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Hechberger, Werner; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter: zur Anatomie eines Forschungsproblems — Mittelalter-Forschungen, Band 17: Ostfildern, 2005

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https://doi.org/10.11588/diglit.34731#0467

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Das Spätmittelalter - Die Ausprägung sozialer und politischer Stände

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11.2.2. Landstände
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, daß die Vorstellungen über Entstehung und
Entwicklung der Landstände vom verwendeten Modell über die Entstehung der
Landesherrschaft abhängen. Generell gilt für dieses Forschungsgebiet, daß die
Lücke zwischen den großen Typologien, wie sie in klassischer Form von Otto
Hintze und in jüngerer Zeit von Wim Blockmans^ formuliert worden sind, und
den Einzeluntersuchungen noch nicht geschlossen worden istA Die Mediävistik
interessiert sich auch in diesem Fall weit mehr für Regionalstudien als für abstrak-
tere Entwürfe, die zwangsläufig mit Verallgemeinerungen arbeiten müssen. So
sind denn auch zusammenfassende Darstellungen eher die Addition von Einzel-
untersuchungenA Das sich daraus ergebende, gravierende Problem liegt auf der
Hand; es ist von Peter Moraw auch auf theoretischer Ebene angesprochen worden:
Unterschiedliche Ansätze und Modellvorstellungen führen dazu, daß die Einzel-
ergebnisse schon aus prinzipiellen Gründen nicht in eine widerspruchsfreie Zu-
sammenfassung integrierbar sindA Das damit aufgeworfene Problem von Konti-
nuitäten und Brüchen in der Entwicklung der Landstände beruht nicht zuletzt auf
einer uneinheitlich verwendeten Terminologie der modernen Forschung. Einigkeit
herrscht immerhin darüber, daß der Adel als erster „Proto-Stand" bezeichnet wer-
den kannA
Die ältere Forschung beschrieb die Entwicklung des Spätmittelalters als Über-
gang vom Lehnstaat zum Ständestaat. Zwangsläufig war damit die Einschätzung
verbunden, daß das Lehnswesen an Bedeutung verloren habe. Generell datierte
man die Anfänge der ständischen Bewegung in die zweite Hälfte des 12. Jahrhun-
derts. Dies beruhte wiederum auf einer rechtshistorischen Sichtweise. Das 1231
erlassene „Reichsweistum" wurde als Gesetz über die Landstände verstanden. Der
Kontext war eindeutig: Angesichts des Verfalls der Zentralgewalt habe der König
versucht, einen „Hemmschuh" in die Verfassung einzubauen, um diese Entwick-
lung gegebenenfalls umkehren zu können. Als klassisch kann die Lehre von Hein-
rich Mitteis gelten: 1231 sei eine Ergänzung zum Statutum z'tz /euerem ^rz'zzcz'przm
erlassen worden, um die Kontrolle der Fürsten „von unten" zu gewährleisten^.
Diese Sicht beruhte auf einer der Betrachtungsweise angemessenen Definition: Das
„neue", aus historischer Perspektive zukunftsträchtige Element wurde hervorge-
hoben und war definitionsbildend. Stände wurden als Vorläufer moderner Reprä-

68 Vgl. HlNTZE, Typologie; BLOCKMANNS, Typology.
69 Zum Thema vgl. jetzt K. KRÜGER, Landständische Verfassung.
70 Vgl. FoLZ, Ständeversammlungen.
71 Vgl. dazu MORAW, Stand, bes. S. 250; ferner E. SCHUBERT, Herrschaft, S. 94.
72 Vgl. MORAW, Stand, S. 249; DERS. Verfassung, S. 191ff.
73 Vgl. MiTTEis, Staat, S. 342-354.
 
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