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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 8 (2. Januarheft 1913)
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Rath, Willy: Vom Mimenparlament und vom Bühnengesetz
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Arbeit auf Halbzeit: und verlängerte Ausbildung?
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0121

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werde und daß sie keinessalls in sbendieser Zeit erbarmunglos auf dis
Gtratze gesetzt werdeu dürseu.

Die audere Frage, die noch nicht befriedigend gelöst ward, wurde hier
vor mehr als zwei Iahren ausführlich behandelt: die Frage, wer die
unaufhörlichen hohen Kosten für die Bühnenkleider der Darstellerin tragen
soll. In dem Entwurf sucht man sich mit einem Kompromiß zu helfen:
„Der Bühnenunternehmer hat dem Mitglied die zur Aufführung eines
Bühnenwerkes erforderlichen Kleidungsstücke zu liefern mit Ausnahme
solcher, die ohne erhebliche Änderung außerhalb der Bühne getragen wer--
den können." Es ist sehr hübsch, daß diese Verpflichtung (außer bei Gast°
spielen) „nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden" kann.
Leider nur hilft sie darin, worauf es ankommt, so gut wie gar nichts.
Gerade die modernen Frauenkleider, die den Darstellerinnen die meisten
Sorgen machen und vielen mittelbar die schwersten Versuchungen bereiten,
können ja schließlich alle unter die „Ausnahme" fallen. Diese bis zum
Nichtssagenden dehnbare Bestimmung muß unbedingt geändert werden.

Auf alle Fälle wird hier hauptsächlich das einsetzen müssen, was den
Bühnenleuten ebenso notwendig und in jeder Hinsicht heilsam ist, wie
anderen Leuten und Ständen auch: Einigkeit in Selbsthilfe. llnd soweit
die Hebung des Bühnenkünstlerstandes den Bühnenunternehmern wirk-
lich übergroße Opfer abfordern sollte, müssen Staat und Städte (das sei
immer wieder betont!) auch über das Paragraphenmachen hinaus Wirk-
sames für die deutsche Schaubühne tun lernen. Willh Nath

Arbeit auf Halbzeit

und verlängerte Ausbildung?

Klagen über die Äberfüllung von Mittelschulen und ülni--
^AIversitäten werden immer lauter. Bald sind es die Franen, die
sich nicht zu den wissenschaftlichen Berufen drängen und den
Männern die Konkurrenz nicht erschweren, bald die unteren Bolks-
schichten, Arbeitersckaft und Kleinbürgertum, die ihre Kinder nicht
höheren Berufen zuführen sollen. Auch gegen das Bürgertum wird
immer wieder der Vorwurs erhoben, es schätze handwerksmäßige Be-
rufe zu gering und lotse selbst schlechtbegabte Söhne unter allerlei
Qualen für Kinder, Eltern und Lehrer durch Gymnasien, Realschulen
und Hochschulen, statt geistig wenig regsame einer technisch-handwerks-
mäßigen Ausbildung zuzusühren. Ebenso wird behauptet, die Kosten
der Ausbildung stünden oft in schreiendem Mißverhältnis zu der
wirtschaftlichen Lage der Eltern und zu dem Berufe selbst, den die
jungen Leute dann notgedrungen ergreifen müssen. Man findet
es unzweckmäßig, wenn Knaben acht Iahre lang rlassische Bildung
aufnehmen, um dann als kleine Post° oder Bahnbeamte unter-
Zukommen, da sie bei dieser Beschäftigung alles mühselig aufgespeicherte,
später nicht weiter verwendete Wissen allmählich vergessen; es sei
ebenso töricht, versichert man uns, wenn Mädchen jahrelang ver-
besserte Schulen, die einen wirklich ernst nehmenden Bildungsgang
ermöglichen, durchlaufen, um dann als Schreibmaschineufräulein oder
als Telephonistin beschäftigt zu werden. Noch viel bedenklicher sei es,
versichert man, wenn Menschen die Hochschule absolvieren, um dann

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