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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 31.1932

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H., H.: "Feste im Heim": Ausstellung der Deutschen Werkstätten A.-G., Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.49241#0641

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Musikabend in einem Raum von Michael Rachlis. Flügel von Steinway & Sons. Porzellan Staat!. Porzellanmanufaklur Meissen

„FESTE IM HEIM“
Ausstellung- der Deutschen Werkstätten A.-G., Berlin
Mit 27 Aufnahmen vom Atelier Leonard, Berlin

Wohnungseinrichtungen sollen nach unserer heutigen Ein-
stellung vor allem dem täglichen Bedarf der Familie gerecht
werden. Wir lehnen jede stärkere Rücksichtnahme auf Re-
präsentation ebenso ab wie das Prunken mit Material und
das Schwelgen in Formen, das diese Einstellung häufig im Ge-
folge hatte. Jeder von uns mußte aber schon so oft durch
schematisch aufgestellte kalte Ausstellungszimmer gehen, daß
er den Vorwurf der Unbehaglichkeit und Stimmungslosigkeit
verstehen lernte, den viele noch heute gegen die Raumkunst
unserer Tage erheben.
Leben und persönliches Gepräge bringt erst der Bewohner
in das Haus. Seine täglichen Verrichtungen, seine kleinen per-
sönlichen Dinge, ja vielleicht gerade seine Verstöße gegen die
vom Architekten geschaffene Ordnung geben den Räumen den
Ausdruck des Bewohntseins oder das, was wir wohl auch als
ihre Atmosphäre bezeichnen. Daher auch unsere heutige Über-
zeugung, daß fertig gekaufte, aber persönlich zusammengestellte
Möbel, wenn sie im einzelnen gut sind und mit Sicherheit ge-
wählt, dem Bewohner noch genug Spielraum lassen zur Ent-
faltung seiner Persönlichkeit. Es wäre zu weit gegangen, wenn

man aus solchen Erwägungen heraus eine neue Art Mannequins
in die Musterzimmer setzte und sie dem Besucher etwas vor-
leben ließe. Hübscher und geschmackvoller ist, was sich die
Deutschen Werkstätten Hellerau für ihre diesjährige große
Ausstellung in ihrem Berliner Hause an der Stresemannstraße
ausdachten.
Sie haben unter dem Titel „Feste im Heim“ für jedes Zimmer
eine ganz bestimmte Annahme festgelegt und es für diese bis
ins einzelne so ausgestattet und hergerichtet, daß man jeden
Augenblick die Bewohner erwartet und sich selbst gewisser-
maßen bei Unbekannt zu Gast geladen fühlt. Mal soll ein Säug-
ling im kleinsten Kreise am Bett der Mutter getauft werden,
mal hat sich ein Geschäftsmann in seinem Arbeitszimmer auf
den Besuch von Jubiläums-Gratulanten vorbereitet. Ein anderes
Mal ist das Speisezimmer zu einer Haustanzerei umgestellt,
der Teetisch im Zimmer der Tochter gedeckt oder ein Atelier
für ein buntes Fest geschmückt.
Die Deutschen Werkstätten konnten das, denn sie sind ge-
wohnt, Wohnung und Kleingerät unter einheitlichem Gesichts-
punkt zu sehen und ihren Kundenkreis in sorglichster Auswahl

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