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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0174

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170

Kapitel 2

sondere Stellung auch im religiösen Bereich verband. Der damit verbundene To-
pos noMz's noMz'or uz'rüzU (oder/f&, wenig), adlig durch Abstammung, aber
mehr noch durch Tugend (Glaube, Gesinnung), sei vom Mittelalter übernommen
worden und bis in die Neuzeit hinein ein Charakteristikum des europäischen
Adels geblieben^. Erst im Zuge der Kirchenreform des 11. Jahrhunderts habe sich
das Bild des Heiligen grundsätzlich gewandelt.
Georg Scheibeireiter wandte sich in seiner Untersuchung über den merowingi-
schen Bischof explizit gegen Kellers Ansicht, daß man erst für das 9. und 10. Jahr-
hundert von Adelsheiligen sprechen könnet Der adlige Bischof, der dem Staat
verhaftet blieb, habe als Leitbild des vorbildlichen Christen auch die merowingi-
schen Viten beherrscht. Bereits der Bischof des 6. Jahrhunderts sei als Adelsheili-
ger zu bezeichnen, auch wenn er nur im gallorömischen Süden, einer anderen
Umwelt, wirkte und eine galloromanische Lebensart zeigte. Neben der Betonung
der Askese sei dabei auch ein anderer Charakterzug hervorzuheben: Der Bischof
verteilte seinen Reichtum.

2.3.9. Adel in anderen
Die Untersuchung der sozialen Verhältnisse in anderen ggzzfgs werfen grundsätz-
lich dieselben Probleme auf wie die Frage nach der Sozialstruktur der Franken. Als
Quellen dienen vor allem die Leges, deren Interpretation mit ähnlichen Schwierig-
keiten behaftet ist wie diejenige der Lex Salica. Unklar ist schon eine entscheiden-
de Prämisse, von der die ältere Forschung gewöhnlich ganz selbstverständlich
ausgegangen war. Da man sich mit „germanischen Stämmen" beschäftigte, schien
die Vergleichbarkeit der Verhältnisse keine fundamentalen Probleme aufzuwerfen.
Unterschiede zwischen einzelnen Stämmen mußten in dieser Perspektive als Mo-
difikationen eines gemeinsamen Urzustandes erscheinen^.
Ausgangspunkt für die Untersuchung der Verhältnisse bei den Baiern ist die
Lex Baiuvariorum. Laut Prolog wurde sie von König Dagobert (623-639) erlassen;
die überlieferte Form stammt allerdings wohl vom Ende der ersten Hälfte des 8.
Jahrhunderts. Die Lex unterscheidet zwischen izher, ^rz'Uz und seruMS. Dem Ge-
schlecht (getuzs) der Agilolfinger wird der erbliche Besitz des Herzogtums zugesi-
chert; daneben kennt die Lex fünf namentlich aufgeführte gczieaUgz'ag (Hosi, Draz-

423 Vgl. HEINZELMANN, Sanctitas.
424 Vgl. SCHEIBELREITER, Bischof, S. 18f.
425 Vgl. etwa H. BRUNNER, Rechtsgeschichte, Bd. 1, S. 150-156.
 
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