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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1913)
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Arbeit auf Halbzeit: und verlängerte Ausbildung?
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Gnauck-Kühne, Elisabeth: Nochmals "Protestanten und Katholiken"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0124

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zert nicht einzig den Zweck hat, ihn für den Veruf vorzubersiten,
sich auch darein fügen, inr reifen Alter all seine Zeit der Berufsarbeit
zu widmen? Wir sehen gerade einen der größten Vorteile der so
verlängerten und verbesserten Ausbildung des nicht-geistigen Arbsiters
darin, daß er noch schärfer gegen die lange Arbeitszeit ankämpfen
wird, als dies heute schon der Fall ist. Verfolgen wir dis Geschichte
der Arbeiterbewegung, so sehen wir am Anfang den Kamps um
Lohnerhöhung, dann um günstigere Arbeitsbedingungen, erst in dritter
Reihe gewöhnlich der Kampf um Arbeitsverkürzung. Der Mensch
muß bereits eine gewisse Höhe erreicht haben, um das Bedürfnis
nach Muße sehr lebhaft zu empfinden. Auf einer niedrigen Stufe
wird er sich mit einer langen Arbeitszeit abfinden, wenn nur seine
primitivsten physischen Ruhebedürfnisse halbwegs befriedigt sind. Erst
später kommt das Bedürsnis, Zeit nicht nur zum Schlafen und
Essen, sondern zum geistigen Sein zu haben. Der Erwachsene muß
immer mehr das Bewußtsein bekommen, daß seine Persönlichkeit neben
der Berufsarbeit Rechte hat. Gewöhnt man ihn daran, daß seine
jugendliche Ausbildung nicht nur um des späteren Berufes willen
erfolgt, sondern den Menschen in ihm ausbilden soll, so wird es
für den Menschen in sich, auch als Berufsarbeiter geistige Muße
und Weiterbildung fordern. So wird die höhere Ausbildung Antrieb
zur kulturellen Lebensweise auf spöteren Lebensstufen, und verträgt
sich auch mit niederer Berussarbeit. A. S.°N.

Nochmals ^Protestanten und Katholiken"'

as man uns, mit dem Folgenden, von katholischer Seite schreibt,
V Mgeben wir natürlich sehr gern wieder, um damit den Nichtkatho-

liken einen unmittelbaren Einblick in das Denken unsrer katho-
lischen Mitbürger zu ermöglichen. S o bitten wir unsre protestantischen
Leser, es aufzufassen. Die meisten von ihnen werden zum Beispiel im
höchsten Majze erstaunt scin, daß nach katholischer Ansicht im Protestantis-
mus weniger Gefühlsleben walten sollte, ja, daß man dort von
einer „Ausschaltung des Gefühlsmomentes" im Protestantismus sprechen
kann. Mir scheint aber, für so offene Aussprache, die zugleich so weit
entfernt davon ist, beleidigen zu wollen, sollten wir nur dankbar sein.
Wie sollen wir einander sonst kennen lernen? Und das wollen wir doch,
den andern aus sich heraus verstehcn. Ans gegenseitig zn überzeugen
oder zn bekehren — derartige Versuche kommen mindestens für die Knnst-
wart-Aussprache ja gewiß nicht in Betracht.

O

Der Kunstwart kann sich nach meiner Meinung kaurn ein größeres Ver-
dienst um unser Vaterland erwerben als durch Vermittlung einer klär-
renden Aussprache zwischen Katholiken nnd Protestan-
t e n. Gerade jetzt sind in mehr als einer Hinsicht neutrale „Kultur-
parlamente" nötig, in denen eine gründliche Anssprache über alle die
Kulturprobleme erfolgen kann, die durch den Streit der Parteien so gründ-
lich verfahren sind, daß man sie kaum auch nur anrühren kann, ohne weite
Kreise nervös zu machen. And doch erfordert unsre Zeit, wenn je eine,
ernsthaftes Besinnen. Die Gefahr, durch die Balkanwirren in einen

^ lOV Kunstwart XXVI, 8
 
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