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Kapitel 3
den". Diese Güter hätten allmählich „den Charakter eines mit dem Grafschaftsam-
te als solchem verbundenen Amtsgutes" angenommen und seien schließlich in
lehnrechtlichen Formen vergeben worden. Auf lange Sicht habe dies dazu geführt,
daß schließlich die Grafschaften selbst als Lehen verstanden worden sind^A Ge-
wertet wurde diese Entwicklung als Ausdruck der Schwächung königlicher Ge-
walt.
Eine alternative Deutung schlug Heinrich Mitteis vorW Neben der Landleihe
habe es immer schon auch eine „Amtsleihe" gegeben, die als Belehnung mit einem
Recht aufzufassen sei. Die Behandlung des Amtes als Benefizium habe die Beam-
ten zu Vasallen gemacht. Einer „liberalistischen Geschichtsauffassung" warf Mit-
teis vor, diesen Prozeß zu negativ gedeutet und zu viel Gewicht auf die möglichen
Mißbräuche gelegt zu haben. Die durch das Lehnswesen hinzutretende persönli-
che Bindung des Beamten habe im Gegenteil eine Vertiefung und Ethisierung der
Amtsauffassung bedeutet. Erst im Laufe des 10. Jahrhunderts hätten sich
Mißbräuche bemerkbar gemacht, die vielleicht auf „rassische Verfallserscheinun-
gen einer Übergangszeit" zurückzuführen seien. Auch Robert Scheyhing hat nach
einer Untersuchung der Bannleihe die These vertreten, daß das Königtum bewußt
die Ausdehnung der Vasallität auf das höhere Beamtentum gefördert habeW Die
Stufen des Prozesses im Ostfrankenreich genau nachzuvollziehen, ist außerordent-
lich schwer, zumal man nicht von einer geradlinigen Entwicklung ausgehen
kannW Nach Scheyhing ist die Kommendation der Beamten erst seit Ludwig dem
Frommen in lehnrechtlichen Formen vorgenommen wordenW Mitteis meinte, am
Ende der Karolingerzeit seien Grafschaften als Lehen vergeben wordenW Noch
später setzte Heinz Lieberich den Wendepunkt an. Er sah insbesondere in Konrad
II. einen Förderer der Feudalisierung der Reichsverfassung; unter ihm seien „le-
henbare Grafschaften" offenbar keine Seltenheit mehr gewesenW Diesem Urteil
schloß sich Walther Kienast weitgehend anM Seit dem beginnenden 10. Jahrhun-
dert habe der CoRzzhü seine Amtsnatur verloren, sei aber noch nicht unbedingt als
Lehen verstanden worden. Dies basiert natürlich mit auf der umstrittenen Mei-
nung Kienasts, daß die karolingischen Grafen zunächst keine Vasallen gewesen
seien.
167 Vgl. BRUNNER/SCHWERIN, Rechtsgeschichte, S. 227.
168 Vgl. MITTEIS, Lehnrecht, S. 3-6, 199-206.
169 Vgl. SCHEYHING, Eid, S. 63-96. Zur positiven Wertung des Lehnrechts vgl. auch H.K. SCHULZE,
Grundstrukturen, Bd. 1, S. 62.
170 Vgl. nur H.K. SCHULZE, Grundstrukturen, Bd. 1, S. 63.
171 Vgl. SCHEYHING, Eid, S. 49.
172 Vgl. MITTEIS, Lehnrecht, S. 199-206.
173 Vgl. LIEBERICH, Feudalisierung, bes. S. 264f.
174 Vgl. KlENAST, Vasallität, S. 567-571.
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den". Diese Güter hätten allmählich „den Charakter eines mit dem Grafschaftsam-
te als solchem verbundenen Amtsgutes" angenommen und seien schließlich in
lehnrechtlichen Formen vergeben worden. Auf lange Sicht habe dies dazu geführt,
daß schließlich die Grafschaften selbst als Lehen verstanden worden sind^A Ge-
wertet wurde diese Entwicklung als Ausdruck der Schwächung königlicher Ge-
walt.
Eine alternative Deutung schlug Heinrich Mitteis vorW Neben der Landleihe
habe es immer schon auch eine „Amtsleihe" gegeben, die als Belehnung mit einem
Recht aufzufassen sei. Die Behandlung des Amtes als Benefizium habe die Beam-
ten zu Vasallen gemacht. Einer „liberalistischen Geschichtsauffassung" warf Mit-
teis vor, diesen Prozeß zu negativ gedeutet und zu viel Gewicht auf die möglichen
Mißbräuche gelegt zu haben. Die durch das Lehnswesen hinzutretende persönli-
che Bindung des Beamten habe im Gegenteil eine Vertiefung und Ethisierung der
Amtsauffassung bedeutet. Erst im Laufe des 10. Jahrhunderts hätten sich
Mißbräuche bemerkbar gemacht, die vielleicht auf „rassische Verfallserscheinun-
gen einer Übergangszeit" zurückzuführen seien. Auch Robert Scheyhing hat nach
einer Untersuchung der Bannleihe die These vertreten, daß das Königtum bewußt
die Ausdehnung der Vasallität auf das höhere Beamtentum gefördert habeW Die
Stufen des Prozesses im Ostfrankenreich genau nachzuvollziehen, ist außerordent-
lich schwer, zumal man nicht von einer geradlinigen Entwicklung ausgehen
kannW Nach Scheyhing ist die Kommendation der Beamten erst seit Ludwig dem
Frommen in lehnrechtlichen Formen vorgenommen wordenW Mitteis meinte, am
Ende der Karolingerzeit seien Grafschaften als Lehen vergeben wordenW Noch
später setzte Heinz Lieberich den Wendepunkt an. Er sah insbesondere in Konrad
II. einen Förderer der Feudalisierung der Reichsverfassung; unter ihm seien „le-
henbare Grafschaften" offenbar keine Seltenheit mehr gewesenW Diesem Urteil
schloß sich Walther Kienast weitgehend anM Seit dem beginnenden 10. Jahrhun-
dert habe der CoRzzhü seine Amtsnatur verloren, sei aber noch nicht unbedingt als
Lehen verstanden worden. Dies basiert natürlich mit auf der umstrittenen Mei-
nung Kienasts, daß die karolingischen Grafen zunächst keine Vasallen gewesen
seien.
167 Vgl. BRUNNER/SCHWERIN, Rechtsgeschichte, S. 227.
168 Vgl. MITTEIS, Lehnrecht, S. 3-6, 199-206.
169 Vgl. SCHEYHING, Eid, S. 63-96. Zur positiven Wertung des Lehnrechts vgl. auch H.K. SCHULZE,
Grundstrukturen, Bd. 1, S. 62.
170 Vgl. nur H.K. SCHULZE, Grundstrukturen, Bd. 1, S. 63.
171 Vgl. SCHEYHING, Eid, S. 49.
172 Vgl. MITTEIS, Lehnrecht, S. 199-206.
173 Vgl. LIEBERICH, Feudalisierung, bes. S. 264f.
174 Vgl. KlENAST, Vasallität, S. 567-571.