Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 31.1932

DOI Artikel:
Fisher, Howard T.; Körte, Walter: Ein rascher Weg zur Bestimmung der Gebäudebesonnung
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.49241#0610

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
EIN KASdIEK WE« ZI R BESTIMMUNG »ER
GEBÄUDEBESONNUNG
Von Howard T. Fisher. Für deutsche Verhältnisse umgearbeitet und ergänzt
von Prof. W. Körte, Stuttgart
Über den therapeutischen Wert der Sonnenstrahlen sind sich heute weder Ärzte noch Laien im Zweifel. Ein eingehendes
Studium dieser Frage gewinnt deshalb für den Architekten immer mehr an Bedeutung. Die nachstehenden Untersuchungen
sind nun insofern von ganz besonderem Wert, als sie uns ermöglichen, bei den allein innerhalb Deutschlands so ver-
schiedenartigen klimatischen Verhältnissen den Wert des Sonnenlichts jeweils richtig abzuschätzen. Sie setzen uns instand,
eine Aufgabe zu lösen, die manchmal gleichzeitig auf Ausschluß des Sonnenlichts während der heißen Jahreszeit lautet
als auch auf seine Zulassung während der kalten Jahreszeit.
Eine S o n n e n 1 i c h t a n a 1 y s e ist deshalb sowohl für Schulbauten und Krankenhäuser als auch für den Wohnungsbau
von großer Bedeutung. Das veranlaßt uns, in den „Modernen Bauformen“ ein Verfahren zu beschreiben, das der bekannte
amerikanische Architekt Howard T. Fisher in Hubbard Woods (Cal.) in der ausgezeichneten Zeitschrift “The Architectural
Record” (Dez. 1931) zur Diskussion stellt.
Die Arbeiten von Keuerleber, Schwagenscheidt, Löwitsch, Gutschow u. a. finden hierdurch eine willkommene Ergänzung.
Fisher gibt in richtiger Erkenntnis der Dinge keinerlei Rezept für eine bestimmte Art der Bebauung. Der Architekt wird
bei seiner Planungsarbeit auch noch andere Faktoren berücksichtigen müssen als allein die Sonne. Es kann z. B. in manchen
Gegenden die Berücksichtigung einer vorherrschenden Windrichtung im Sinne einer wärmewirtschaftlich rationellen Bau-
lösung wichtiger sein als alle Sonnenüberlegungen. Deshalb erscheint es uns besonders wünschenswert, daß sich j^der
Architekt durch leicht ablesbare Tabellen über die Sonnenbestrahlung eines Gebäudes in jeder beliebigen Himmelslage
selbst unterrichten kann. Denn nur dadurch wird er in der Lage sein, dem jeweiligen Zweck entsprechend seine Ent-
scheidungen bei der Planarbeit zu treffen.

Der Zweck dieser Untersuchung ist, die nötigen astro-
nomischen Daten mit Anweisung zur Auswertung zu
geben, so daß eine Analyse leicht und schnell durch jede
Person gegeben werden kann, die mit der Schattenlehre
vertraut ist. Die Tabellen ermöglichen also,
den Sonnenstand, sowie den Schattenschlag
eines Gebäudes zu jeder Zeit und an jedem
Ort festzustellen.
Der Standpunkt der Sonne kann von den Sonnen-
karten im Grundriß, Aufriß und Schnitt schnell für jede
Stunde der Wintersonnenwende, der Tagundnacht-
gleiche und der Sommersonnenwende für den 51 */2
nördlichen Breitegrad bestimmt werden. Auf diesem
Breitegrad liegen annähernd Bochum, Kassel, Halle; er
kann für alle gewöhnlichen Fälle als typisch für Mittel-
deutschland vermerkt werden. Die nötigen Korrek-
turen für Nord- und Süddeutschland stehen auf den Son-
nenkarten unten rechts. Die Wintersonnenwende ist der
kürzeste Tag des Jahres und stellt die Verhältnisse im
Winter dar. Infolge des sehr langsamen Wechsels des
Sonnenstandes zu dieser Jahreszeit (siehe Plan 8)
können die Verhältnisse an diesem Tage als typisch für
die ersten Wintermonate angenommen werden. Aus
demselben Grunde können die Verhältnisse der Sommer-
sonnenwende als typisch für die ersten Sommermonate
gelten. Dagegen ist der Wechsel im Stand der Sonne
während der ersten Frühjahrs- und Herbstmonate sehr
groß; da die Tagundnachtgleichen in die Mitte dieser
Perioden fallen, können letztere als typisch für diese
angenommen werden.
Um die Bewegungen der Sonne in bezug auf einen
Beobachter zu zeigen, wird angenommen, daß die Erde
eine flache runde Scheibe und der Himmel eine über die
Erde gestülpte Halbkugel oder umgekehrte Schale dar-

stellt, die ringsum die Scheibe deckt. In den angeschlos-
senen Sonnenkarten sind die Erde und die Himmels-
kugel so dargestellt, wie sie von oben her betrachtet
erscheinen würden. Die Bahn der Sonne ist auf der Halb-
kugelfläche dargestellt. Strahlenförmige Linien zeigen
den Stand der Sonne in Beziehung zum Beobachter in
Zwischenräumen von je einer Stunde. Durch das Azi-
muth, d. h. die Zahl der Grade des Sonnenstandes öst-
lich oder westlich des Südpunktes und durch die Höhe
oder Anzahl der Grade, in der die Sonne über dem
Horizont steht, ist die genaue Stellung der Sonne bestimmt.
Die Zeitangaben der Sonnenkarten beziehen sich auf
Sonnenzeit oder Ortszeit, die bis auf eine halbe Stunde
von der Normalzeit abweichen kann. Da wo diese Diffe-
renz von Bedeutung ist, kann Ortszeit leicht in Normal-
zeit übersetzt werden. Ortszeit und Normalzeit stimmen
innerhalb Deutschlands für den 15. Grad östl. Länge von
Greenwich überein. Für jeden Grad westlich davon ist
die Ortszeit 4 Minuten später als die Normalzeit und
die Normalzeit 4 Minuten früher als die Ortszeit an-
zusetzen ; für jeden Längegrad östlich dieses Meridians
die Ortszeit 4 Minuten früher als die Normalzeit und
die Normalzeit 4 Minuten später als die Ortszeit. Da
wo für besondere Zwecke genauere Resultate verlangt
werden als den anliegenden Sonnenkarten zu entnehmen
sind, kann der Architekt die genaue Stellung der Sonne
für jede gegebene Zeit und für jede geographische
Lage nach der angegebenen Methode berechnen. Dies
Verfahren ist verwandt mit dem Verfahren, die Stellung
eines Schiffes auf dem Meer zu bestimmen. In dem einen
Falle ist die Stellung der Sonne und die Tageszeit be-
kannt, wonach die Lage zu bestimmen ist, in dem andern
Falle ist die Lage und die Tageszeit bekannt, wonach
die Stellung der Sonne zu bestimmen ist.

531
 
Annotationen