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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 9 (1. Februarheft 1913)
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Mangoldt, Karl von: Wohnungsgesetzgebung
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Schumann, Wolfgang: Neue historische Romane
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0213

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Programm klärt die nötigen Forderungen wesentlich und lenkt auf sie
die allgemeine Aufmerksamkeit. Auch gewinnt natürlich dadurch, daß
eine Einigung weiter sachverständiger Kreise auf diese Forderungen be-
reits erzielt ist, die ganze Bewegung einen viel größeren Nachdruck.
Eine weitere planmäßige Aktion, ein Aufruf einer großen Zahl hervor-
ragender Persönlichkeiten und andre Propagandamaßregeln werden
vorbereitet. So darf man wenigstens hoffen, daß wir nun endlich
einen Anfang zu gründlicher Besserung erleben werden. Möchten
alle, die nur irgendwie dazu in der Lage sind, die jetzige Bewegung
durch Teilnahme an der öffentlichen Propaganda, durch Einwirkung
auf Regierungsmitglieder und Abgeordnete oder auf sonst geeignete
Weise nach Kräften unterstützen! Karl von Mangoldt

Neue historische Romane^

s ist ein Kennzeichen unsrer Zeit, die auf so vielen Wegen vor sich
ö selbst flieht, daß mit jeder literarischen Iahresernte die Zahl der histo-
^rischen Bücher zunimmt. Eine gleichzeitig künstlerischs nnd geistige
Bezwingung der Gegenwart wäre nicht mehr und nicht minder als die vor-
nehmste Pflicht der deutschen Dichtung gewesen. Aber die Zeit brachte weder
das Genie noch den Fleiß auf, um zu schaffen, was der Literatur sogleich einen
Ehrenplatz unter den geistigen Mächten gesichert hätte. Nach ein paar
ungenügenden Versuchen, deren ernstester von Wilhelm von Polenz aus-
ging, kam in die Literatur jenes wunderliche Schwanken von Stil zu
Stil, von Exzeß zu Exzeß, von Theorie zu Theorie. Die jüngste Frucht
solcher Haltlosigkeit ist nun der neue historische Roman. Aber es war
voranszusehen, daß hier nicht viel Gutes erblühen konnte. Flucht stärkt
keine Kräfte, und ohne geistige Herrschaft schmelzt niemand das historische
Material in lebendigen Wert um. Wir haben das Beispiel treuer und
grundsicherer Arbeit in Alexis', das der höchsten Dnrchbildnng des Stoffes
in L. F. Meyers Werken. Aber unsre Iüngeren können die Sprache
der Beispiele nicht lesen. Man hat, vielleicht weil die Ruhe des Be-
trachtens abhanden gekommen ist, schon keinen Blick mehr für den Stoff.
Die Hälfte der hier zu besprechenden Werke enthält einen Ausschnitt aus
der Geschichte, der die Mühe nicht wert war. Es ist ja mit geschichtlichen
genau wie mit den Dingen der Gsgenwart. Im modernen Werk genügt
uns nicht ein bißchen Menschlichkeit in Gestalten alltäglicher Fassung,
selbst wenn diese Menschlichkeit echt ist. Wir wollen Tiefgang, Bedeutung
der Gestalten für das Leben, wollen geistige Erlebnisse oder Leidenschaft.

Doppelt wollen wir dies vom historischen Werk. Nicht nur „Milieu",
altertümliche Sprache, beliebige geschichtliche Ereignisse, sondern die tiefere

* Gorm, „Päpstin Iohanna" (Delphin-Verlag, München); Kro-
bath, „Sterben" (Staackmann, Leipzig); Siebert, „Maria Stuart in
Schottland" (R. Piper L Co., München); Schaffner, „Der Bote Gottes"
(S. Fischer, Berlin); Strauß, „Der nackte Mann" (derselbe Verlag);
Havemann, „Perücke und Zopf" (Meyer L Iessen, Berlin); Schulze -
Berghof, „Die Königskerze" (G. K. Sarasin, Leipzig); Lienhard,
„Oberlin" (Greiner L Pfeiffer, Stuttgart); v. Strauß und Torney,
„Iudas" (Fleischel L Co., Berlin); Ertl, „Auf der Wegwacht", dritter
Band der Romantrilogie „Ein Volk an der Arbeit" (Staackmann, Leipzig).

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Kunstwart XXVI, 9
 
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