nehmen pflegt. Sie ist schon bei den großen Meistern der französischen
und italienischen Llavecinisten-Schulen (Louperin, Rameau, Scarlatti u. a.)
anzutreffen. Vermutlich haben auch einzelne „Präludien" aus dem
„Wohltemperierten Klavier" von Bach auf die Form der „Capricci"

* Abdruck aus Breithaupts Werk „Die natürliche Klaviertechnik", Ver-
lag L. F. Kahnt Nachf., Leipzig (s. Rundschau dieses tzeftes).

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