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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 11 (1. Märzheft 1913)
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Hofmann, Walter: Politik der Bücherei
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Corbach, Otto: Marxismus und Sozialismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0378

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feineir und lebenskräftigen Buche zu helfen, — mit der Art von Literatnr,
für deren Mitdaseinsrecht in der öffentlichen Bücherhalle Ladewig in
Schrift und Praxis von jeher eingetreten ist, doch wohl erst recht nicht.
Von der Frage der „Arbeit am Einzelnen" im modernen Volksbibliothek-
betriebe, die im Kunstwart und in neueren Dürerbundveröffentlichungen
ja wiederholt behandelt worden ist, soll hier nicht noch einmal gesprochen
werden, — genug, daß die umfangreiche „Politik der Bücherei" auch hier
nichts weiter als ein paar nichtssagende Randbemerkungen zu geben hat.

Das ist zu befürchten: soweit jene an der Volksbildung beteiligten Laien,
für die Ladewigs Buch so sehr mitbestimmt ist, noch selbst in der alten
selbstsicheren volksbildnerischen Hurrastimmung befangen sind, werden sie
daraus durch seine Ausführungen nicht aufgeschreckt werden. Soweit sie
schon unsicher geworden sind und nach einem Aeuen und Besseren aus-
schauen, werden sie durch die „Politik der Bücherei" enttäuscht und ver-
wirrt werden. Und soweit sis endlich schon das Anhaltbare des bisherigen
Betriebes klar erkannt haben, werden sie durch das neueste Hauptwerk der
deutschen Bibliothekfachliteratur geradezu aufgefordert werden, an der Mög-
lichkeit einer Amgestaltung und Erneuerung dieses Teils des Volksbildungs-
wesens zu verzweifeln und damit die volkstümliche Bücherei überhaupt zu
verwerfen. Alles für den Volksbibliothekar neuerer Richtung genügender
Anlaß, sich nicht mit den positiven Würdigungen in der Fachpresse zu be-
gnügen, sondern auch in einem allgemeinen Kulturorgane auszusprechen, daß
von Ladewigs „Politik der Bücherei" aus kein Schluß auf die tatsächlichen
Iustände, Bestrebungen und Bewegungen auf dem Gebiete der deutschen
volkstümlichen Bibliotheken gezogen werden kann. Walter Hofmann

Marxismus und Sozialismus

Marxismus will mehr sein als eine bloße Wissenschaft, als
^-D^ein Orientierungsprinzip für den Sozialismus; er will der
Sozialismus selber sein. Weckte und unterhielte er nicht wirk-
lich den Glauben an eine Zauberkraft der Worte des „Kapitals":
wie könnts er sich bei der Verteidigung gegen irgendeinen gefähr-
lichen Angreifer so gebärden, als handle es sich zugleich für den So-
zialismus um Sein oder Nichtsein? Ieder Arbeiter sühlt, daß der
moderne Sozialismus etwas Natürliches, Wirkliches, Nnumstößliches
ist; indem man ihn nun glauben macht, das Marxsche Kapital habe
den Sozialismus ganz oder zum Teil hervorgezaubert, geschaffen,
wird er dazu verführt, auch den Marxismus für etwas Natürliches,
Wirkliches, Nnumstößliches zu halten. Der sozialdemokratische Agi-
tator braucht darum nur eine offenkundige Tatsache des sozialen
Lebens mit einem aus Marx' „Kapital" abgeleiteten Satze in Zu-
sammenhang zu bringen: sofort wirkt sein Wort wie ein Abra-
kadabra, ein Beschwörungssprnch, durch den sich in der Vorstellung
des gläubigen Hörers eine Erfahrung in einen marxistischen Begriff
verwandelt, ähnlich wie einem Staatsgläubigen die sinnlichen Ein-
drücke vom Vaterlande und seinem Volke sich in Bestandteile des
abstrakten Begriffes „Staat" verwandeln, also daß er wähnt, wer
den „Staat" schädige oder gar zerstöre, schädige oder zerstöre zu-
gleich Vaterland und Volk. Für den Marxisten wiegt der ihm bei»

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Kunstwart XXVI, ü
 
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