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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 31.1932

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Rüth, Georg: Eisenbetonskelettbau im Hochbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.49241#0131

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EISEABETONSKEEETTBAU IM HOCHBAU
Von Prof. Dr.-Ing. e.h. Georg Rüth, Tedin. Hochschule Dresden

Die Anwendung des Eisenbetonskelettbaues im Hochbau
hat in den letzten Jahren durch konstruktive und material-
technische Forschungen und durch zahlreiche Bauausführungen
eine bedeutende Förderung erhalten. Der Verfasser folgt nach-
stehend dem Wunsch der „Modernen Bauformen“ nach einer
kurzen Zusammenfassung von mehreren seiner Veröffent-
lichungen, die sich ebenfalls mit dieser Frage beschäftigt
haben.1)
Bei der Verwendung des Betons und Eisenbetons im Hoch-
bau ist zu unterscheiden einerseits zwischen den Bauweisen
mit tragenden Wänden, auf denen die frei tragenden und ver-
spannenden Träger, Decken, Treppen und Dachkonstruktionen
aufruhen, und anderseits zwischen den Bauweisen, bei denen
die Lasten durch tragende Gerippe aufgenommen werden,
die man als Skelette bezeichnet. Bei solchen Skelettbauten
werden die Abschluß- und Trennungswände durch nachträg-
lich eingebaute Ausfachungen hergestellt. Die erstere Bau-
weise mit tragenden Wänden kommt fast durchweg für Bauten
mit geringerer Geschoßzahl in Betracht, da sich die Vorteile
von Eisenbetonskeletten erst bei größerer Geschoßanzahl aus-
wirken. Die wirtschaftliche Grenze zwischen den beiden Bau-
weisen ist zu sehr vom Umfang und der örtlichen Lage der
Bauobjekte abhängig, um allgemein gültige Grenzen fest-
legen zu können. Die Übergangsgrenze dürfte im Durchschnitt
bei dreigeschossigen Bauten liegen.
Beide Bauweisen haben in der Regel gemeinsam, daß die
Haupttragwände des untersten Geschosses, mindestens die
Außenwände desselben, als volle Beton- oder Eisenbeton-
wände ausgeführt werden, um eine gute räumliche Versteifung
und Lastverteilung sowie eine gute Widerstandsfähigkeit
gegen die Untergrundsfeuchtigkeit zu erhalten. Auf eine
solche räumliche Versteifung durch kastenartige Wirkung des
untersten Geschosses ist besonderer Wert zu legen, wenn
die Untergrundsverhältnisse nicht normale sind, also besondere
Gründungsmaßnahmen erfordern, wie zum Beispiel Flachgrün-
dungen durch verbreiterte Fundamentbankette oder volle
Fundamentplatten bzw. Tiefgründungen mittels Pfeilern,
Pfählen, Brunnen oder dgl.
Das wirtschaftliche Grundprinzip der Beton- und Eisen-
betonbauweise gegenüber dem normalen Mauerwerksbau ist
darauf einzustellen, die Eigengewichte der Wände, Decken
und sonstigen tragenden und abschließenden Konstruktions-
teile zu verringern, teils durch Verwendung von Leichtmate-
rialien, teils durch Ausführung tragender Konstruktionsteile
aus Eisenbeton unter Verwendung von hochwertigem Zement.
Hochwertiger Zement ist nicht, wie manchmal irrtümlich noch
angenommen wird, ein schnellbindender Zement, sondern
wie jeder normengemäß einwandfreie Zement langsambindend,
d. h. die Abbindezeit entspricht den Vorschriften der deut-
') „Konstruktive und wirtschaftliche Vorteile bei Verwendung von
hochwertigem Zement“, „Zement“ 1929, Nr. 35.
„Skelettbauten aus Eisenbeton“, „Zement“ 1930.
„Betonskelettbau im Wohnungsbau“. Neunte Folge „Vom wirt-
schaftlichen Bauen“, 1931.

sehen Normen. Infolgedessen ist auch die Verarbeitungsweise
auf der Baustelle die gleiche, wie bei einwandfreiem gewöhn-
lichem Zement, so daß die langjährigen Erfahrungen in der
praktischen Verarbeitung ohne weiteres auch für die Ver-
arbeitung von hochwertigem Zement gelten. Die Hochwertig-
keit liegt besonders in der raschen Anfangserhärtung, der
noch eine reichliche Nacherhärtung folgt. Es werden somit
nicht nur hohe Anfangsfestigkeiten sondern auch wesentlich
höhere Endfestigkeiten erzielt als bei der Verwendung von
gewöhnlichem Zement.
Die raschere Anfangserhärtung und die hiermit verbundenen
hohen Anfangsfestigkeiten von hochwertigem Beton ermög-
lichen eine bedeutend raschere Durchführung von Bauvor-
haben und eine frühere Benutzung der Bauwerke. Mit diesen
Vorteilen, die besonders im Interesse der Bauherren liegen,
ist noch der weitere im Interesse des ausführenden Unter-
nehmers liegende Vorteil verbunden, daß die Einschalungs-
fristen bedeutend verkürzt werden können und somit eine
raschere und häufigere Wiederverwendung von Schalungen
und Gerüsten möglich ist. Die in den Bestimmungen für die
Ausführung von Bauwerken aus Eisenbeton enthaltenen Aus-
schalungsfristen für günstige Witterung (niedrigste Tages-
temperatur über 5°C) sind nachstehend wiedergegeben.

Für die seitliche
Schalung der
Balken und die
Einschalung der
Stützen oder
Pfeiler
Für die
Schalung
der
Decken-
platten
Für die Stützung
der Balken und
weitgespannten
Deckenplatten
Bei Verwendung von
Handelszement mindestens
3 Tage
8 Tage
3 Wochen
Bei Verwendung von
hochwertigem Zement
(vergh § 5, Ziffer 1)
mindestens.
2 Tage
4 Tage
8 Tage

Die höheren Festigkeiten des hochwertigen Betons gestatten
in vielen Fällen geringere Abmessungen und niedrigere Eigen-
gewichte einzelner Konstruktionsteile bzw. größerer Gesamt-
konstruktionen. Hiermit sind sehr oft wesentliche Ersparnisse
an Materialien und Hilfsmaterialien (Beton, Eisen, Schalung)
und an Arbeitslöhnen verbunden. Durch solche Ersparnisse
werden die Mehrkosten, die durch einen höheren Preis des
Zementes entstehen, fast durchweg reichlich ausgeglichen.
Ja, in vielen Fällen lassen sich noch weitere oft recht be-
trächtliche Ersparnisse, also Kostenverminderungen erzielen,
so daß sich mit den Vorteilen einer rascheren Ausführung
und einer höheren Qualität auch wirtschaftliche Vorteile ver-
binden lassen. Hierzu kommt noch, daß die oft von Seiten
der Bauherren und Architekten gestellten Forderungen nach
geringeren Abmessungen von Säulen, Decken, Trägern, Unter-
zügen, Rahmen- oder Gewölbekonstruktionen und dgl. viel
weitergehend erfüllt werden können als bei Verwendung von
gewöhnlichem Beton.
Die Verminderung von Säulen- und Pfeilerquerschnitten
spielt eine besondere Rolle bei vielgeschossigen Skelettbauten,

MOD. BAUFORMEN 32. II, 6

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