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Kunstwart und Kulturwart — 26,2.1913

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Heft 10 (2. Februarheft 1913)
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Vom Heute fürs Morgen
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https://doi.org/10.11588/diglit.14285#0346

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tischen Dingen Sachverständige.
Hätte mein Herr Gegner Recht,
warum beriefen und besragten wir
dann überhaupt welche?

Zum Thema „Sachverständige"
weiteres zu sagen, bleibt späteren
Gelegenheiten vorbehalten.

Die Frau als Wohnurrgs-
infpektorin

s ist auf den sozialpolitischen
Kongressen des vergangenen
Iahres — sei es nun, daß sie sich
mit der Bekämpfung der Luberku-
lose, der Säuglingssterblichkeit, oder
mit der Iugendfnrsorge und der
Hebung der öffentlichen Sittlichkeit
beschäftigten — von maßgebenden
und sachverständigen ANännern
zweierlei allgemein anerkannt wor-
den: daß im Wohnungselend eine
der Hauptursachen aller jener so°
zialen Mißstände zu snchen ist, und
daß die Mitwirkung der Fran
unentbehrlich sei, um die Woh-
nungspflege in wirklich zweck-
mäßiger Weise anszubanen. Ver-
schiedene Bundesstaaten, wie Hessen
und Bayern, haben Wohnungs-
gesetze erlassen; zahlreiche Stadt-
verwaltungen haben Wohnungs-
ämter eingerichtet. Diess durchaus
notwendigen Einrichtungen aber
können nur die bautechnischen Ver-
ordnungen bessern, wie etwa die
Bestimmungen über die Straßen-
flucht, die Höhe nnd Tiefe der
tzäuser, ihr Verhältnis zur Stra-
ßenbreite usw. Solche Verordnun-
gen sind natürlich die notwendige
Basis, auf der sich die Wohnungs-
fürsorge im engeren Sinne auf-
zubauen hat. Rm diese selbst aber
bis in alle Einzelheiten praktisch
durchzuführen, dazu vermögsn vor-
züglich die Frauen zu helfen; denn
es ist dazu notwendig, sachknndigen
Einblick in die Führung des gan-
zen häuslichen Lebens zu gewin-
nen und die Hausfrau und Mutter

bei ihrer eigentlichen Lätigkeit zu
beraten. Es genügt nicht, daß der
bautechnisch vorgebildete Woh-
! nungskontrolleur mit dem Zoll-
! stab in der tzand die Zimmer nach-
mißt, um zu prüfen, ob der vor-
geschriebene Luftraum vorhanden
ist; es muß die Art des Wohnens,
die Verteilung und Benützung der
Räume, es müssen darin vorge-
nommene Beschäftigungen, Lüftung
und Heizung berücksichtigt werden.
Mißstände der Art werden dem
Auge der erfahrenen Frau leichter
auffallen als selbst dem wohlmei-
nendsten Beamten. Arbeitsteilung
zwischen Wann und Frau wird
also in der Wohnungsfürsorge be-
sonders fruchtbar sein. So haben
denn auch bereits einige Gemein-
den, wis zum Beispiel Mannheim
und Lharlottenburg, ehrenamtlich
tätige Wohnungspflegerinnen er-
nannt, die sich durchaus LewährL
haben. Immerhin erfordert dieses
Amt ein so gründliches Wissen
auf den verschiedensten Gebieten,
es stellt so große Anforderungen
an Zeit und Kraft, daß es zweck'-
mäßiger sein dürfte, dem Beispiel
von Worms und Halle a. S. zu
folgen und eine fachlich vorgebil-
dete Frau mit Bsamtenqualität
anzustellen. Diese wird natürlich
eine größere Autorität, eine rei-
chere Erfahrung mitbringen, in
engerer Fühlung mit den Behör-
den stehen, als eine ehrenamtlich
tätige Dame. Der Landkreis
Worms hat zuerst, schon vor vier
Iahren, eins akademisch gebildete
Frau als Wohnungsinspektorin
angestellt. Sie hat in ihrer TL-
tigkeit den Beweis erbracht, wie
vielseitig und umfassend das Amt
sein kann, wenn es in rechter
Weise aufgefaßt und ausgeübt
wird. Sie ist mehr als eine Woh-
nungsinspektorin, sie ist eine häus-
liche Fürsorgerin und Beraterin

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