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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0410

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406

Kapitel 9

Insgesamt gesehen haben sich die Ansätze von Köhler und Kaiser nicht durch-
gesetzPA Rolf Sprandel meinte: „Versuche der Forschung, einen Teil der Literatur
als verschlüsselte Selbstinterpretation der ehemals unfreien Ritter in ihrem Streben
nach Aufstieg zu verstehen, sind wohl fehlgeschlagen"^ Zusammenfassend stellt
Werner Paravicini fest, daß neue Modelle und Moden in aller Regel aus den Ober-
schichten kommen^. Peter Moraw verwies auf ein grundsätzliches Problem, das
den Wandel der Vorstellung von Mentalitäten und Denkweisen mittelalterlicher
Menschen in der modernen Forschung widerspiegelt: Man könne weder von einer
Aufstiegsideologie noch vom Versuch der Großen sprechen, den Kleinen ihr Los
schmackhaft zu machen. Für beide Gedankengebäude hätten den Zeitgenossen
ausreichende Analysefähigkeiten und genügendes Verbreitungs- und Aufnahme-
vermögen gefehlt^. Im Zuge der zunehmenden Umorientierung der mediävisti-
schen Adelsforschung wird auch die Problematik einer Prämisse der sozialge-
schichtlich orientierten Literaturwissenschaft erkennbar. Definiert man Adel nicht
mehr primär als Rechtsstand oder als eine Frage der Abstammung, sondern eher
mit dem Verweis auf Mentalität und Lebensform, dann wird deutlich, daß der
Dienstgedanke schon früh zentraler Bestandteil des Adelsideals gewesen ist und
keineswegs auf die Ministerialität beschränkt war. Insbesondere Karl Ferdinand
Werner bezeichnete den Dienst am Gemeinwesen als vornehmste Aufgabe des
Adels seit antiker ZeiPA Wie Dhuodas Manuale zeigt, war der Dienstgedanke
zumindest in der Karolingerzeit bereits Teil des Adelsleitbildes.

9.7. Ministerialität und Stadt
Die Verbindung zwischen Ministerialität und Stadt war bereits im 19. Jahrhundert
Gegenstand der Forschung, auch wenn man keineswegs davon sprechen kann,
daß dieses Thema besonders intensiv behandelt worden wäre. Offenbar als erster
hat Roth von Schreckenstein 1856 auf die Rolle hingewiesen, die Ministerialen in
der Stadt spielten^. Schreckenstein, der selbst aus dem Patriziat stammtet ver-
suchte in seiner Geschichte des Patriziats der deutschen Städte mit dem program-
matischen Untertitel „Beitrag zur Geschichte der deutschen Städte und des deut-
schen Adels", die Gleichrangigkeit der beiden Schichten zu erweisen. Erkennbar

251 Vgl. etwa KEUPP, Dienst, S. 422tf.
252 SPRANDEL, Gesellschaft und Literatur, S. 163.
253 Vgl. PARAVICINI, Kultur, S. 63.
254 Vgl. MORAW, Hoffeste, S. 80.
255 Vgl. K.F. WERNER, Schlußwort, S. 459.
256 ROTH V. SCHRECKENSTEIN, Patriziat, S. 62f.
257 Vgl. Zoiz, Adel in der Stadt, S. 23.
 
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