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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 12 (2. Märzheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder und Noten
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0534

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ten alle anständigen Leute, sollten
anch alle anständigen Zeitungen
Front machen. Sie würden sich
damit wirklich ein nationales
Verdienst erwerben." Das stammt
anch aus der Lehrerkorrespondenz,
nnd trifft zu. A

Gefmrmng und Leistung

as ist Leben? Das gewiß nicht,
'was der Gedanke an das leere
Blatt, das man vollschreiben will,
einer lahmen Phantasie abjagt.
Was sind Erlebnisse? Eindrücke,
von denen man nicht weiß, ob man
sie festhalten soll oder nicht, und
denen man 'sich nur überläßt, um
sich einbilden zn können, daß man
noch nicht tot sei, wird niemand
dafür halten. Leben ist der innere

Tigersprung, der Sättigung irgend--
einer Art erstrebt. Ein Erlebnis
ist da, sobald eine Möglichkeit zur
Wirklichkeit geworden ist. Freilich
hat jeder Tagelöhner das Recht,
seine Lochter Lanra oder Elisabeth
taufen zu lassen und sich vorzulügen,
wenn er sie küßt, er küsse die Ge-
liebte Petrarkas, und wenn er sie
ohrfeigt, er ohrfeige eine Königin
von England. So mag denn auch
ein Schriftsteller, der sein Herz so
lange umrührt, bis es Blasen auf-
wirft, diesen hohlen Blasen immer-
hin die höchsten Namen beilegen;
er verarge es der Kritik aber nicht,
wenn sie dem Publikum, ihrer
Pflicht gemäß, zuruft: bei diesem
Wirt ist der gute Wein nur auf
dem Schild zu haben, nicht in der
Gaststube. Aebbel

D'

Unsre BiLder und NoLen

as Bildnis Hebbels, das wir dem Heft einfügen, ist derjenigen
jPhotographie nachgebildet, die Hebbels Witwe (ihr gehörte die Vor-
lage) am liebsten war. Der interessante Brief Hebbels an Iulins
Hammer, der hier zum ersten Male veröffentlicht wird, ist einem Original
nachgebildet, das uns eine Leserin freundlich zur Verfügung gestellt hat.

Von Paul Leschhorn spricht ein kleiner Beitrag der heutigen
Rundschau. Das Blatt „Tauwetter" vor unserm Heft, das einen farbigen
Linoleumschnitt wiedergibt, ist so schön, daß auch den „Kunst sür die
Kunst"-Mann kaum Wesentliches daran stören dürfte: wie einfach ist die
Komposition, wie geschlossen das Bild, wie technisch einwandfrei sind die
Mittel und (was nicht das Leichteste war) wie glücklich ist die Gefahr der
„Süßigkeit" vermieden, die bei diesen Farben lauerte.

Auch das zweite Blatt, die Brücke, ist nach einem Linoleumschnitt an-
gefertigt, und die Technik tritt charakteristisch hervor. Das Abschneiden
beispielsweise bei den Baumkronenrändern, das Anwischen der Drnck-
farbe mit dem Pinsel. Sind solche Schnitte nicht Gaben, wie gemacht
dazu, auch ein größeres Publikum allmählich für die Werte von Original-
kunst aufzuschließen? Welche noch so „farbenprangende" mechanische Ver-
vielfältigung eines Gemäldes könnte sich damit an unmittelbarem ästhe-
tischen Reize vergleichen! Und nun vergleiche man dieses Blatt mit dem
„Tauwetter" und mit dem voriges Iahr von uns wiedergegebenen Lesch-
hornschen Schnitt — jedes ist von Grund aus anders „angefaßt"! Und
das besagt: mit jedem Werk ist ein neues Erlebnis gestaltet.

Ganz anders wieder ist die Radierung, mit der uns Leschhorn
noch einmal in den verschneiten Wald zurückführen mag. Schnee in


Kunstwart XXVI, (2
 
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