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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0458

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454

Kapitel 11

henA Reinle hat im Hinblick auf die Verhältnisse in Bayern darauf hingewiesen
daß auch Bürger auf der Ritterbank im Landtag saßen und nicht jeder Adlige dort
vertreten warA

11.2. Die Entstehung der Landesherrschaft

11.2.1. Modelle
Die Bildung der spätmittelalterlichen Landesherrschaft erscheint als ein zentrales
Problem der spätmittelalterlichen Geschichte. Stark schematisierend kann man
drei Modelle unterscheiden.
Das Usurpations- oder Delegationsmodell der älteren Forschung beruht einer-
seits auf der These vom Niedergang der königlichen Zentralgewalt im Spätmittel-
alter und andererseits auf der Trennung zwischen öffentlicher und privater Ge-
walt. Die daraus resultierende Perspektive legte die Vorstellung von einem Absa-
cken der staatlich-öffentlichen Gewalt von der Reichsebene auf die Ebene der
Fürsten und damit der späteren Landesherrschaften nahe; ein angeblich wohl
organisiertes, durch amtsrechtliche Bindungen geprägtes Karolingerreich und ein
nicht weniger wohlgeordnetes, durch das Vordringen des Lehnrechts gekenn-
zeichnetes Stauferreich diente dabei als gedanklicher Ausgangspunkt. Generell
wurden die Auswirkungen der Veränderungen des Lehnrechts dabei als ein zen-
traler Faktor betrachtet. Die zentripetalen Wirkungen konnten sich nicht entfalten,
maßgeblich für die staatliche Entwicklung seien die zentrifugalen Wirkungen
gewesen. Verstanden wurde die Entwicklung entweder als Usurpation oder als
Delegation ursprünglich königlicher Herrschaftsrechte. In dieser Perspektive war
die zentrale Frage, auf welcher Grundlage dieser Vorgang stattfand, welcher Aus-
gangspunkt also für die werdenden Landesherren von ausschlaggebender Bedeu-
tung war. Damit ist man wieder auf die Kontroversen um die Entstehung adliger
Herrschaft im frühen und hohen Mittelalter verwiesen.
Schon im 19. Jahrhundert war diese Frage heftig umstritten. Mehrere Antwor-
ten wurden gegeben; am einflußreichsten waren die grundherrschaftliche Theorie,
die etwa von Karl Lamprecht vertreten wurdeA und die Gerichtshoheitstheorie,

20 Vgl. dazu H. DOPSCH, Probleme, S. 227ff. mit Anm. 112, 114. Vgl. ferner auch ZERNATTO, Zusam-
mensetzung, S. 237f.
21 Vgl. REINLE, Wappengenossen, S. 110.
22 Nach Lamprecht erhoben sich größere Grundherrschaften im Wettbewerb mit vielen anderen klei-
neren zu besonderer Bedeutung und wurden „die Krystallisationskeme fürstlicher Territorien
 
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