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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 10 (2. Februarheft 1913)
DOI Artikel:
Walzel, Oskar: Otto Ludwig: ein Wort zum 12. Februar 1913
DOI Artikel:
Rath, Willy: Zirkusdramatik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0289

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einigermaßen getrübt. Und die materialistische Welt, die den man-
nigfachen Wersuchen neuerer Dichtung voranging, war diesem Ge-
fühl noch weniger günstig gewesen. War in der materialistischen Zeit
die Kunst überhaupt in Gefahr, so ist vorläufig die Dichtung uns wohl
wieder zur Kunst geworden, aber das Poetische irrt noch immer ver-
kannt in unserer Welt umher und stößt allenthalben auf Widerspruch
und Unverständnis.

Selbstverständlich behaupte ich nicht, daß ein Wiedererwachen des
Gefühls für echte Poesie Hebbel schaden könne. Auch in Hebbels
Kunst liegen Kräfte, die noch in der Zukunft zu wahrer Würdigung
gelangen werden und müssen. Ludwig indes wird, was ihm jetzt vor-
enthalten ist, von der Zukunft in noch weit größerem Ausmaß ein-
zufordern haben. Diese Zukunft, wie ich mir sie denke, wird vor
allem nach seinen Romanen greifen, die doch das Reifste seiner Kunst
darstellen und in denen seine poetische Kraft am ungebrochensten waltet.

Mit den Schöpfungen des Erzählers Ludwig eröffnet die neue
große kritische Ausgabe seiner Werke eine lange Bändereihe, die
nicht nur Läugstgedrucktes bringen soll, auch die reicheu Schätze un-
veröffentlichter Aufzeichnungen näherrücken möchte. Kundige und wohl-
geschulte Mäuner sind am Werk, den ganzen Ludwig seinem Volke in
würdiger Gestalt wiederzugeben. Autobiographische Mitteilungen Lud-
wigs werden ergänzend hinzukommen. Möge der großen Arbeit,
die da im Dienste des Dichters geleistet werden soll, der schönste
Lohn werden: möge durch sie der Dichter zu neuem Leben im Bewußt-
sein seines Volkes erwachen.* Oskar Walzel

ZirkusdramaLik

>^^einah war es wie ein Wunder und wäre vor wenig Iahren noch
^>W-M>ein wirkliches kleines Wunder des Kunstlebens gewesen: ein Ber-
'^D-^liner Zirkusbesitzer und -Direktor lud ein paar Berliner Kritiker,
richtige Schauspielkritiker (nicht junge Leute für Zirkus- und sonstige
Reportage) zum Besuch seines Anternehmens ein, um ihre Aufmerksam-
keit auf sein neuestes Ausstattungstück zu lenken, das bereits eine Weile
davor, bei der Erstaufführung, die übliche Begeisterung in den „lokalen"
Leilen geerntet hatte! Ausstattungstück heißt es nun, nicht mehr Panto-
mime. Nach einem Manuskript von Hans Heinz Ewers und Marc
Henry hatte Direktor Schumann das Werk unter dem Titel „Der
nnsichtbare Mensch", vier Bilder aus Iudien, für seinen Zirkus, den
ehemaligen „Renz", in Szene gesetzt.

Ganz wundermäßig ist aber die Sache nicht, denn bei näherem Zu-
sehen lassen sich natürliche Gründe erkennen. Mit Max Reinhardts
Mauege-Inszenierungen (eben bei Schumann) vollzog sich etwas, das
schon in Geistern wie Schinkel und Richard Wagner vorspukte: das
Lheater hat sich dem Zirkus genähert. Das könnte den Iirkus erster Klasse

* Bon der kritischen Gesamtausgabe, die von Paul Merker geleitet
wird und bei Georg Müller in München erscheint, liegen bisher vor: Bd. I
„Erzählungen", herausgegeben von Hans Heinrich Borcherdt und Bd. 2
„Die Heiteretei und ihr Widerspiel", herausgegeben von Paul Merker. Geb.
je 8,50 M.

2. Februarheft (9(3 229
 
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