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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 9 (1. Februarheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0250

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an die überaus feinen Werke nur
zu erinnern, die wir von ihm
wiedergegeben haben* — hier wird
kein „Auch-Maler", hier wird einer
der besten zum Museumsverwalter
berufen, die in Deutschland pro-
duktiv schaffen. Keiner von den
Einäugigen und am allerwenigsten
einer von denen, welchen der eigne
Ruhm die Hauptsache ist. Stadler
gehört zu den Seltenen, die einem,
wenn man sie ihrer eigenen Schöp-
fungen wegen besucht, nur fremde
zeigen, für fremde interessieren,
zum Eintreten für fremde be-
geistern wollen. Einer der feinst-
sinnigen Kunstkenner von reicher
Bildung, ist er zugleich wirkfreudi-
ger, vornehmer Mensch, dem das
Lrkennen einer gutcn Möglichkeit
zusammenfällt mit dem Willen,
ihre Verwirklichung zu versuchen.
An Schwierigkeiten wird's ihm
gerade deshalb nicht fehlen. Möge
ihm der jetzt willige Geist der
Bureaukratie auch willig bleibenl

Die neuen Kunsthand-
werker

us der Einheit, als die sich
das Kunsthandwerk der frühe-
ren Zeiten darstellt, war in den
Tagen des allgemeinen Formver-
falls, der schwindenden Tradition,
der wirtschaftlichen Umwälzung
und Industrialisieruug etwas Zwitt-
riges geworden, etwas, das —
weder Kunst noch Handwerk war.
Dem Kunstgewerbler, wie er von
den Kunstgewerbeschulcn ausgebildet
wurde, fehlte die Grundlage hand-
werklicher Tüchtigkeit ebenso wie
die Feinheit lebendig künstlerischen
Gefühls. Ohne die erste war die
Zweite ja unmöglich; denn diese
Formen waren eben Handwerks-
formen, aus dem Handwerk ent-

* Vgl. die Bilderbeilagen zu
Kw. XIX, 7 u. XX, sg.

l- Februarheft chsZ

wickelt. Das Gefühl, das Verständ-
nis für die organische Zusammen-
gehörigkeit von Kunst und Hand-
werk, von Idee und Material, von
Form und Technik, wie es in der
Tradition der Werkstatt lebendig
gewesen, war auf der Kunstgewerbe-
schule nicht mehr heimisch. Aus
dem Kunsthandwerker war ein Aka-
demiker geworden. Verblaßte, aus
dem Mutterboden lebendigen Ur-
sprungs gerissne, in der künstle-
rischen Unfruchtbarkeit der Ieit
zu Sinn- und Geschmacklosigkeit
erstarrte Formen in formelhafter,
akademischer Fertigkeit zu wieder-
holen in jeder beliebigen Technik,
als freie Dekoration, das war die
Leistung des Kunstgewerblers. Erst
als die Künstler sich des Kunst-
handwerks annahmen und mit rich-
tigem Instinkt bald herausgefunden
hatten, daß wichtiger als alle
Phantasienfülle die Einfühlung des
künstlerischen Denkens in Material
und Technik, die Immanenz der
dekorativen Ideen und die organi-
sche Begründung der Form war,
und sie sich selbst streng geschult
hatten, konnte man mit solchen
Künstlern als Lehrmeistern daran-
gehen, die Kunstgewerbeschulen zu
reformieren.

Am energischsten nahm Bruno
Paul diese Neformen an der Ber-
liner Kunstgewerbeschule in An-
griff. Und eine Ausstellung von
Schülerarbeiten zeigte uns jetzt,
wie gut das durch Einschränkung
des Schülermaterials möglich ge°
wordene, unmittelbare und lebendi-
gere Verhältnis des Lehrers zum
Schüler, dieser wieder mehr lehr-
werkstattmäßige Unterricht sich be-
währt hat. Nicht ein Formenschatz,
antiker oder moderner, nicht die
Fertigkeit, zu kopieren und zu kom-
binieren oder „frei« zu phantasie-
ren, soll dem Schüler hier bei-
gebracht, sondern das künstlerisch-

s
 
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